Gewaltdelikt

Zwangsheirat primär Gewaltthema

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Es wird von 35 Frauen - vermütlich viel mehr - jährlich ausgegangen, die in den sozialen Einrichtungen der Stadt aufgrund von Zwangsheirat betreut werden.

(c) sxcDie Stadt Wien schnürt ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfungder Zwangsheirat. Daneben gibt es ein dichtesUnterbringungsnetz für die betroffenen Frauen und Mädchen sowie einen neuenInfofolder.


35 betroffene Frauen und noch viel mehr
Wie vieleMenschen tatsächlich von Zwangsverheiratung und arrangierten Ehen betroffensind, kann man seitens der Stadt weiterhin nicht genau beziffern.

In einer imVorjahr erstellten Studie wurde von 35 Frauen jährlich ausgegangen, die in densozialen Einrichtungen der Stadt betreut werden. "Wir vermuten, dass esviel mehr sind", so Frauenberger.

Allein dieSensibilisierung für das Thema werde für das Bekanntwerden zusätzlicher Fällesorgen, zeigte sich die Stadträtin überzeugt. Seit Jahresbeginn bemüht sich dieStadt um eine einheitliche statistische Erfassung des "ziemlichunbekannten Terrains".

Fachkonferenz "Wien Aktiv gegen Zwangsheirat"
Das Interesse an der Fachkonferenz "Wien Aktiv gegen Zwangsheirat", die im Rahmen des EU Daphne-Projekts "Aktiv gegen Zwangsheirat", im Rathaus stattfand, war enorm. Über 200 ExpertInnen nahmen an der Veranstaltung teil.

Die TeilnehmerInnen setzten sich aus VertreterInnen unterschiedlicher Fachdienststellen der Stadt Wien, Ämtern der Landesregierungen, Bundesministerien, der Polizei, der Politik auf Bezirks- und Landesebene und VertreterInnen der Daphne-Projektgruppe aus staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen der Städte Geralfingen, Hamburg, Istanbul, London, Stockholm und Utrecht zusammen.

Bedürfnis an Information und Austausch

Bis zum Ende der Konferenz in der Volkshalle war die Beteiligung des Publikums an den zahlreichen Frage- und Diskussionsrunden ungebrochen hoch. Insgesamt zeigt diese aktive Partizipation und die Vielzahl der anwesenden Fachleute einmal mehr, wie groß das Bedürfnis an Information und Austausch über das Thema Zwangsheirat ist.

Klare Forderungen Frauenbergers
Frauenstadträtin Sandra Frauenberger erhob klare Forderungen um den von Zwangsheirat bedrohten oder betroffenen Mädchen und jungen Frauen zu helfen. Sie forderte einen eigenen Aufenthaltstitel für Frauen nebst sofortigem Arbeitsmarktzugang, um ihnen ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu ermöglichen.

Außerdem sprach sie sich für die doppelte Staatsbürgerschaft aus, damit österreichische Vertretungsbehörden im Fall einer Verbringung ins Herkunftsland der von Zwangsheirat bedrohten und betroffenen Frauen eine Rückholung durchführen können.

Frauenberger räumte die Verantwortung der Gebietskörperschaften ein, die bei Erkennen eines erhöhten und bisher nicht gedeckten Bedarfs an Beratungs- und Betreuungsangeboten konsequenter Weise ebenso eine Erhöhung der finanziellen Ressourcen sicherstellen müssten.

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Hochrangig besetztes Podium

Die Vortragenden kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Stadt. So waren unter anderem Mag.a Barbara Michalek, Leiterin des 24-Stunden Frauennotrufes, Mag.a Renate Balic-Benzing, Abteilungsleiterin des Amt für Jugend und Familie, Maga Elisabeth Assmair, MA 35 - Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt sowie Mag. Christoph Teufl, Abteilung Schulpsychologie im Stadtschulrat für Wien am Podium.

Aber auch VertreterInnen der Polizei der MA 17 - Integrations- und Diversitätsangelegenheiten, des Vereins Orient Express sowie des Zentrums für Soziale Innovation stellten sich nach Ihren Fachvorträgen der Diskussion.

Ziel ist Sensibilisierung
Von vielen Vortragenden, wie auch vom Publikum, wurde wiederholt festgestellt, dass eines der vordringlichsten Ziele die Sensibilisierung und Information der Bedrohten, Betroffenen sowie aller mit diesen Personen in Berührung stehenden ProfessionalistInnen sein muss.

Dass Sichtbarmachen des Problems ist Voraussetzung für die Möglichkeit dagegen aktiv zu werden und den Bedrohten und Betroffenen adäquate Unterstützung anbieten zu können.

Nicht immer Überprüfung der Ehefähigkeit
Vielfach kritisiert wurde die Tatsache, dass Österreich bei nichtösterreichischen StaatsbürgerInnen dem Heimatrecht der Ehewilligen den Vorrang gibt, solange dieser nicht den österreichischen Grundwerten widerspricht. Dadurch kommt es immer wieder vor, dass bei einer Heirat nicht-österreichischer StaatsbürgerInnen unter 18 Jahren die normalerweise verpflichtende Überprüfung der Ehefähigkeit durch österreichische Gerichte nicht stattfinden muss.

Es gibt nationale Rechtssysteme, die dem Recht des Wohnsitzes der Personen gegenüber Heimatrecht den Vorzug geben. Diese sind besser geeignet, um eine Gleichberechtigung der Geschlechter bei der Eheschließung zu sichern. Mindestaltersgrenzen können umgangen werden, wenn die Verheiratung im jeweiligen Herkunftsland erfolgt.

Als sehr wesentlich wurde von den ExpertInnen die Rolle von MultiplikatorInnen in den Communities hervorgehoben. Die Integrationsabteilung der Stadt Wien hat mit Projekten wie beispielsweise der Einrichtung eines Multiplikatorinnenpools erste konkrete Schritte gesetzt.

Folder
"Heiraten ohne Zwang" der Folder, der künftig in Spitälern, beiStandesämtern, in Schulen, MigrantInnen-Treffpunkten undBeratungsstellen aufliegt, klärt in mehreren Sprachen auf:

Keine Fraukann in Österreich zur Heirat gezwungen werden. Zwangsheirat ist einGewaltdelikt (sechs Monate bis fünf Jahre Haft), zudem werden im Folderdie wichtigsten Anlaufstellen aufgelistet. Auch dieser Folder ist einSchritt mehr im Kampf gegen Zwangsverheiratung.

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