Davos statt Oper

Nadja Swarovski im großen MADONNA-Interview

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Powerlady Nadja Swarovski wird dem Wiener Opernball heuer fernbleiben – stattdessen wurde sie in Davos zum World Woman Hero ernannt. Das MADONNA-Gespräch.

Sich als Frau in einem männerdominierten Familienunternehmen durchzusetzen, als Entscheidungsträgerin ernst genommen zu werden und eine internationale Traumkarriere als dreifache Mutter hinzulegen, ist nicht immer einfach. Auch wenn man Nadja Swarovski heißt und aus einem vermögenden Imperium kommt. Der heute 53-jährigen gebürtigen Tirolerin, die seit Jahrzehnten in London lebt, ist es gelungen.

Einen Tiefschlag musste sie dennoch einstecken, als die Querelen im Familienunternehmen zu groß wurden und Nadja deshalb beschloss, ihren eigenen Weg zu gehen. Ihre ganze Energie investiert die sympathische Grande Dame unzähliger glitzernder Swarovski-Kooperationen nun in neue Projekte. Female Empowerment und die Förderung der Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft liegen ihr dabei besonders am Herzen. Für ihren Einsatz und ihre Mentoring-Arbeit wurde Nadja Swarovski nun im Rahmen des Weltwirtschaftsforums im Schweizer Davos geehrt. Was ihr der Titel „World Woman Hero“ bedeutet und warum die Society-Lady, die im letzten Jahr zum Wiener Opernball-Komitee zählte, heuer den Ball der Bälle auslassen wird, verrät sie im MADONNA-Interview.

Sie wurden letzte Woche von der World Woman Foundation geehrt. Was bedeutet Ihnen eine solche Auszeichnung?
Nadja Swarovski:
Es ist eine große Ehre für mich, von dieser kalifornischen Foundation in Kooperation mit dem „Forbes Magazine“ ausgezeichnet worden zu sein, die sich unter anderem der Aufgabe verschrieben hat, Frauen zu feiern, die einen positiven Impact auf die nächste Generation von Frauen haben. Wir gehören einer Generation an, die nicht diese Unterstützung von anderen Frauen erfahren haben – umso schöner ist das für mich. Noch dazu wurde ich neben Prinzessin Reema Bandar Al Saud, der Botschafterin von Saudi-Arabien in den USA, geehrt. Sie hat sich scheiden lassen, was in Saudi-Arabien wirklich mutig ist.

Im Schweizer Davos wurden Swarovski und Prinzessin Reema Bandar Al Saud von der World Woman Foundation geehrt und sprachen über ihr Wirken als Powerfrauen.

Im Schweizer Davos wurden Swarovski und Prinzessin Reema Bandar Al Saud von der World Woman Foundation geehrt und sprachen über ihr Wirken als Powerfrauen.

© beigestellt
× Im Schweizer Davos wurden Swarovski und Prinzessin Reema Bandar Al Saud von der World Woman Foundation geehrt und sprachen über ihr Wirken als Powerfrauen.

Inwiefern haben Sie andere Frauen im Laufe Ihrer Karriere unterstützt?
Swarovski:
Ich denke, als erstes weibliches Executive-Board-Mitglied bei Swarovski war ich schon ein Front Runner. Das war damals ein Paradigmenwechsel für das Unternehmen, aber es hat natürlich funktioniert, denn immerhin sind 80 Prozent der Swarovski-Kund:innen Frauen. Ich hatte ein Team von 200 Leuten – und letztlich war mein Team das am meisten diverse im Konzern. Wobei sich das ganz zufällig ergeben hat, denn ich habe nie Menschen wegen ihres Geschlechts, sondern aufgrund ihres Könnens, ihres Intellekts und ihres Herzbluts eingestellt. Durch die Gründung der Swarovski Foundation und der Sustainability-Abteilung hatte ich dann auch die Möglichkeit, diese Themen anzusprechen. Mit dem UN Women Empowerment Programme, das sieben Prinzipien hat, hatte ich noch dazu einen tollen Partner. Zusammen mit der Human-Ressources-Abteilung konnten wir diese UN-Prinzipien bei Swarovski implementieren. Das war ein großer, wichtiger Schritt – vor allem damals vor zehn Jahren, als Gleichberechtigung und all diese Themen noch keine Selbstverständlichkeit in Unternehmen waren.

Somit waren Sie Mentorin von vielen Frauen – hatten Sie selbst auch eine Mentorin?
Swarovski:
Um ehrlich zu sein: nein. Es gab damals nicht so viele Mentorinnen, denn in der Generation vor uns gab es ja ganz wenige Frauen, die gearbeitet haben. Ich hatte männliche Vorbilder – meinen Vater, meine Großväter, die hart gearbeitet haben, aber auch großzügige, nette Menschen waren. Meine Großmütter und meine Mutter waren als Menschen meine Vorbilder, weil sie alle ein großes Herz hatten. Und eine Dankbarkeit für das, was sie hatten. Deshalb halte ich es auch für so wichtig, den jungen Menschen weiterzugeben, dass wir heute genauso dankbar sein sollten dafür, dass wir in Freiheit leben – und dass wir heute im Großen und Ganzen tun können, was wir wollen. Und dafür, was für Frauen schon erreicht wurde. Wenngleich wir natürlich noch lange nicht dort sind, wo wir in Sachen Gleichberechtigung sein sollten.

