Nina Tomaselli im Talk

Ist sie die „Grüne Rettung“?

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Die Grünen wollen zurück ins Parlament – und die Jungen wollen dem Comeback ihren Stempel aufdrücken. Das verrät Nina Tomaselli, die mit anderen Jungpolitikern an einem Plan feilt, in MADONNA.

Erst musste die Trauerphase beendet werden, dann ging es an die Analyse und jetzt soll er bald angetreten werden, der Weg zurück ins Parlament. Die Grünen verpassten bei der letzten Nationalratswahl im Herbst den Einzug – Anhänger und Funktionäre standen lange unter Schock. Jetzt wollen sie in die Hände spucken und das Comeback spätestens bis zur nächsten planmäßigen Wahl 2022 möglich machen. Ganz vorne dabei bei der Grünen-Rettungsaktion ist Nina Tomaselli.   
 
Die 33-Jährige sitzt im Vorarlberger Landtag und hat mit anderen jungen Mitstreitern das „Next Generation Lab“ gegründet. Gemeinsam will man bis zum großen Bundeskongress der Grünen im November – da wird auch eine neue Parteispitze gewählt und neue Statuten erstellt – ein Konzept erarbeiten, wie es der Partei gelingen kann, ihre Wähler zurückzuholen und neue zu gewinnen.
Zeigefinger. „Die Grünen haben in der Vergangenheit zu oft mit dem erhobenen Zeigefinger agiert. Der muss weg“, erklärt Tomaselli im MADONNA-Interview die dramatische Niederlage bei der letzten Wahl. Das muss sich ändern, so die Jungpolitikerin. Die Grünen müssten mehr über Werte und Haltungen, statt über Daten und Fakten sprechen. Damit kann man zurück in die Herzen der Menschen finden, so Tomaselli. Und auch den Weg zurück ins Parlament, glaubt sie. 
 
Kann man sagen, Ihre Mission ist es, die Grünen zu retten?
Nina Tomaselli: Meine Kolleginnen aus den Bundesländern, allesamt junge Abgeordnete oder jüngere Leute, die den Grünen nahestehen, und ich, wir haben uns überlegt, dass jetzt die Zeit gekommen ist, wo wir mehr Verantwortung übernehmen möchten. Wir wollen dem Neustart der Grünen unseren Stempel aufdrücken.
 
Wenn Sie sagen „wir“, meinen Sie das „Next Generation Lab“, wo Sie Teil des Führungsteams sind?
Tomaselli: Ja, da dürfen alle mitmachen, die jünger sind als die Partei bzw. ihre Geschichte. Wir haben aber absichtlich keine genaue Altersbegrenzung. Denn uns geht es um Folgendes: Es gibt viele politische Ereignisse rund um die frühen 80er-Jahre, aber auch schon 1978 mit dem AKW Zwentendorf, die identitätsstiftend sind für die Grünen. Wir wollen alle ansprechen, die da noch nicht auf der Welt oder noch klein waren. Deshalb nennen wir keine Alterszahl, sondern nur, dass man jünger als die Partei sein muss. Wie alt die ist, darf sich jeder selber aussuchen.
 
Vor dem Comeback braucht es ja bekanntlich die Analyse: Was ist denn schief gelaufen bei den Grünen und vor allem ab wann?
Tomaselli: Die Grünen haben in der Vergangenheit zu oft mit dem erhobenen Zeigefinger agiert. Der muss weg. Denn aus der Psychologie weiß man ja, wenn man sagt, „du musst“, dann bekommt man nicht nur Zustimmung. Ich glaube außerdem, dass die Grünen mehr zeigen müssen, was sie ausmacht. Nämlich, dass bei uns im Mittelpunkt der Mensch in seiner Würde und Freiheit steht. Man muss besser zeigen, dass es um unabhängige Menschen geht, die aufeinander schauen. 
 
Wie kann das gelingen? 
Tomaselli: Wir müssen teilweise zu den Wurzeln zurück. Das heißt nicht, dass wir mit den Rezepten aus der Mottenkiste ­arbeiten sollten. Aber ich glaube, dass Umweltpolitik noch nie out war. Das heißt ja nichts anderes, als sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die den unmittelbaren ­Lebensbereich der Menschen betreffen – gute Luft, gute Ernährung, ein leistbares Leben. Das muss man herausstreichen. Und wir brauchen neue Antworten auf neue Zeiten. 

