Glawischnig vs. Strache

Duell der Polit-Gegner

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Zum Start des Superwahljahres 2015 streiten Glawischnig und Strache in MADONNA über ihre Pläne für Kinder, Frauen und gegen Radikalisierung – hitzige Wortgefechte inklusive.

Eva Glawischnig (46) und Heinz-Christian Strache (45) sind einander gar nicht grün. Für MADONNA liefern sie sich nun ein großes Streitgespräch über ihre Ziele im Superwahljahr 2015. Die grüne Bundessprecherin will verhindern, dass „die FPÖ je wieder mitregiert“. Während der FPÖ-Chef bei allen vier Landtagswahlen – Steiermark, Oberösterreich, Burgenland und Wien – das „historisch beste Wahlergebnis“ für seine Blauen anstrebt.   


Unterschiede.
Im MADONNA-Duell wird klar: Egal, ob Steuerreform, Bildung oder Integrationspolitik, hier prallen zwei Welten aneinander:

Zumindest in der Ablehnung der Steuerreform sind Sie
beiden sich einig, oder?
Glawischnig
: Das ist keine Steuerreform, sondern eine längst überfällige Tarifanpassung, bei der die Gegenfinanzierung überhaupt nicht geklärt ist. Es werden vor allem die hohen Einkommen zu stark entlastet und die niederen Einkommen zu wenig. Frauen werden im Stich gelassen. Mein Hauptkritikpunkt ist, das diese Steuerreform zu zwei Drittel Männern zugutekommt und zu nur einem Drittel Frauen. Das ist meiner Meinung nach eine vertane Chance.


Strache: Wir haben jetzt die Situation, dass durch die Senkung des Eingangssteuersatzes zwar mehr Netto von Brutto bleibt, dass das aber in zwei Jahren von der kalten Progression aufgefressen wird, wenn man diese nicht nachhaltig bekämpft. Und wir haben das Problem, dass in den untersten Einkommensschichten, eben dort, wo keine Steuern gezahlt werden, in Wahrheit die Hauptbelastung die Sozialversicherungsbeiträge sind. Wenn man mehr Netto von Brutto sicherstellen hätte wollen, hätte man das machen können, indem man die Sozialversicherungsbeiträge senkt. Man gibt den Österreichern einerseits Geld in die linke Tasche und nimmt es aus der rechten wieder raus.


Sie können sich keinerlei Zustimmung vorstellen?
Glawischnig:
Die Steuerbetrugsbekämpfung ist sinnvoll. Es werden immer noch ausländische Steuerhinterzieher bei uns geschützt. Im Namen des Bankgeheimnisses sind im Rahmen einer Amnestie, kurz bevor diese in Kraft getreten ist, 10 Milliarden aus der Schweiz nach Österreich „geflüchtet“. Die müssen unter dem Bankgeheimnis ihre Steuern weiterhin nicht zahlen. Es wäre also sehr sinnvoll, bei Betriebsprüfungen die Konten auch ohne richterliche Ermächtigung zu öffnen.


Strache: Wir lehnen jede weitere Aufweichung des Bankgeheimnisses ab. Da waren wir von Beginn an sehr konsequent.  Wir sind immer wieder für das österreichische Bankgeheimnis eingetreten. Wir wollen den Standort hier letztlich nicht gefährden. Es gibt einige Vorteile mit dem Bankgeheimnis - auch für ein Land; und die Schweiz lebt das auch vor.


Glawischnig: Aber es ist nicht die Alleinerzieherin oder die Supermarkt-Kassiererin, die sich mit komplexen Steuerkonstruktionen überlegen kann, wo sie ihr Geld überall auf der Welt versteckt. Und ich glaube, da stehen Sie auf der falschen Seite, wenn Sie diese ausländischen Steuerbetrüger weiterhin unterstützen.


Strache: Das hat nichts mit der Kassiererin zu tun. Es hat was damit zu tun, dass Investitionen stattfinden, wenn Kapital nach Österreich fließt. Und am Ende auch Arbeitsplätze gesichert werden könnten.


Wir befinden uns am Anfang eines Superwahljahres – mit vier Landtagswahlen. Kann die Steuerreform der Opposition nicht schaden?
Glawischnig
: Es ist natürlich angenehm, wenn man mit 5 Milliarden Euro die kalte Progression ausgleicht. Es gibt aber die Befürchtung, dass deswegen das nächste Sparpaket bald kommt. Und dass es sensible Bereiche wie Bildung und Gratis-Kindergarten betreffen wird. Wenn der Gratis-Kindergarten entfällt, ist das eine enorme Belastung für die Familien.  