Nun sind Sie seit Ende 2021 nicht mehr für das Familienunternehmen tätig – wie sehr fehlt Ihnen die Arbeit?
Swarovski:
Komischerweise habe ich mehr zu tun als zuvor. (lacht) Ich habe mein eigenes Investment-Portfolio gegründet und investiere in kleinere Firmen, die einen positiven Impact haben. Zum Beispiel eine App, mit der man die Ware, die man kaufen möchte, auf ihre Nachhaltigkeit checken kann. Ich investiere aber auch in einen Fonds, der das Handwerk fördert – das halte ich auch für ganz etwas Wichtiges. Die meisten Firmen, die ich unterstütze, werden von Frauen geführt – wobei das unbeabsichtigt entstand. Aber vielleicht passiert das auch unterbewusst automatisch. (lacht) Ich unterstütze Dinge, die mir am Herzen liegen – wie etwa eine große Naturschutzorganisation in den USA oder Women for Women hier in England. Wobei ich ganz genau darauf achte, welche Werte von den jeweiligen Unternehmen konkret verfolgt werden und ob diese auch meinen entsprechen. Wir alle sind nur zu Gast auf dieser Welt und in dieser Zeit möchte ich möglichst Positives bewirken.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie heute sinnvoller arbeiten als früher?
Swarovski:
Ich habe immer versucht, so sinnvoll zu arbeiten wie möglich. Mit der Foundation hatten wir etwa die Möglichkeit, der Gesellschaft etwas als Unternehmen zurückzugeben. Das waren alles Grundsteine, die gelegt wurden und auf denen aufgebaut werden konnte. Heute sehe ich alles nur noch aus der Sicht eines Gesellschafters, aber ich glaube, es wird durchaus weitergeführt, was da begonnen wurde.

Nun haben Sie so viele Projekte laufen – da bleibt Ihnen ja wieder wenig Zeit für Ihre Familie ...
Swarovski:
Die Familie bleibt trotz allem immer das Wichtigste. Meine Söhne sind jetzt 15 und 19, meine Tochter 18. Der 19-Jährige studiert in den USA und meine Tochter geht jetzt auch dorthin. Die letzten drei Jahre ­waren ganz besonders wichtig für mich, denn meine Tochter hatte eine Autoimmun-Erkrankung, die sie jetzt Gott sei Dank überwunden hat. So ge­sehen war es auch der richtige Zeitpunkt, für sie da zu sein. Zum Glück geht es ihr jetzt wieder gut.

Sie leben in London – vermissen Sie Österreich manchmal?
Swarovski:
Jein. (lacht) Ich bin circa drei Mal im Jahr in Österreich und natürlich vermisse ich meine Freunde. Aber durch die digitalen Möglichkeiten kann man sich ja auch via Zoom sehen.

Die Kooperation zwischen Swarovski und dem Wiener Opernball führte Nadja Swarovski jährlich zum Ball der Bälle. Im letzten Jahr fungierte sie als Komitee-Mitglied. Heuer ist sie nicht dabei.

Die Kooperation zwischen Swarovski und dem Wiener Opernball führte Nadja Swarovski jährlich zum Ball der Bälle. Im letzten Jahr fungierte sie als Komitee-Mitglied. Heuer ist sie nicht dabei.

© Andreas Tischler / Vienna Press
× Die Kooperation zwischen Swarovski und dem Wiener Opernball führte Nadja Swarovski jährlich zum Ball der Bälle. Im letzten Jahr fungierte sie als Komitee-Mitglied. Heuer ist sie nicht dabei.

Letztes Jahr waren Sie Teil des Opernball-Komitees – wieso sind Sie heuer nicht dabei?
Swarovski:
Der Wiener Opernball ist ein sehr lokales Ereignis. Es war zu umständlich und aufwendig für mich, ständig nach Wien zu fahren. Leider. Ich finde diesen Ball eine hervorragende Veranstaltung und super für Österreich und Wien. Was man dort sieht an Kreativität, vor allem was die Kunst und die Kultur betrifft, ist großartig und eine wunderschöne Tradition. Und Bogdan macht einen richtig guten Job und versucht frischen Wind reinzubringen. Das ist toll, aber heuer bin ich nicht dabei, sondern konzentriere mich auf meine Projekte. Außerdem ziehe ich gerade in London um. Wir haben außerhalb der Stadt gelebt und ziehen jetzt wieder in die City, worauf ich mich sehr freue. Ich glaube, Hugh Grant ist mein Nachbar – ich sehe ihn ständig auf der Straße. (lacht)

Er wäre auch ein guter Opernball-Gast. Sehen Sie sich den Ball denn heuer im Fernsehen an?
Swarovski:
Die Eröffnung auf jeden Fall.

Was haben Sie sich persönlich für 2024 vorgenommen?
Swarovski:
Ich möchte in noch mehr Projekte einsteigen, noch viel mehr Frauen unterstützen, ihnen Mut machen, ihren Weg zu gehen. Denn ich bin sicher, die Welt wäre eine andere, wenn mehr Frauen in den wichtigsten Positionen – auch in der Politik – wären. Unsere Instinkte, unsere Herzlichkeit, unsere Empathie machen uns unschlagbar. Natürlich gibt es auch viele Männer, die diese Eigenschaften haben, aber wir Frauen verbieten es uns oft, herzlich zu sein. Nett zu sein, heißt nicht, schwach zu sein. Ganz im Gegenteil! 

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