Ich wollte doch nur zum Schuster…

Teilen

Alexandra Stroh schreibt über die schweren Folgen der morgendlichen Garderoben-Auswahl.

Es gibt diese Tage. Die guten. Man wacht gutgelaunt auf, ist fröhlich und blickt dem zu Erwartenden positiv entgegen. So einen Tag hatte ich gestern. Also habe ich mich dementsprechend ins figurbetonte kleine Schwarze geworfen und die High Heels ausgepackt. Keine gute Idee – im Nachhinein betrachtet. Denn nur wenige Minuten später passierte es – der rechte Stöckl brach ab. Also wackle ich auf einem Heel zum Mister Minit – die Passanten schauen mich an, als sei ich leprakrank, dabei humpele ich nur ein wenig – doch der kann mir nicht helfen. Nur ein Schuster könne das. Ok. Am Nachmittag mache ich mich dann auf in die Wiener Schustermeile, die Singerstrasse im 1. Bezirk. Denn dort sind gleich zwei Schumacher stationiert. Beide leider im Sommerurlaub...

Des Humpelns müde und auch schon sehr fußmalad beschließe ich, der Pein ein Ende zu bereiten und im nächsten Schuhgeschäft bequeme Treter zu ergattern. Schön sollen sie logischerweise auch sein. Natürlich finde ich welche, die aber – wie sich herausstellt – nur suboptimal zum am Morgen gewählten Outfit passen. Wie gut, dass es im 1. Bezirk so viele nette Boutiquen gibt, die gerade jetzt noch Sommerkleider zum Spottpreis anbieten. Das muss man ausnutzen, denke ich, und kaufe gleich zwei davon. Weil: So günstig! Und einen neuen Bikini, fällt mir dann siedend heiß ein, brauche ich auch unbedingt. Lebensnotwendig quasi, weil bald geht’s nach Griechenland und mit nur vier Modellen aus dem letzten Jahr kann ich mich auf Mykonos sicher nicht sehen lassen. Das fiese daran: Wenn man das Bademodengeschäft verlässt und linker Richtung geht, kommt man direkt beim Schmuckladen raus. Was heißt man kommt dort raus: Man fällt direkt dort ein. Jetzt ist es auch schon wurscht, denke ich, und kaufe mir drei Ringe (momentan irrsinnig angesagt, dieser Mehrfachringlook) beim angesagten Juwelier.

Jetzt will ich fluchtartig zum Auto, um weitere Einkäufe zu vermeiden, überlege noch fieberhaft, wie ich meinen netten Bankberater vom dringend notwendigen Wochenendüberbrückungskredit überzeugen kann, und hetze zum Auto, bis ich an der Auslage dieses hippen Designer-Optikers vorbeischramme. Da liegt sie nämlich, meine Traumbrille. Das Brillengestell nämlich, dass auch mein Charakternäschen auf das Vorteilhafteste in Szene setzt. Das Brillengestell, dass ich Zeit meines Lebens gesucht, aber nie gefunden habe. Bis heute. Natürlich ist der Traum aus schwarzem Horn vom teuersten der dort ausgestellten Brillendesigner, dafür aber ein Kauf für die Ewigkeit, da sind uns die Fachverkäuferin und ich schnell einig. Ich muss also zugreifen.Ich muss.

Und ich muss diesen Wochenendüberbrückungskredit kriegen.

Ich muss!

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.