Thrombose-Risiko

Die Pille ist besser als ihr Ruf

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Entwarnung: Untersuchung zeigt, wie hoch Thrombose-Risiken wirklich sind.

Falscher Pillenskandal
Mitte September verstarb eine junge Schweizerin überraschend an den Folgen einer Lungenembolie. Zehn Monate vorher bekam sie auf ärztliches Rezept eine Antibabypille. Sofort begann in den deutschsprachigen Medien eine teilweise recht heftig und mit wenig Sachlichkeit geführte Debatte über die Gefährlichkeit von Antibabypillen. Die zuständige Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic leitete daraufhin entsprechende Untersuchungen ein.

Kein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Pille
Das Ergebnis der Untersuchungen, bei denen Daten verwendet wurden, die laut Swissmedic „mehr als 42 Millionen Frauenjahre unter modernen Pillen sowie zwei Studien unter Einschluss von mehr als 120.000 Anwenderinnen oraler Verhütungsmittel“ beinhalten, gibt die weltweit wegen ihrer strengen Richtlinien geachtete Schweizer Arzneimittelbehörde jetzt Entwarnung. Swissmedic: „Antibabypillen, die Drospirenon enthalten, sind im Risikobereich der anderen auf dem Markt erhältlichen Präparate.“

Mit Arzt abklären
Gleichzeitig ergänzt die Behörde aber, dass Pillen mit diesem Wirkstoff nur nach sorgfältiger Abklärung durch den Arzt verschrieben werden sollen. Bei den modernen Pillen sollten Risikofaktoren von venösen Thromboembolien, wie genetische Veranlagung, Übergewicht und Rauchen, besonders beachtet werden. Denn die Antibabypille ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, für das man mindestens einmal pro Jahr mit seinem Frauenarzt sprechen sollte. Und wie bei jedem Medikament gibt es auch das Risiko zu Nebenwirkungen. Durch die Einnahme aller seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen hormonellen Antibabypille können sich bei Risikogruppen in den Venen der Beine und des Beckenbereichs Blutgerinnsel bilden, sogenannte Thromben. Werden diese über das Blutsystem in den Lungenkreislauf transportiert, können sie eine Lungenembolie auslösen.

Christian Albring, Präsident des Deutschen Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF): „Seit Langem ist bekannt, dass unter der Einnahme hormoneller Verhütungsmittel ein leicht erhöhtes Risiko für Thrombosen besteht. Deshalb ist die Pille auch ein verschreibungspflichtiges Medikament. Allerdings ist das Erkrankungsrisiko geringer als etwa unter einer Schwangerschaft, bei der es in rund 60 Fällen von 100.000 Schwangerschaften zu so einem Ereignis kommen kann. Gesunde Frauen, die hormonell verhüten, können der medizinischen Einschätzung ihres Frauenarztes, ob die Pille für sie die geeignete Methode zur Empfängnisverhütung ist, vertrauen.“

Der Check durch den Frauenarzt ist wichtig
Daher ist ein eingehendes Gespräch mit dem Frauenarzt vor der Wahl der passenden Antibabypille besonders wichtig, denn nur eine sorgfältige individuelle Einschätzung der Patientin hinsichtlich ihrer Risikofaktoren kann die Gefahren von Nebenwirkungen absenken.

Dazu gehören etwa vorausgegangene oder bestehende thrombo-embolische Erkrankungen, eine familiäre Thromboseneigung, starkes Übergewicht, eine chronische Lebererkrankung oder diabetisch bedingte Gefäßerweiterungen. Auch Frauen, die über 30 Jahre alt sind und rauchen, haben ein erhöhtes Risiko und werden vom Arzt besonders ausführlich beraten. Albring: „Mit der Anzahl der Risikofaktoren erhöht sich das Thrombose-Risiko, weswegen Frauenärzte sorgfältig abwägen und gegebenenfalls zu anderen Verhütungsmethoden raten.“

Eines steht aber völlig außer Streit: Die Risiken bei Pilleneinnahme sind minimal im Vergleich zu den Gefahren, die jeden Schwangerschaftsabbruch begleiten.

 

Risikofaktoren bei Antibabypille
- Übergewicht: Zu viele Kilos erhöhen das Thromboserisiko deutlich.

- Durchgemachte Venenthrombose: Wer bereits einmal eine Venenthrombose oder Lungenembolie erlitten hat, hat ein deutlich erhöhtes Wiederholungsrisiko.

- Familiäre Thromboseneigung: Genetisch bedingte Gerinnungsstörungen sind ein erheblicher Risikofaktor.

- Immobilisierung: Bettlägrigkeit, etwa nach einer Operation, erhöht das Risiko.

- Rauchen: Raucherinnen sind stärker gefährdet.

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"Die Pille ist sichere Verhütungsmethode"

ÖSTERREICH: Wie gefährlich sind Antibabypillen wirklich?
Christian Kainz:
Zwei große epidemiologische Studien mit mehr als 120.000 Anwenderinnen haben gezeigt, dass moderne niedrig dosierte Verhütungspillen einschließlich solcher, die Drospirenon enthalten, kein erhöhtes Thromboserisiko im Vergleich zu anderen am Markt erhältlichen Präparaten haben.

ÖSTERREICH: Wie groß ist die Risikogruppe?
Kainz:
Zur Risikogruppe gehören etwa Frauen, die keine Östrogene verwenden dürfen, Übergewicht haben, rauchen oder Blutgerinnungsprobleme haben. Genaue Zahlen sind für diese Gruppe nicht bekannt, der Anteil dürfte aber weit unter einem Prozent liegen.

ÖSTERREICH: Wie wichtig ist der Besuch beim Frauenarzt vor der Wahl der richtigen Pille?
Kainz:
Eine ausführliche Anamnese ist vor Verschreibung der Pille wichtig. Individuelle Probleme können durch die richtige Auswahl des Präparates behandelt werden.

Interview mit Gynäkologen Christian Kainz
Interview mit Gynäkologen Christian Kainz
© Privat
Bild: (c) Privat
Gynäkologe Christian Kainz, Chef der Privatklinik Döbling
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