Experten-Talk

Wann kommt die Pille für den Mann?

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Das temporäre Lahmlegen der Spermien ist seit einiger Zeit im Fokus der Forschung. Alle Zeichen stehen nun auf Durchbruch.  

Die Verhütung ohne Kondom ist Frauensache – und zumeist ist diese an hormonelle Nebenwirkungen gebunden. 60 Jahre nach Einführung der Anti-Baby-Pille könnte nun bald das Pendant für den Mann auf den Markt kommen. Und das ist besonders attraktiv. Denn: „Einige neue Forschungsansätze konzentrieren sich auf Verbindungen, die die Produktion oder Funktion von Spermien hemmen können, ohne die Hormonspiegel zu beeinflussen oder Nebenwirkungen zu verursachen“, so Prof. Dr. Shahrokh Shariat, Vorstand der UniKlinik für Urologie des AKH und der MedUni Wien. Der Talk zum brandaktuellen Thema:

Seit circa 60 Jahren schlucken Frauen die Pille. Warum gibt es immer noch keine für den Mann?
Prof. Dr.
Shahrokh Shariat: Sicherheitsbedenken und mangelnde Wirksamkeit haben in der Vergangenheit die Entwicklung einer Pille zur Empfängnisverhütung bei Männern erschwert. Die Forschung konzentrierte sich hauptsächlich auf die Entwicklung von Hormonpräparaten. In den letzten Jahren griff die Forschung andere Ansätze auf und verzeichnete nun bedeutende Fortschritte in der Entwicklung einer Verhütungspille für Männer.

Was hat sich geändert?
Prof. Shariat:
Eine vielversprechende Methode zur Entwicklung einer Verhütungspille für Männer ist die Verwendung von Verbindungen, die die Funktion von Enzymen blockieren, die für die Spermienreifung notwendig sind. Ein Beispiel dafür ist das Enzym Calcineurin, das für die Beweglichkeit der Spermien wichtig ist. Forscher an der University of California haben eine Verbindung namens FK506 entwickelt, die Calcineurin blockiert und somit die Spermienbeweglichkeit reduziert. In präklinischen Studien an Mäusen zeigte FK506 eine hohe Wirksamkeit bei der Verhinderung von Schwangerschaften – ohne, dass es zu signifikanten Nebenwirkungen kam. Obwohl weitere Forschung notwendig ist, um die Sicherheit und Wirksamkeit von FK506 bei Menschen zu bestätigen, ist dies ein vielversprechender Schritt in Richtung einer nicht-hormonellen Verhütungspille für Männer.

Sind auch Alternativen zur Pille in Entwicklung?
Prof. Shariat:
Ja, andere Studien haben alternative Verhütungsmethoden wie Injektionen oder Implantate (Anm.: im Samenleiter) untersucht. Diese Ansätze haben vielversprechende Ergebnisse in klinischen Studien gezeigt und könnten in naher Zukunft wirksame und sichere Optionen für Männer bieten. Einige dieser Verfahren befinden sich noch in der Entwicklungsphase und müssen weiter untersucht werden, bevor sie als sicher und wirksam zugelassen werden können.

Welche Vorteile sehen Sie in der Männerpille?

Prof. Shariat: Die Entwicklung einer männlichen Verhütungspille würde nicht nur Männern mehr Kontrolle über ihre reproduktive Gesundheit geben, sondern auch die Gleichstellung der Geschlechter und die geteilte Verantwortung in der Familienplanung fördern. Insgesamt legen die aktuellen Forschungsergebnisse nahe, dass es großes Potenzial für eine Verhütungspille für Männer gibt, und wir freuen uns darauf, weitere Fortschritte auf diesem Gebiet zu sehen.   

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