Auf Umweltpolitik zu setzen, ist ja nichts wirklich Neues für die Grünen. Was kann man anders machen, um diesmal mit den ­eigenen Themen anzukommen?
Tomaselli: Einerseits geht es darum, mit den Menschen anders zu kommunizieren: Weg von diesem erhobenen Zeigefinger und stattdessen Chancen aufzeigen, was alles möglich ist in Österreich. Ich glaube aber auch, dass wir nicht mehr so oft über Daten und Fakten reden sollten, sondern mehr darüber, welche Werte und Haltungen hinter unseren Projekten stehen. Damit kann man zurück in die Herzen der Menschen finden, das ist unser Ziel.
 
Das „Next Generation Lab“ will beim Bundeskongress der Grünen im November, wo es auch eine Statutenreform geben soll, ein eigenes Konzept vorlegen. Was muss da Ihrer Meinung nach unbedingt rein? 
Tomaselli: Der Startschuss für das „Next Generation Lab“ war am 5. Mai in Linz und da kamen relativ spontan 130 junge Menschen aus ganz Österreich. Das waren grüne Funktionärinnen, aber auch Leute, die zum ersten Mal dabei waren. Wir werden uns weiter treffen und im Herbst wollen wir einen Koffer voller Thesen präsentieren, wie der Neustart unserer Ansicht nach am besten gelingen kann.
 
Hat sich da schon etwas herauskristallisiert?
Tomaselli: Es geht darum, dass wir Politik anders machen. Ich halte es für veraltet, dass man sich Montag am Abend von 19 bis 22 Uhr trifft – in Zeiten, wo es Video-Chats und Abstimmungen über digitale Kanäle gibt. Das ist sehr unpraktikabel, wenn man Menschen dazu bewegen will, sich politisch zu engagieren. Wir müssen weg von formalen Sitzungen, von Parteiformalien. Es braucht weniger Hemmschwelle zur Teilhabe. Wenn Menschen kommen und sagen, sie möchten sich bei den Grünen engagieren, sollten sie an Projekten arbeiten und nicht in Sitzungen herumsitzen.  
 
Wünschen Sie sich an der Parteispitze eine Frau oder weiter Werner Kogler? 
Tomaselli: Mir ist es wichtig, dass wir Personen an der Spitze haben, die glaubhaft den Aufbruch vermitteln und an einer Modernisierung, einem Update der Grünen in Österreich arbeiten können. Da ist das Geschlecht sekundär. 

Haben Sie Ambitionen auf den Job? 
Tomaselli: Ich bin im Moment im Vorarlberger Landtag und habe als großes politisches Betätigungsfeld das Mitmachprojekt „Next Generation Lab“. Man wird ­sehen, wo es mich politisch hintreibt, im Moment bin ich total glücklich, weil ich das machen kann, was ich ehrenamtlich in der Freizeit gemacht habe und habe meinen Traumjob als Politikerin gefunden. 

Schaffen es die Grünen bei der nächsten Wahl wieder ins Parlament? 
Tomaselli: Wir müssen in meinen Augen Folgendes tun: Die Trauerphase beenden, den Hintern zusammenzwicken, und unsere Hausaufgaben machen. Wenn das getan wird, weiß ich keinen Grund, wieso es nicht klappen sollte mit dem Wiedereinzug.
 
Zur Person
Karriere. Nina Tomaselli ist eine österreichische Politikerin und seit 2014 Abgeordnete zum Vorarlberger Landtag, stellvertretende Klubobfrau des Landtagsklubs der Grünen und Stadtvertreterin in Feldkirch. Nach ihren Studien der Volkswirtschaftslehre, Geschichte, Wirtschaftspädagogik und Politikwissenschaften in Innsbruck startete sie zunächst eine Karriere im Controlling und Bauprojektmanagement. Dieses Jahr startete sie das „Next Generation Lab“.
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