Strache: In Wahrheit verschenkt man nichts. Man gibt den Österreichern nur die 5 Milliarden zurück, die man ihnen seit 2009 durch die kalte Progression gestohlen hat. Das ist die Realität der 5 Milliarden. Die 5 Milliarden sind nicht das größte Volumen, das durch eine Senkung ermöglicht wurde. In Wahrheit holt man sich das Geld zu einem großen Teil wieder zurück, und von der Entlastung wird in 2 Jahren nichts mehr zu spüren sein. Die erhöhten Steuern werden danach jedoch bleiben.


Was ist Ihr Wahlziel für die Landtagswahlen?
Glawischnig:
Wir haben 2 Landtagswahlen, bei denen die Fortsetzung der Regierungsbeteiligung ein ausdrückliches Ziel ist – das betrifft Oberösterreich und Wien. Ich finde die steirischen Wahlen auch sehr relevant. Ich vertrete die Meinung, dass die FPÖ in keine Regierung  kommen darf, nachdem was in Kärnten und mit der Hypo passiert ist. Und auch im Burgenland besteht unter Umständen die Gefahr, dass die SPÖ sich in Richtung Blau bewegt.


Streben Sie Rot-Blau an?
Strache:
Es kann möglich werden. Es ist eine Frage, wie gestärkt wir aus der Wahl rausgehen und ob dann dort die Ausgrenzung beendet wird. Burgenlands Landeshauptmann hat seine Basis abstimmen lassen.  Und es ist ein sehr deutliches Votum herausgekommen – diese Ausgrenzung endlich zu beenden.


Glawischnig:
Ich kann nach 13 erfolgreichen Wahlen hintereinander nur sehr optimistisch in dieses Wahljahr gehen. Eines darf man trotzdem nicht außer Acht lassen: Was in Kärnten oder bei der FPÖ in Vorarlberg mit antisemitischen Äußerungen passiert ist …


Strache: Was für antisemitische Äußerungen?


Glawischnig: Ihr Bürgermeisterkandidat Egger hat „von Exiljuden aus Amerika“ geredet. Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus stark zurückkehrt, sollte man aufpassen.


Strache: Dauernd solche Unterstellungen zu machen, geht den Menschen auf die Nerven. Das ist auch der Grund, warum die Freiheitliche Partei in Hohenems 42 % erhalten hat. Denn die Menschen haben es satt, dass dauernd Dinge behauptet werden, die einfach nicht real sind.


Glawischnig:
Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie diese Aussage damit unterstützen. Die Aussage war eindeutig antisemitisch. Daran gibt es überhaupt keine Zweifel.


Strache: Diese Unterstellungen greifen einfach nicht mehr. Denn die Menschen wissen, dass wir mit Antisemitismus nichts am Hut haben. All das, was mit Antisemitismus zu tun hat, bekämpfen wir, weil es in unserem Land keinen Platz hat. Wir haben in Österreich und Europa ganz andere antisemitische Entwicklungen – nämlich den Islamismus.  Vor dem Sie die Augen zumachen.


Frau Glawischnig, verschließen Sie die Augen vor Islamisten?
Glawischnig:
Ich kann es nur nochmal sagen: Volle Härte des Gesetzes gegen Hetzer, Menschen, die junge Leute verführen. Ich finde, dass im Bereich Prävention viel zu wenig passiert. Ein wichtiger Punkt sind Schule und Kindergarten. Im Kindergarten ein zweites verpflichtendes Jahr zu haben, in dem die Kinder 12 Stunden in der Woche integriert werden und sprachlich davon profitieren, halte ich für sehr wichtig. Ein Jahr ist zu wenig.


Strache:
Ich halte nichts davon, ein Betreuungsjahr auf ein zweites auszudehnen und damit die Wahlfreiheit der Familien einzuschränken. Man soll nicht gezwungen sein, sein Kind in einen Kindergarten stecken zu müssen. Es ist gut, dass es eine Kindergartenbetreuung gibt, aber die Realität in Wien sieht ja so aus, dass wir teilweise Kindergartengruppen haben, in denen kaum ein Österreicher dabei ist.


Glawischnig: Die Vorstellung, das Kinder von anderen Kindern nichts lernen, ist total realitätsfern. Deswegen ist der Kindergarten so wertvoll, weil die Kinder nicht nur von den Kindergarten-PädagogInnen lernen, sondern auch unter einander total viel lernen.


Strache:
Das ist ja das Grundproblem: Dass wir dort teilweise 30 Sprachen haben und die Kinder nicht Deutsch lernen, sondern alle anderen Sprachen.


Glawischnig: Es ist erwiesen, dass Kindergartenbetreuung eine wirkliche Frühförderung ist. Man kann nicht genug schätzen, was die Pädagoginnen und Pädagogen dort leisten.

Moderation: I. Daniel

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