Amanda Palmer in Wien: Verlobt, besoffen, grandios

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Mit einer "nicht zu bewältigenden Set-List", einer Flasche Wein und dem "Drang, zu viel zu plaudern", nahm Amanda Palmer von den Dresden Dolls am Sonntag ihre zahlreich in die Wiener Arena geströmten Fans im Sturm. Zweieinhalb Stunden fegte die nun auf Solopfaden wandelnde US-Sängerin durch ihr Repertoire.

Sie nahm - sofern sie dafür nicht "too drunk" war - zahlreiche Wünsche aus dem Publikum entgegen und begeisterte mit einfühlsamen Cover-Versionen von Michael Jacksons "Billy Jean" über Radioheads "Creep" bis hin zu Heintjes "Ich bau dir ein Schloss", mit dem sie ohne Mikrofon, aber mit Ukulele aus dem Publikum heraus die Show eröffnete.

Eigentlich stehe sie gerade zwischen zwei Projekten und sei auch gar nicht auf Tournee, daher wisse sie gar nicht, was sie zur Begrüßung sagen solle, lachte Palmer nach den ersten drei Songs. Zu sagen hatte sie dann allerdings mehr als genug: Dass der Marmeladenerzeuger Darbo beispielsweise für ein weiteres Jahr den Dresden Dolls-Song "Coin-Operated Boy" verwenden wird ("Jetzt können wir unsere Krankenversicherung weiter bezahlen") oder dass sie ihre ersten Songs, die sie mit zehn Jahren geschrieben hat, nun vielleicht in einer Limited Edition von 500 Stück veröffentlichen will, "um meine Plattenfirma loszuwerden".

Ihr Label Roadrunner hatte Palmer erst jüngst im Rahmen der Musikmesse MIDEM in Cannes scharf kritisiert. Die Plattenfirma hatte sie ersucht, ein paar Bilder von sich von der Website zu löschen - "weil mein Bauch zu fett aussah", so Palmer in Cannes. Als sie sich darüber in ihrem Blog ausgelassen hatte, haben sich die Fans solidarisch erklärt - und selber wieder Bauchbilder eingesendet. "Hunderte Fans und auch ihre Haustiere haben mitgemacht, es wurde sehr lustig und kreativ", so die Künstlerin, die für sich daraus gelernt hat: "Den Fans einen Platz zu geben, auf dem sie sich austauschen können, hat Auswirkungen auf alles", das sie tue. Daher sei sie "immer online", sie blogge "dauernd". Statt zu twittern, plauderte Palmer in der Wiener Arena live.

Zwischendurch probierte die 33-Jährige, die mehrfach auf ihre Verlobung mit dem Autor Neil Gaiman verwies, ihre Deutschkenntnisse aus, die sie dann auch in einer humorvollen Cover-Version von Kurt Weills "Die Seeräuber-Jenny" unter Beweis stellte. Den Österreich-Bezug stellte Palmer dann mit dem Song "My Favorite Things" aus dem Musical "The Sound of Music" her. Zwischen all diesen Cover-Versionen, für die das Publikum nicht selten aufgefordert wurde, via Klatschen den Rhythmus vorzugeben, streute Palmer auch viel bejubelte Dresden-Dolls-Songs wie "Sex Changes", "Half Jack" oder "Coin-Operated Boy". Dass Amanda Palmer einen Großteil des Abends allein mit ihrem Piano bestritt, war kaum zu glauben: Vielmehr versprühte die Sängerin ein Klangvolumen, als habe sie ein ganzes Orchester im Rücken. Die Fans dankten es mit langanhaltendem Jubel.

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