Lautsprecher statt Pillen

Sound-Apotheke: So kann Musik heilen

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Mit Musik lassen sich Ängste, Schmerzen oder Depressionen lindern.

Kennen Sie das? Sie hören einen bestimmten Song und fühlen sich plötzlich wieder wie siebzehn. Sie kommen nicht so recht in Schwung – aber dann fetzen die Rolling Stones aus dem Radio und Energie schießt ein. Und vielleicht hat Sie auch schon einmal ein Lied bei Liebeskummer getröstet?

Wo wirkt Musik?
Fest steht: Musik regt unter anderem das Belohnungs- und Emotionssystem des Gehirns an. Hören wir ein Lied, das uns gefällt, werden jene Regionen stimuliert, die auch Glücksgefühle durch Essen oder Sex erzeugen. Doch nicht nur das: Die Töne bringen ein ganzes Netzwerk zum Klingen. Sie wirken im Großhirn (zuständig für bewusste Wahrnehmung und ­Erinnerung), im Kleinhirn (steuert Bewegungen und das Gleichgewicht) sowie im limbischen System – unserem Gefühlszentrum.

Weniger Schmerz
Beim bewussten Musikhören werden also viele Gehirnareale beansprucht. Das könnte auch erklären, weshalb man dabei leicht in eine entspannte Selbstvergessenheit geraten kann – ähnlich wie bei der Meditation. Ein Zustand, in dem auch Schmerzen weniger wahrgenommen werden. Nachgewiesen ist auch, dass Musik bei der Behandlung von Depressionen hilft – etwa, indem sie Ängste löst und bei der Entspannung hilft.

Sehr individuell
„Musik wirkt – das ist keine Frage“, sagt auch der Wiener Musiktherapeut Willi Fuchs. Doch welche Musik lässt nun Schmerzen verschwinden und hilft der Seele wieder aufzublühen? Die Antwort lautet leider: Die garantiert wirksame Musik gegen Kopfweh, Prüfungsangst oder schlechte Laune gibt es nicht. „Die gleichen Klänge wirken auf jeden Menschen anders. Es ist hier vielmehr der individuelle Geschmack entscheidend“, erklärt der Musiktherapeut.

Man müsse deshalb auch bei „musikalischen Hausapotheken“ aufpassen: „Der eine findet Techno-Musik toll zum Entspannen, der andere kann bei Soul die Seele besser baumeln lassen.“ Der Experte rät: „Finden Sie heraus, welche Art von Musik Ihnen guttut. Verlassen Sie sich nicht auf andere. Die können Ihnen nicht sagen, was man hören soll. Entwickeln Sie lieber Ihren eigenen Geschmack!“

Gut bei Stimme
Unbestritten ist jedoch, dass Singen gesund ist: Es schützt nachweislich vor Erkältungen, indem es die Abwehrkräfte stärkt, und es wirkt auch gegen Stimmungsschwankungen. Richtiges Singen fordert den ganzen Körper. Schon zehn bis 15 Minuten reichen aus, um das Herz-Kreislauf-System auf Trab zu bringen. Die Atmung intensiviert sich, der Körper wird besser mit Sauerstoff versorgt. Profisänger besitzen ­sogar eine deutlich erhöhte „Herzratenvariabilität“ und sind so fit wie Dauerläufer.

Schon im Alten Testament wird berichtet, dass Musik Depressionen heilen kann. Und auch die moderne Forschung hat die gemütsaufhellende Wirkung des Singens mehrfach nachgewiesen. Schon nach dreißig Minuten Singen produziert unser Gehirn erhöhte Anteile der Glückshormone Beta-Endorphin, Serotonin und Noradrenalin. Gleichzeitig werden Stresshormone wie zum Beispiel Cortisol abgebaut.

Die Therapie
Singen ist auch Bestandteil der Musiktherapie: Dabei werden Einzel- oder Gruppensitzungen angeboten, in denen Patienten bestimmten Klängen lauschen oder mit Unterstützung eines Therapeuten selbst musizieren und singen. Behandelt werden etwa Patienten mit Depressionen, Suchterkrankungen, Ess- oder Angststörungen sowie verhaltensauffällige oder behinderte Kinder: „Wir setzen dort an, wo andere Therapieformen nicht mehr greifen“, so Musiktherapeut Fuchs.

Für Babys
Relativ neu ist der Einsatz der Musiktherapie bei Frühgeborenen: „Auf den Stationen herrscht Stress – viel Lärm, Neonlicht, die Babys hängen am Tropf. Der Musiktherapeut spielt für das Kind oder singt. Und es wird auch die Mutter miteinbezogen. Es geht darum, die Beziehung zu stärken“, erklärt Fuchs. So neu ist das gar nicht: Die Wiegenlieder früher haben den gleichen Zweck erfüllt.

Die musikalische Hausapotheke
Bei Schlafproblemen:
Abfallende Melodien mit rund 60 Beats pro Minute locken den Sandmann: Dieser Rhythmus entspricht unserer Ruhe-Herzfrequenz. Probieren Sie klassische Musik (Bach, Mozart, Beethovens Mondscheinsonate).

Bei Stress: Summen Sie – das entspannt! Richten Sie sich nach Ihren Vorlieben: Abreagieren bei Techno-Sounds kann ebenso helfen wie Soul. Mindestens zehn Minuten hören!

Bei Schnupfen: Stärkt die Immunabwehr: Ärger nicht runterschlucken, sondern stattdessen ein paar Minuten lang singen. 
Alles, was die Psyche stärkt, mobilisiert die Abwehrzellen. Fröh­liche Menschen sind seltener krank: Viel lachen!

Bei trüber Stimmung: Auch hier wirkt Singen (aktiviert im Gehirn ähnliche Areale wie Lachen). Typische Gute-Laune-Songs: Hits der frühen Beatles, Stones oder Disco-Beats (wirkt aber nur, wenn einem die Songs gefallen).

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