Gender Gap-Index

Geschlechtergleichstellung: Österreich nach Namibia und Nicaragua

22.06.2023

Österreich ist in der vom Weltwirtschaftsforum (WEF) herausgegebenen globalen Rangliste der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen schockierend weit abgestürzt - gegenüber 2022 eine Verschlechterung um 26 Plätze. Europa schneidet im Vergleich der Kontinente am besten ab.

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Österreich ist in einer vom Weltwirtschaftsforum (WEF) erstellten globalen Rangliste der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen auf Rang 47 unter 146 Ländern abgestürzt. Das bedeutet gegenüber 2022 eine Verschlechterung um 26 Plätze. Zurückzuführen ist das unter anderem auf den gesunkene Anteil an Ministerinnen in der Regierung. 

Nordeuropa führend

Auf dem ersten Platz des am Mittwoch veröffentlichten Geschlechtergleichstellungsindex landete erneut Island. Auf den folgenden Spitzenplätzen in dem internationalen Vergleich, befinden sich Norwegen, Finnland, Neuseeland und Schweden. Die Plätze sechs bis zehn belegen Deutschland, Nicaragua, Namibia, Litauen und Belgien. Insgesamt weist Europa mit 76,3 Prozent die höchste Geschlechterparität weltweit auf. Ein Drittel der europäischen Länder rangiert unter den 20 besten Plätzen. Schlusslichter innerhalb Europas sind Ungarn, Tschechien und Zypern.

Deutlichste Verschlechterung in Österreich

Österreich liegt innerhalb Europas nur im hinteren Mittelfeld und auf 22. Stelle der 36 untersuchten Länder nach Serbien, Frankreich und Luxemburg. Am meisten verbessert hat sich die Situation gegenüber dem Vorjahr in Estland (Rang 22), Norwegen und Slowenien, das sich um zehn Plätze verbesserte und nun Rang 29 besetzt. Die deutlichsten Verschlechterungen attestierte das Weltwirtschaftsforum Österreich, Frankreich (Rang 40) und Bulgarien (65).

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Hauptgrund für die Verschlechterung Österreichs ist laut dem WEF-Bericht der Bereich Politik, wo sich Österreich unter anderem wegen der geringeren Zahl von Ministerinnen in der Regierung deutlich verschlechterte. Einberechnet werden zudem auch Frauen als Staatsoberhäupter sowie ihr Anteil im Parlament. Leichte Verbesserungen wurden dagegen bei der Geschlechtergleichstellung in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und Bildung festgestellt.

Bei gleichem Tempo 131 Jahre bis zur Gleichstellung 

Global gesehen verringerte sich der Abstand zwischen den Geschlechtern im vergangenen Jahr nur minimal. Sollte sich die Welt weiterhin so langsam in Richtung Gleichstellung bewegen, werde sich die Lücke zwischen Frauen und Männern erst in 131 Jahren schließen, berechnete das WEF. In Europa würde es bei diesem Tempo immerhin 67 Jahre dauern.

Das österreichische Frauenministerium äußerte Unverständnis über das Ergebnis und hinterfragte gleichzeitig die Aussagekraft des Rankings: "Insgesamt muss man die Gewichtung dieses Indikators für das Ranking schon hinterfragen, wenn das nun dazu führt, dass Österreich in Bezug auf Gleichstellung deshalb hinter Länder wie Ruanda und Zimbabwe gereiht wird. Das ist nicht nachvollziehbar", hieß es in einer Mitteilung vom Mittwoch.

Raab: „Bedauerlich“

Gleichzeitig betonte das Ressort von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP): "Die veröffentlichten Ergebnisse des Global Gender Gap Report 2023 werden derzeit im Detail geprüft, aber klar ist schon jetzt: Österreich hat sich in 3 von 4 Bereichen verbessert und einzig im Bereich politische Partizipation verschlechtert, da durch Regierungsumbildungen weniger Frauen als im letzten Jahr in politischen Ämtern sind. Das ist bedauerlich, alle politischen Parteien sind hier gefordert, Mädchen und Frauen politische Teilhabe in ihren Strukturen zu ermöglichen und sie zu fördern."

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SPÖ spricht von „Armutszeugnis“, NEOS von „Totalabsturz“

SPÖ und NEOS reagierten auf den Global Gender Gap-Bericht am Mittwoch mit Kritik an der Regierung. Die Verschlechterung um 26 Plätze sei "ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung", kritisierte die SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner in einer Aussendung und warf Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) fehlende wirksame Initiativen in Sachen Gleichstellungspolitik vor. Wichtige Schrauben, um in Sachen Gleichstellungspolitik voranzukommen, seien Lohntransparenz, verpflichtende Karenz für beide Elternteile und ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

Die NEOS sprachen von einem "Totalabsturz für Österreich" und einem herben Rückschlag für die Gleichstellung von Frauen in Österreich. Die Frauensprecherin der Partei, Henrike Brandstötter, forderte von der Bundesregierung eine umgehende Kurskorrektur und konkrete Maßnahmen wie das Angebot einer flächendeckenden und kostenlosen Ganztagskinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag, "anstatt Frauen mit einer Herdprämie in mittelalterliche Rollenbilder zu zwingen, wie die ÖVP das tut".

Grünen sehen sich nicht verantwortlich

Die mitregierenden Grünen sehen sich offenbar nicht für das Ergebnis verantwortlich. "Obwohl sich andere Frauenpolitik und Frauenquoten in Parteiprogrammen und Presseaussendungen auf die Fahnen heften, sind wir Grüne die einzigen, die das auch wirklich leben", erklärte die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, und verwies auf die sinkende politische Repräsentanz von Frauen in der ÖVP-Ministerriege, in Landesparlamenten und in der Kommunalpolitik. Abseits der politischen Vertretung habe Österreich bei der Gleichstellung aber in allen anderen Bereichen aufgeholt, betonte Disoski und ortet als Grund, dass die von der Regierung in den vergangenen Jahren gesetzten Maßnahmen zu wirken beginnen. Weitere Schritte könnten aus Sicht der Grünen rasch umgesetzt werden, darunter eine verpflichtende Lohntransparenz für Unternehmen ab 35 Mitarbeitern, ein bundesweiter Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, zeitgemäße Elternkarenz- und Elternteilzeit-Modell und Unterhaltssicherung, die vor allem Alleinerziehende unterstützt.

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FPÖ: „Frauenthemen durch LGBTIQ verdrängt"

Nach Ansicht der FPÖ würden in der österreichischen Politik Frauenthemen vermehrt durch LGBTIQ-Themen verdrängt, "während die frauenpolitischen Baustellen immer größer werden", so Frauensprecherin Rosa Ecker in einer Aussendung. "Wenn die schwarz-grün-rot-pinke Einheitspartei mehr Gleichstellung möchte, müssen sie auch endlich anfangen, Politik für Frauen zu machen. Und ich spreche hier klar vom biologischen Geschlecht. Denn was sich mit großer Sorge in unserem Land beobachten lässt, ist die zunehmende Verdrängung von frauenpolitischen Themen", betonte Ecker. "Ich verwehre mich dagegen, dass frauenpolitische Themen immer mir ins Hintertreffen gelangen, nur weil eine winzige Minderheit um Aufmerksamkeit buhlt und meint, sie müsse ihre ideologisch-politische Agenda, der Abschaffung der biologischen Geschlechter, der Mehrheit in unserem Land aufs Auge drücken." 

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