Arme Stars: Ein US-Forscher will entdeckt haben, dass Botox die Denkkraft mindert und das Sprachvermögen beeinträchtigt.
Aufregerstudie behauptet: Botox hat Nebenwirkungen
Dass Botox
nicht immer jünger oder schöner, sondern ab und an einfach nur anders und
vielleicht sogar ein wenig gruselig macht, zeigen die maskenhaften Gesichter
mancher Hollywood-Stars. Doch das beliebte Nervengift soll auch dumm machen!
Das zumindest behauptet eine neue Aufregerstudie aus den USA. Forscher David
Havas von der US-Universität Wisconsin-Madison unterzog 40 Frauen vor und
nach einer Botox-Behandlung einem Sprachtest und fand heraus, dass sich nach
einer Botox-Therapie die Leistung des Gehirns um eine Sekunde verlangsamte.
Böses, böses Botox?
MADONNA befragte zu dem
brandaktuellen Thema Top-Mediziner unterschiedlichster Fachrichtungen,
Frauen, die seit Jahren auf das Nervengift schwören, sowie
Botox-Gegnerinnen. Beauty-Ärztin Dr. Doris Grablowitz analysiert, was hinter
der neuen Studie steckt: „Eine Untersuchung mit der EMG (Anm.:
Elektromyografie; Messung der Muskelaktivität)“, so die Medizinerin, „hat
ergeben, dass sich beim Lesen trauriger oder aggressiver Nachrichten, die
Zornesfaltenmuskulatur zusammenzieht. Havas hat diese Untersuchung als Basis
für die These genommen, dass unter anderem bei ärgerlichen, traurigen oder
lustigen Emotionen ein Feedback-Mechanismus zwischen dem Hirn und der
Gesichtsmuskulatur stattfindet.“ Ist die Mimik durch Botox eingeschränkt,
sei der Mechanismus verlangsamt und damit auch die Gehirnleistung. Um das zu
beweisen, haben die Wissenschafter 40 weiblichen Testpersonen aggressive und
traurige Nachrichten (z.B.: „Du rufst zum Geburtstag deine Mails ab, aber
keiner hat dir geschrieben“) am Bildschirm lesen lassen und die
Erkennungszeit getestet. Nach jedem Satz mussten die Freiwilligen einen
Knopf drücken, als Zeichen, dass sie verstanden haben. „Nach dem Ausschalten
der Zornesfaltenmuskulatur durch Botox“, so Grablowitz, „mussten die
Testpersonen erneut traurige oder aggressive Nachricht lesen. Dabei wurde
festgestellt, dass die Testpersonen ohne Zusammenziehen der
Zornesfaltenmuskulatur einen Bruchteil länger zum Erkennen aggressiver,
trauriger Nachrichten brauchten als mit funktionierenden.“ Die Forscher
stellten somit erstmals die Behauptung auf, dass Botox verhindert, den
emotionalen Zusammenhang der Sprache zu erkennen. „Das Hirn“, sagt
US-Forscher und Havas-Mentor Arthur Glenberg, „sendet Signale zum
Stirnrunzeln nach außen, das Stirnrunzeln sendet Signale zurück an das
Gehirn. Ist dieser Kreislauf unterbrochen, kommt es zu Störungen.“
Wahr oder falsch?
