Kameramann Berger hat seine "Rede gelernt"

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Der Kameramann Christian Berger, für seine Leistung in Michael Hanekes "Das weiße Band" für einen Oscar nominiert, ist der Einladung von Regisseur Robert Dornhelm in dessen Villa in Malibu gerne gefolgt. Mit Meerblick und Pfeife im Mund sprach Berger mit der APA etwa über die Auszeichnung mit dem renommierten A.S.C.-Award (Preis der US-Kameravereinigung American Society of Cinematographers).

APA: Wie waren denn die Wochen seit der Bekanntgabe der Nominierungen für Sie?

Berger: Ich war heftig froh, dass Semesterferien waren und damit keine Uni, denn es war, glaub ich, der vollste Monat meines Lebens. Zuerst war die Nominierung, dann ist der Presserummel losgegangen, dann kamen zwei Seminare in Innsbruck und München, bevor es für zehn Tage nach Paris ging, weil meine Frau und ich dort eine Fotoausstellung vorbereiten. Von dort fuhren wir weiter zur Berlinale, wo ich auch einen Workshop hatte. Dann ging es nach Amsterdam wegen meines Lichtsystems, dann kam eine Woche Dreh im Salzkammergut... und Februar ist der kürzeste Monat im Jahr!

APA: Das heißt, es blieb eigentlich gar nicht viel Zeit für große Gedanken und Nervosität?

Berger: Ja, doch. Am meisten habe ich mir Gedanken gemacht über die Nominierung vom A.S.C., weil das für mich einen echten Wert darstellt. Dass mich die Top-Kollegen nominieren für "Das weiße Band" und dass ich den Preis dann auch noch gekriegt habe, war schon toll. So ist der Oscar jetzt relativ neutral - kommt er, super, kommt er nicht, auch super.

APA: Die erste Präsentation der Auslands-Oscar-Kandidaten am roten Teppich war sehr extensiv - eine Situation, in der Sie sich wohlfühlen?

Berger: Nein, überhaupt nicht. Ich kenn das ein bisschen aus Cannes oder von anderen Festivals, aber das ist nicht wirklich meine Welt. Offensichtlich braucht man diesen Glamour für das Marketing. Für mich ist der Weg zwischen der Arbeit an dem Film und der Berührung, die ich im Zuschauer gerne auslösen möchte oder mithelfen möchte auszulösen, wichtig. Das hat mit dem hier gar nichts zu tun, deshalb auch meine Reserviertheit.

APA: Fällt es etwas leichter, wenn die gesamte "Arbeits-Familie", also die Wega Film, hier ist?

Berger: Ich finde das ganz großartig, dass die Wega Film das gemacht hat. Die Firma ist für mich seit Mitte der 1980er Jahre wie ein Nest, ich kenne sowohl Veit Heiduschka als auch Michael Katz, der beim "Weißen Band" über Monate hinweg das Rückgrat des Films war, schon sehr lange. Und ich bin schon froh, dass die alle da sind.

APA: Auch wenn wir hier in Malibu sind, Hollywood ist ganz nah. Gab es mittlerweile schon konkrete Angebote?

Berger: Ja, schon. Aber es geht mir ja weniger um Hollywood, also um dieses Klischee mit Starlets und den Pappendeckelhäusern, die eh alle aussehen wie eine schlechte Dekoration. Es geht mehr um den Kontakt mit Regisseuren, den man sonst nicht bekommen würde. Und es ist einfach ein Fokus da, eine Aufmerksamkeit in nur wenigen Tagen, die so einen hohen Pegel hat, dass man abends todmüde ins Bett fällt.

APA: Gibt es schon Namen, die Sie nennen können?

Berger: Nein, gibt es nicht. Und würde ich auch nicht sagen - das ist der einzige Punkt, bei dem ich abergläubisch bin. Wenn man über ungelegte Eier spricht, wird ein Projekt nie was, das habe ich mein ganzes Leben lang so erfahren.

APA: Wie schätzen Sie denn die Chancen für Sonntag ein?

Berger: Das kann ich überhaupt nicht sagen. Und ich will mich da auch gar nicht beteiligen, das wäre eine falsche Aufregung, wenn man da jetzt jeden Tag im Netz stöbern würde oder nachschaut, wie die Wetten stehen. Ich gehe hin, ich mache alles, was mir die Betreuer von Sony Classics sagen - und dann werden wir sehen. Die Aufregung kommt dann schon noch. Meine Rede habe ich gelernt, das passt schon mal.

APA: Hatten Sie mit dem dritten Nominierten, Christoph Waltz, noch Kontakt inzwischen?

Berger: Nein, nicht mehr. Ich glaube, man kann mit ihm auch derzeit keinen Kontakt haben, weil er sich aus seinen Preisen gar nicht mehr herausklauben kann. Er wird ja richtig überschüttet. Also wenn der keinen Oscar macht, dann weiß ich nicht - das ist schon ein Fixstarter. Und was die anderen Konkurrenten betrifft, die ja fast die Gleichen sind wie beim A.S.C.-Preis - ich weiß es nicht, da stimmen einfach ganz andere Leute ab.

APA: Das klingt ja dann doch so, als ob Sie sich schon ausführlich Ihre Gedanken gemacht hätten...

Berger: Na ja, was immer da kommt, augeregt wird man sein, wenn die eigene Kategorie drankommt, die Person auf der Bühne das Kuvert aufmacht - und dann fällt ein Name. Und dann habe ich gelernt, man muss in 15 Sekunden auf der Bühne sein, damit man 45 Sekunden zum Sprechen hat. Wenn man nicht fertig ist, wird man abgeschleppt - das ist schon knallhart durchorganisiert. Eigentlich wie ein Boxenstopp bei der Formel 1.

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