Jessica Hausner im Talk

Österreichs Hoffnung in Cannes

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Als eine von vier Frauen ist die Wiener Regisseurin Jessica Hausner in Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme zugegen. Der MADOINNA-Talk über Vorfreude und mutierte Zimmerpflanzen. 

Mit ihrem ersten englischsprachigen Film „Little Joe“ ist die Wiener Regisseurin Jessica Hausner heuer erstmals im Wettbewerb um die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes dabei. Schon 2001 war sie mit ­„Lovely Rita“ in der Reihe „Un certain ­regard“ vertreten, zuletzt 2014 mit ihrem hochgelobten „Amour Fou“. Der Sprung in den Wettbewerb setzt sie in Konkurrenz zu prominenten Filmemachern wie Jim Jarmusch, Quentin Tarantino oder Pedro ­Almodóvar. Ein Druck, mit dem Hausner umzugehen weiß, wie sie im Gespräch erklärt. Die Konkurrenzfilme werde sie sich aber „erst nach dem Festival“ zu Gemüte führen, wie sie MADONNA im Interview erzählt, viel zu aufregend und Termin-gespickt sei das Festival allein schon die ­eigenen Agenden betreffend.  
 
Nachgefragt. Die Weltpremiere von „Little Joe“ findet an diesem Wochenende statt. Hausner, die hierzu in Chanel auf­treten wird, ist eine von vier im Wettbewerb vertretenen Regisseurinnen. Kurz vor ihrer Abreise nach Cannes sprachen wir mit der 46-Jährigen über ihren auf­regenden Erfolg, die Eigenschaften eines „guten“ Filmes und ihre Vision einer ­mutierten Zimmerpflanze.  
 
Sie waren schon mehrmals in Cannes vertreten, diesmal zum ersten Mal im Haupt-Wettbewerb. Wie steht es um Ihre Vorfreude oder auch eine eventuelle Aufregung?   
Jessica Hausner: Wir haben bis letzte Woche noch an der Fertigstellung des Films gearbeitet, das war ehrlich gesagt noch mal ziemlich anstrengend. Aber das Wissen im Wettbewerb zu laufen, hat mich und mein Team ziemlich beflügelt. Bis ­Ende September 2018 wurde gedreht, dann ging der Film in den Schnitt und teilweise dachte ich wirklich, dass wir die rechtzeitige Festivalabgabe gar nicht mehr schaffen. 

Was ist die Intention zu Ihrer Geschichte rund um Zimmerpflanze „Little Joe“?
Hausner: Ich interessiere mich sehr stark für Genrefilm. Und diesmal war die Grundidee eine Art Frankenstein-Geschichte zu machen, aber mit einer Frau als Frankenstein. Ich habe in meinen Filmen eigentlich nur weibliche Hauptfiguren und es geht mir vornehmlich auch darum, diese anders und vielseitig zu zeigen. Und dieses Mal fand ich es interessant eine Wissenschaftlerin zu zeigen, vor allem eine, von der man nicht eindeutig weiß, ob sie gut ist. Das macht es doch spannend, wenn ­eine Figur zwischen Gut und Böse hin- und hergerissen ist. Und in dem Fall ist ihre Aufgabe als Wissenschaftlerin sehr kompliziert, denn die Pflanze, die sie schafft, ist ein ambivalentes Wesen.   
 
Wie lange haben Sie an diesem Projekt gearbeitet? Ihr letzte Produktion ist mittlerweile fünf ­Jahre her. 
Hausner: Ich brauche circa immer so lange (lacht). Ein Jahr geht mal damit zu, den Film zu vermarkten und zu bewerben, dann habe ich sicherlich ein, zwei Jahre gebraucht, um das Drehbuch zu entwickeln und zu schreiben. Dann dauert es noch ein Jahr, um das Ganze zu finanzieren, vor­zubereiten und zu drehen. Diese paar ­Jahre sind letztlich sehr schnell um.
 
Sie waren mit „Amour Fou“ zuletzt in der Sparte „Un certain regarde“ (Anm. der Red.: eine Sektion, die Filme fördern soll, die „untypisch“ für den Hauptwettbewerb sind) nominiert, heuer sind Sie im Rennen um die Goldene Palme. Ist Ihre Art Filme zu machen jetzt „typischer“ geworden ?
Hausner: Nach welchen Kriterien die ­Filme jeweils ausgewählt werden, ist uns Filmemachern immer ein Rätsel. Es gibt in dieser Hinsicht keine klare Antwort. Die Auswahl, die getroffen wird, hängt jedenfalls mit verschiedenen Faktoren zusammen: Aktualität, künstlerische Originalität, manchmal auch mit dem Cast. Vielleicht ist dieser Film kommerzieller als meine vorigen Projekte, aber definitiv nicht bewusst.
 
Was zeichnet für Sie einen „guten“ oder sogar „besten“ Film aus ? 
Hausner: Mich interessieren Filme, die ungewöhnlich sind, die etwas wagen. Ob mithilfe der Geschichte oder eines bestimmten Stiles. Wenn irgendwas Seltsames, Schräges, Ungewöhnliches dabei ist und das für das Publikum stimmig rüberkommt, ist das ein Film, den ich toll finde.  

Werden Sie sich auch die Filme Ihrer Konkurrenten ansehen? 
Hausner: Ich habe mich natürlich darüber informiert, aber ich glaube nicht, dass ich mir einen anderen ansehen werde. So wie ich es von früheren Cannes-Besuchen ­kenne, ist alles recht aufregend und mit vielen Terminen verbunden. Dabei kann ich selbst verschiedene Kontakte knüpfen und Menschen kennenlernen, mit denen sich in Zukunft wiederum vielleicht was ergibt. Filme schaue ich mir per se tatsächlich lieber in Ruhe an.  

Sie haben einen Sohn im Schulalter, der den Wettbewerbsverlauf von zu Hause aus verfolgt. Wie nimmt er den Erfolg wahr?  
Hausner: Ja, er ist ziemlich stolz (schmunzelt). Ich war erstaunt, weil er mir erzählt hat, dass seine Schulkollegen von dem Projekt in der Zeitung gelesen haben. Da war er schon ganz happy.
 
 
 
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