Nachhaltigkeit

Moral in Mode: Fashion-Branche im Wandel

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Die Modewelt spielt im Klimawandel eine große Rolle. Was Fashion- Konzerne und Konsumenten ändern müssen und welche Unternehmen bereits Verantwortung beweisen. 

Die Erkenntnisse des „Fashion on Climate“-Reports 2020 der Global Fashion Agenda und McKinsey zeigen es schwarz auf weiß: Die Modeindustrie ist auf Crashkurs mit der Umwelt. Denn wenn die Branche ihre Treibhausgase bis 2030 nicht halbiert, werden die Ziele des Pariser Klimaabkommens nicht erreicht werden. So erscheint der Corona-bedingte gesamtgesellschaftliche Umbruch, der auch die Modeindustrie zum Teil stillstehen lässt, wie eine dringliche und vielleicht letzte Chance zur Veränderung.  

Abgasriesen
Derzeit sind es insgesamt 2,1 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen von der Produktion bis hin zur Nutzung und Entsorgung bzw. der Weiterverwertung von Kleidung, die von der Modeindustrie verursacht werden. Dieser Wert entspricht vier Prozent der globalen CO2-Emissionen und ist im Vergleich höher, als die Kohlenstoff-Ausstöße von Deutschland, Frankreich und Großbritannien gemeinsam genommen. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, sind zwar in erster Linie Unternehmen und Hersteller gefragt, doch auch Konsumenten steht darin eine tragende Rolle zu. Denn diese beeinflussen in der Wertschöpfungskette der Mode zu 20 Prozent, wie viele CO2-Emissionen verursacht werden. Dieser Wert ist u. a. davon bedingt, wie und vor allem wie viel Kleidung konsumiert, wie oft sie gereinigt und ob sie nach Ablauf der persönlichen Verwendung weggeworfen oder wiederverwendet wird. Dementsprechend ist es unabdingbar, dass global gesehen ein neues, nachhaltigeres Bewusstsein für den Konsum von Kleidung geschaffen wird. Diese Einstellung spiegelt sich mitunter in überlegteren Investitionen in faire Labels, langlebige Designs oder Vintage-Mode wieder. Und wenn sogar der Online-Moderiese Zalando sein Augenmerk auf  Second Hand legt , oder auch Konzerne wie H&M auf recycelte Linien setzen, scheint ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Doch Wiederverwendung ist nur einer von vielen Faktoren einer langen Wertschöpfungskette, die laut Global Fashion Agenda als „Fashion Value Cycle“ auch kontrollierbar ist: Ein allgemeines Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit in der Mode und die damit verbundenen Konsumentscheidungen können nur dann skaliert werden, wenn Unternehmen auch eine entsprechende Transparenz zeigen und dabei ihre Herstellungspraktiken, die Ursprünge der Materialien sowie ihre Einflüsse auf die Umwelt und Menschen offenlegen. Sprich: Unternehmen in die Pflicht und Konsumentenentscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen. 
 
Aktionspunkte
Laut „Fashion on Climate“-Reports gäbe es drei primäre Fokuspunkte. Erstens: eine Verringerung der Emissionen in Arbeitsvorgängen wie der Materialproduktion sowie einer Reduktion von Produktions- und Herstellungsabfällen. Zweitens: sinnvolle, wenn möglich saisonübergreifende Designs sowie die Wahl von umweltfreundlichen und recycelten Materialien. Und drittens ist auch der Konsument gefragt: Wenn Verbraucher mehr auf nachhaltige Mode achten und ihre Kleidung wieder- und länger verwenden, kann dies „im Zusammenspiel mit alternativen zirkulären Geschäftsmodellen der Unternehmen bis 2030 zu einer CO2-Emissionsverringerung von 347 Millionen Tonnen führen“. Dabei ist klar, dass nicht jeder die gleichen Möglichkeiten zur Umsetzung eines nachhaltigen Konsums von Mode hat – ob nun aus finanziellen, demografischen oder kulturellen Gründen. Dennoch sei die Sensibilisierung für dieses Thema essenziell. 
 
Less is more
Denn auch wenn zahlreiche Studien ermittelt haben wollen, dass die durchschnittliche Verbraucherin seit Ausbruch der Pandemie bewusster und nachhaltiger einkauft, schrumpfen verursachte Emissionen wie auch die Abfallberge von weggeworfener Kleidung keinesfalls. Laut WWF landen jährlich über 2,1 Milliarden Tonnen Kleidung auf dem Müll. Die Eindämmung dieser Müllberge, die schließlich auch die Umgebungen verschmutzen und Lebensräume bedrohen, hängt somit aus naheliegenden Gründen zu einem Großteil von verschärfteren Bemühungen der Konsumenten ab. Entweder, indem durch bewusstere Kaufentscheidungen die Wertschätzung wieder ansteigt und ohnehin weniger weggeworfen wird. Oder, indem auf Alternativen einer zirkulären Kreislaufwirtschaft wie Secondhand, Upcycling (wie es sich die österreichische Post gerade zum Ziel gesetzt hat, siehe Kasten unten links) oder Ausleihen gesetzt wird. Denn Lösungsansätze und neu aufkommende, innovative Ideen für eine rechtzeitige Wendung der Einflüsse der Mode auf den Klimawandel gibt es genug. Wenn alle Akteure der Branche ihre Möglichkeiten erkennen und dementsprechend auch handeln, könnten bis 2030 rund 1,1 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden. Nimmt die Branche jedoch wie gewohnt wieder Fahrt auf, steigen die Emissionen weiter an und das Klimaziel wird um mehr als die Hälfte verfehlt. Guter Stil bedeutet mittlerweile eben auch, sein Gewissen mit dem Outfit kombinieren zu können. 
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