Pilgern auf dem oberschwäbischen Jakobsweg

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Schweigend pilgert die Wandergruppe durch die oberschwäbische Landschaft. An Maisfeldern entlang, unter Apfelbäumen hindurch, vorbei an alten Kirchen in Laupertshausen oder Steinhausen (Kreis Biberach).

Die Pilger wandern auf den Jahrhunderte alten Spuren des Heiligen Jakobus. Bis zum Mittag spricht keiner von ihnen ein Wort, erst dann tauschen sie ihre beim Pilgern gesammelten Eindrücke aus. "Wenn man schweigend wandert, nimmt man alles bewusster wahr und findet zu sich selbst", erklärt die 59-jährige Doris aus Münster (Nordrhein-Westfalen).

"Der Weg macht was mit einem, man kommt zu sich", sagt auch Mathilde aus Grünberg (Hessen). Sie ist mit ihren 74 Jahren die älteste Pilgerin in der Gruppe. Ausgestattet mit Rucksack, Hut und Wanderstöcken ist es für sie aber keinesfalls eine Premiere. "Nach dem ersten Mal auf dem Weg habe ich mein Leben verändert", sagt sie und meint damit, dass sie sich von ihrem Mann getrennt hat. Sie habe schon vorher gewusst, dass es nötig sei. "Aber durch den Weg habe ich die Kraft dazu bekommen."

Die Gruppe will die rund 150 Kilometer lange Strecke des Oberschwäbischen Jakobsweges von Ulm nach Meersburg am Bodensee in sieben Tagen zurücklegen. Eventuell wollen sie sich so nach und nach den Weg bis ins spanische Santiago erpilgern, sagt Bernhard Zill, der die Gruppe der Abtei Münsterschwarzach (Bayern) anführt.

Und damit sind sie nicht allein. Jedes Jahr machen sich tausende Pilger auf den Weg zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus des Älteren im spanischen Santiago de Compostela. Der Weg durch Baden-Württemberg führt die Pilger von der Münsterstadt Ulm durch das barocke Oberschwaben und durch malerische Obstanbaugebiete bis zum "Schwäbischen Meer" in Meersburg. Von dort aus sind es dann noch rund 2000 Kilometer bis nach Santiago.

Der Oberschwäbische Jakobsweg orientiert sich an alten Pilgerberichten, sagt Hildegard Fleischer von der Deutschen Jakobus- Gesellschaft in Aachen. Sie hat den Jakobsweg von Ulm nach Meersburg am Bodensee mit den klassischen Muschel-Zeichen ausgeschildert. "Für uns war es richtungsweisend, dass wir auf dem historischen Weg sind." Früher hätten sich gerade aus Nürnberg viele Wanderer auf diesen Weg gemacht, weil es auch eine alte Handelsstraße gewesen sei. "Sie haben das Religiöse mit dem Praktischen verbunden."

Noch heute verbinden viele Pilger diese beiden Elemente. Viele Pilger seien tatsächlich spirituell interessiert und warteten auf ein inneres Erlebnis, erzählt die Jakobswegpilgerin Jutta Winter. Sie arbeitet in Oberdischingen (Alb-Donau-Kreis) im Cursillo-Haus St. Jakobus, der ersten Pilgerherberge am Oberschwäbischen Jakobsweg. "Viele Pilger gehen aber auch in Krisenzeiten, nach einem Berufswechsel oder einer Trennung." Für diese Pilger sei das Wandern eine Neuorientierung.

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