„Diese Studie“, so Grablowitz, „wurde von den
Wissenschaftlern fehlinterpretiert. Genauso gut könnte man behaupten, dass
lebhafte Menschen mit viel Mimik klüger, und phlegmatische Personen mit
weniger Mimik, die längere Anlaufzeit zum Erkennen emotioneller Situationen
brauchen, dümmer sind.“ Entwarnung kommt auch aus der renommierten
„Botox-Abteilung“ der Universitäts-Klinik Wien. „Botuli—numtoxin, dazu
gehört auch Botox, macht nicht dumm!“, so Dr. Gottfried Kranz, Facharzt für
Neurologie. Der Experte relativiert allerdings: „Diese Studie wurde zu
weitreichend interpretiert. Denn es geht nicht um das Botox an sich, sondern
um die Region und die Muskeln, in die Botox injiziert wird. Stimmt die
Theorie des mimischen Feedbacks, ist es möglich, dass es zu einer
Verzögerung kommt.“ Die Frage ist, wie sich das im Alltag auswirkt? „Wir
haben“, so Kranz, „langjährige Studien gemacht, die bezeugen, dass
Patienten, denen Botox in die Region um die Zornesmuskeln injiziert wurden,
im Alltag keine Probleme im emotionalen Umgang mit anderen haben und auch
nicht unter kognitiven Fehlinterpretationen leiden.“
Heilmittel
Beauty-Ärztin Doris Wallentin propagiert sogar die
Vorteile von Botox. „Es wird seit Jahren für medizinische Zwecke eingesetzt,
um schwerste Spasmen auszuschalten. Ich habe vor zehn Jahren begonnen, Botox
zu spritzen – anfangs nur, um meine Migräne zu lindern. Ich lasse es mir
alle sechs Monate spritzen, und ich bin noch nicht verblödet – zumindest
habe ich noch nichts gemerkt.“ Kollegin Dr. Eva Wegrostek spritzt sich
bereits seit 15 Jahren Botox: „Wenn ich etwas Negatives finden will, kann
ich das überall. Man kann Studien in alle Richtungen manipulieren. Ich halte
einen Test mit 40 Frauen nicht für aussagekräftig.“
Botox & Business
Fakt ist, dass das Geschäft mit dem Gift
ein lukratives ist. Gegner kommen mehrheitlich aus dem Bereich der
ganzheitlichen Medizin. „Das Ergebnis dieser Studie“, so Dr. Ruediger
Dahlke, „wundert mich keineswegs. Wer sich schon zu Lebzeiten mittels Botox
eine Art Totenmaske mit der entsprechenden Starre zurechtspritzen lässt, tut
sich sicher keinen guten Dienst. Denn natürlich ist unsere Mimik wichtig,
und wo sie ausfällt, wird das Leben ärmer. Das kann auch die Reaktionszeit
im Gespräch verändern und zu Missverständnissen führen.“ Botox polarisiert.
Dumm macht es definitiv nicht, es macht ein Gesicht höchstens „anders“ und
im Fall von Meg Ryan, Carla Bruni & Co. sogar ein wenig seltsam.
Experten & Stars über die Aufregerstudie
Macht uns Botox wirklich dumm?
© Inge Prader
![]() Dagmar Koller
Bild: (c) Prader „Dass ich gegen Schönheitsoperationen bin, ist ja hinlänglich bekannt. Und Shirley MacLaine hat schon vor 20 Jahren zu mir gesagt, dass man von dem Nervengift Rheuma bekommt. Sie hat es am eigenen Körper erlebt.
© TZ Österreich Stemmer Susanne
![]() Dr. Eva Wegrostek
Bild: (c) Stemmer "Ich spritze mir seit fünfzehn Jahren regelmäßig Botox und habe noch nie eine Verlangsamung meiner geistigen Leistung bemerkt. Die US-Studie wurde medial aufgebauscht, ich halte die Ergebnisse nicht für relevant.“
© Inge Prader
![]() Dr. Doris Wallentin
Bild: (c) Prader „Botox wird seit Jahren für medizinische Zwecke eingesetzt. Ich habe vor zehn Jahren begonnen, alle sechs Monate Botox zu spritzen. Anfangs, um meine starken Migräne zu lindern. Ich bin noch nicht verblödet.“
© TZ Österreich Ferrigato
![]() Dr. Andrea Kdolsky
Bild: (c) Ferrigato „Um eine These zu einer evidenzgesicherten wissenschaftlich bestätigten Aussage zu machen, erfordert es mehr als nur eine Studie einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Versuchspersonen durch einen Wissenschafter.“
© Privat
![]() Dr. Gottfried Kranz
Bild: (c) Privat „Die Studie wurde zu weitreichend interpretiert. Botox macht definitiv nicht dumm. Es geht nicht um das Toxin an sich, sondern um die Region und die Muskeln, in die Botox initiiert wird. Das ist ein Unterschied.“
© Privat
![]() Dr. Ruediger Dahlke
Bild: (c) Privat „Natürlich ist unsere Mimik wichtig, und wo sie ausfällt wird das Leben ärmer. Das kann die Reaktionszeit im Gespräch verändern und zu Missverständnissen führen. Wer Mundbewegungen nicht sieht, ist beim Verständnis behindert.“
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Viel Blödsinn um Botox
Was hinter der Aufregerstudie
steckt...
Worum dreht sich die Aufregerstudie des US-Forschers David Havas?
Ergo macht Botox langsam?
Wie sicher ist Botox? |