Verätzung als Genuss - Sekt und Champagner

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An vielen Festtafeln darf ein Glas Sekt oder Champagner an den kommenden Feiertagen nicht fehlen.

Warum das perlende Getränk so köstlich ist, erklärt das aktuellen Fachblatt "Chemie in unserer Zeit" anhand ungewöhnlicher Details: Aus dem Kohlendioxid der Bläschen wird auf der Zunge Kohlensäure gebildet - das Kribbeln im Mund geht also auf winzige Verätzungen zurück.

Der Radius einer aufsteigenden Sektblase nimmt etwa 350 bis 400 Mikrometer pro Sekunde zu, ist dem Artikel weiters zu entnehmen. Die typischen Gasperlen sind auch die Ursache dafür, dass Sekt und Champagner rasch zu Kopf steigen, erklärt Professor Klaus Roth von der Freien Universität Berlin. Die platzenden Bläschen reizen die Magenwände, die dadurch stärker durchblutet werden und in der Folge den Alkohol schneller aufnehmen. Beim Platzen an der Oberfläche im Glas versprühen die Sektperlen außerdem Aromen und andere Verbindungen - was einen großen Teil des sinnlichen Genusses ausmacht.

Wer zu Weihnachten oder am Silvesterabend mit spritzigen Details zum edlen Getränk brillieren möchte, sollte sich folgendes Wissen einprägen: Umstritten ist laut dem Bericht, wer die Flaschengärung der schäumenden Weine ersann. Die Engländer verweisen auf Christopher Merret, der 1662 vor der königlichen Gelehrtengesellschaft Royal Society über das Verfahren berichtet habe. Für die Franzosen ist der Benediktinermönch Dom Pierre Perignon (1638-1715) der Erfinder. Der Kellermeister verfeinerte den in der Champagne-Region produzierten Schaumwein zu einem Spitzenprodukt und ist verantwortlich für die Flaschengröße von 0,75 Litern. Nach Ansicht des Mönches war dies genau die Menge, die ein "Mann von Welt" zum Abendessen trinkt, schreibt Roth.

Mittlerweile sei der Champagner "das wohl am strengsten kontrollierte Getränk überhaupt". Das Anbaugebiet umfasse nur 36.000 Hektar, jedes Jahr werde eine maximale Traubenmenge festgelegt. Nur mit Hand geerntete Früchte bestimmter Sorten dürfen verwendet werden, nach dreiwöchiger Vergärung muss der Champagner mindestens 15 Monate stehen. Maximal 350 Millionen Flaschen werden pro Jahr auf diese Weise hergestellt und für viel Geld verkauft. Als Bester unter den Besten gilt laut dem Fachblatt bei vielen Experten der 1928er Krug Collection Champagner. Am 28. März habe eine Flasche davon den Rekordpreis von 15.900 Euro erzielt.

Anders als bei Wein steige der Wert schäumender Getränke nicht mit dem Alter: "Sekte verlassen die Kellerei ausgereift, ihre Qualität verbessert sich also nicht mit der Lagerzeit, da der CO2-Druck unweigerlich abnehmen muss." Zudem sei die Mischung verschiedener Tropfen bei Sekt keine Schande. Meist werde aus bis zu 80 Weinen unterschiedlicher Sorten, Jahrgänge und Lagen ein sogenannter Cuvee komponiert.

Ein wundervolles Schauspiel ist in den Augen der Chemiker - bei ganz naher Betrachtung - das Öffnen einer Sektflasche. Dabei dehnt sich das gasförmige Kohlendioxid im Flaschenhals schlagartig aus, der Druck sackt von fünf Atmosphären auf eine ab. Dies führt zur Abkühlung des ausströmenden Gases, die Feuchtigkeit in der Umgebungsluft gefriert zu einem weißen Rauch aus Eiskristallen. Ein Tipp für alle, die angebrochene Sektflaschen lagern wollen: offen in den Kühlschrank stellen. Ein Silberlöffel im Hals bringt Tests zufolge nichts, das Wiederverkorken mache das Getränk schal und weniger schmackhaft.

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