Christoph Schlingensief wieder an Krebs erkrankt

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"Die Krankheit ist zurück, und dennoch bin ich gut drauf und habe Kraft für meine nächsten Projekte." Mit diesen Worten beschreibt der an Lungenkrebs erkrankte Regisseur Christoph Schlingensief (48) den jüngsten Rückschlag im Genesungsprozess.

"Das neue Ergebnis der Untersuchung ist traurig für meine Frau und mich, aber ich will jetzt öffentlich nicht mehr viel darüber jammern, sondern andere ermutigen und mich selbst vielmehr auf mein Afrika-Projekt konzentrieren", sagte Schlingensief am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Über dieses Projekt hatte er am Abend zuvor auch in der NDR-Talkshow "3 nach 9" gesprochen, die neben Giovanni di Lorenzo erstmals auch die Schriftstellerin Charlotte Roche ("Feuchtgebiete") moderierte. "So viele Träume und so wenig Zeit", sagte er in der Sendung. Schlingensief hatte am 1. August seine langjährige künstlerische Mitarbeiterin Aino Laberenz geheiratet.

Er möchte die Angst vor der Zukunft nicht auf den Krebs reduziert wissen. "Es ist doch die zentrale Frage heutzutage für viele Menschen ganz allgemein, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren, in den Sog der Finanz- und Wirtschaftskrise geraten, also den Boden unter den Füßen verlieren. Jeder Mensch kann von einem elementaren Schlag getroffen werden, wo er über die Zukunft plötzlich völlig neu nachdenken muss."

Einen Rückfall im Genesungsprozess hatte Schlingensief schon einmal im vergangenen Dezember erlitten. "Der Stand der Dinge ist, dass ich circa zehn neue erbsengroße Metastasen habe in dem einen Lungenflügel, der mir nach meiner Operation geblieben ist. Das sieht nicht gut aus", hatte Schlingensief damals in einem Interview gesagt. Er sei gerade dabei gewesen, wieder ins Leben zurückzukommen.

Mit einem speziellen Krebsmedikament waren die Metastasen zwischenzeitlich zum Verschwinden gebracht worden. Das erlaube "einen optimistischen Blick nach vorn", aber es gebe auch unliebsame Nebeneffekte, wie sein Verleger Helge Malchow bei der Vorstellung von Schlingensiefs "Tagebuch einer Krebserkrankung" im April gesagt hatte. Er verspüre jetzt natürlich einen "stärkeren Zeitdruck", sagte der Regisseur der "Berliner Morgenpost" (Samstag). Mit dem jetzigen Rückfall habe er nicht gerechnet.

Für sein Projekt eines Festspielhauses in Afrika hat Schlingensief, der von 2004 bis 2007 bei den Bayreuther Festspielen mit seiner "Parsifal"-Inszenierung für Furore gesorgt hatte, jetzt auch die Unterstützung des Berliner Staatsopernchefs Daniel Barenboim erhalten, wie Schlingensief der dpa sagte. Schon zuvor hatten ihm der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und das Goethe-Institut ihre Unterstützung signalisiert. Vermutlich werde er das Projekt in Burkina Faso verwirklichen. Dazu soll es auch einen Vertrag mit der dortigen Regierung geben, "damit es keine Entwicklungshilfe wird, die irgendwie wieder woanders versickert". Das Projekt soll bis Dezember "in trockenen Tüchern" sein.

Das Festspielhaus wird sowohl afrikanischen als auch Künstlern von anderen Kontinenten zur Verfügung stehen. Darüber ist Schlingensief auch mit dem schwedischen und teilweise in Afrika lebenden Schriftsteller Henning Mankell in Kontakt.

Zu dem afrikanischen Projekt hatte Aino Laberenz früher bei Beckmann einmal gesagt: "Wir haben dieses Abkommen, wenn alles Scheiße ist, wenn gar nichts mehr geht, wenn es so aussieht, dass er klar stirbt, habe ich ihm versprochen, dass wir dann gemeinsam nach Afrika fahren und man hier die letzten Stunden verlebt."

Zuletzt hatte Schlingensief in verschiedenen Theater-Inszenierungen ("Die Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" und "Mea culpa") bei der Ruhrtriennale in Duisburg und am Wiener Burgtheater seine Krebserkrankung künstlerisch verarbeitet. "Mea Culpa" gastiert an diesem Sonntag und Montag auch an der Bayerischen Staatsoper in München. Danach fährt Schlingensief nach Budapest, um ein Projekt für Pecs als Kulturhauptstadt Europas 2010 zu besprechen.

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