Museum zeigt Süßes als Symbol des Überflusses

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Überdimensionale Pralinenschachteln, ein Bett aus Zucker und Bilder aus Weingummi-Mündern - das Museum Villa Rot im deutschen Burgrieden gleicht bis 20. Juni einem Süßwarenladen. Skulpturen, Bilder, Videos, Fotografien und Rauminstallationen internationaler Künstler erinnern an den sinnlichen Konsum und die lustbezogene Sehnsucht nach dem Genuss von Süßwaren in der Überflussgesellschaft.

Selbst vor dem Badezimmer haben die Künstler nicht haltgemacht. Dutzende Haifische aus Weingummi liegen vor den Besuchern auf dem Weg zur Toilette. Über eine Treppe aus Liebesperlen, die in Kunstharz gegossen sind, gelangen kunstsinnige Naschkatzen zur Garderobe des Museums.

In der westlichen Welt seien Süßwaren Massenkonsumartikel, die an jeder Supermarktkasse zu haben sind, sagt die Museumsdirektorin Stefanie Dathe. In Japan würden die Zuckerwaren teilweise einen unerklärbaren Hype auslösen. So zeigt das Museum in der Ausstellung "In aller Munde - Süßwaren in der Kunst" teils erotische Fotografien einer japanischen Künstlerin, die junge Medien-Sternchen mit trendigen Lutschern zeigt. Außerdem fotografierte die Künstlerin Mika Ninagawa ein junges als Geisha verkleidetes Mädchen, das auf einem Bett aus Cola-Dosen liegt.

Zugleich blickt das Museum auf die Herkunftsländer des Zuckers und deren Umgang mit dem Rohstoff. Als Gegenpol zur Konsumgesellschaft würden Fotos von Köpfen aus Rohrzucker des brasilianischen Künstlers Caetano Dias gezeigt, sagt Dathe. Zu sehen sind auch Werke von Künstlern aus Mexiko. Sie verdeutlichten den Zusammenhang von Tod und Zucker, sagt Dathe. Für die Ausstellung wird ein Opferaltar errichtet, wie es ihn an Allerheiligen überall in Mexiko gebe. Dort würden kandierte Früchte und in Zucker gegossene Totenköpfe und Skelette gezeigt. Damit würden in Mexiko die Verstorbenen geehrt, die nach dem verbreiteten Glauben an diesem Tag zurück auf die Erde kommen. Um ihnen Kraft zu geben, biete man ihnen Zucker an.

Die Ausstellung will mit den Werken die Rohstoffe Zucker und Kakao und deren religiös-rituelle Verwendung im Kontext volkstümlicher Traditionen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Kochen, Essen und Trinken seien in den vergangenen Jahren zu den Topthemen der erlebnisorientierten Gesellschaft geworden. Doch auch in der zeitgenössischen Kunst sei das Material Nahrungsmittel im Überfluss vertreten. Schon in der antiken Wandmalerei wurden Lebensmittel nach Museumsangaben in Öl auf Leinwand dargestellt.

Außerdem sei Zucker als Basis von Süßwaren jeder Art immer wieder künstlerisch gestaltet worden, erklärt Dathe und verweist auf die österreichische Zuckerbäckerei. Vor allem in Zeiten des Barocks habe man Süßwaren opulent gestaltet. "Vorrangig war die Gestaltung der Lebensmittel." Heute gehe es vielmehr um das Material Zucker und weniger um den Zusammenhang, dass das der Stoff ist, aus dem man Genussmittel herstellt. Zucker ist damit ein plastischer Werkstoff für Bilder und Skulpturen geworden - der zugleich im Museum einen verführerischen Duft verbreitet.

INFO: Museum Villa Rot, Schlossweg 2, D-88483 Burgrieden, Öffnungszeiten: Mi-Sa: 14-17 Uhr, So und Feiertag: 11-17 Uhr. Internet: www.villa-rot.de

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