Bärlauch und seine giftigen Doppelgänger

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Der Frühling schickt einen ersten Boten: In warmen Tälern schießt der Bärlauch bereits aus dem Boden.

Dank Sonne und Temperaturen weit über zehn Grad wird das grüne Blattgewächs bald das Gros feuchter Waldwiesen erobert haben. In der Volksmedizin wird der "wilde Knoblauch" als Mittel gegen Arteriosklerose und hohen Blutdruck verwendet.

Auch als Entschlackungs-Pflanze und kulinarische Gaumenfreunde hat das gesunde Kraut seine Fans. Beim Sammeln ist allerdings Vorsicht geboten: Äußerlich sieht das Gewächs Maiglöckchen und Herbstzeitlosen zum Verwechseln ähnlich. Während der stechende Knoblauchduft einmalig und meterweit wahrnehmbar ist, kann das äußere Erscheinungsbild täuschen. Wichtigstes Charakteristikum des Bärlauch: Seine Blätter treiben einzeln aus dem Boden und sind deutlich in eine lanzettähnliche Blattfläche und einen dünnen Blattstiel gegliedert. Beim Zerreißen riecht der Saft stark nach Knoblauch.

Bärlauch tritt oft zeitgleich mit der tödlich giftigen Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) auf. Deren Blätter sind schmal-länglich, sitzen ohne Stiel am im Boden steckenden Stängel und treiben in Büscheln aus dem Boden. Die jüngeren werden von den älteren Trieben umgriffen. Der Saft der Herbstzeitlose ist geruchlos. Doch wenn man zuvor schon Bärlauch gesammelt hat, kann der auf den Händen klebende Saft bei einer Überprüfung einen Knoblauch-Duft vortäuschen.

Bereits drei bis vier Blätter der Herbstzeitlose können tödlich sein. Dabei wirkt das in der Pflanze enthaltene Zellgift - Colchicin - erst nach mehreren Stunden. Erste Vergiftungserscheinungen treten in Form von Übelkeit und Erbrechen auf. Es folgen Durchfälle, Darm-, Blut- und Knochenmarkzellen werden zerstört, was nach etwa zwei Tagen zum Tod führen kann.

Verwechslungen mit Maiglöckchen (Convallaria majalis) haben meist nicht so gravierende Folgen: Giftig sind für den Menschen herzwirksame Glykoside, die Herzrhythmusstörungen verursachen können. Diese werden vom Darm jedoch nur schlecht aufgenommen und von der Niere rasch ausgeschieden. Lebensgefährliche Vergiftungen sind selten. Zu tun hat das vermutlich auch damit, dass Maiglöckchen etwas später austreiben. Die Pflanze wächst meist paarweise, wobei ältere die jüngeren Blätter umgreifen.

Auch die Blätter der giftigen Garten-Tulpe (Tulipa-Hybriden), die gelegentlich verwildert, können für eine tödliche Verwechslung sorgen. Das Blumengewächs bildet, wenn es nicht zur Blüte kommt, nur ein einzelnes Blatt aus, das dem Bärlauch ähnelt. Darin befindet sich Tulipin, das eine ähnliche Wirkung wie das Colchicin der Herbstzeitlose besitzt. Schon 15 Minuten nach dem Verzehr kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall kommen. Starke Vergiftungen führen schließlich zu Schock, Apathie und durch Atemstillstand im schlimmsten Fall zum Tode.

Bärlauch wächst laut dem Verband der Land- und Forstbetriebe Österreich in schattigen, humusreichen Auen und Flusswäldern mit besonders vielen Nährstoffen. In den Alpen findet man die 15 bis 30 cm langen Blätter und Stängel bis in Höhen von 1.700 Meter. In der Küche werden nur junge Blätter vor der Blüte (April bis Juni) verwendet. Da der "wilde Knoblauch" nur örtlich in großen Mengen wächst, sollten nur ein bis zwei Blätter abgezupft werden und die Zwiebel eingegraben bleiben.

Der knoblauchähnliche Geschmack des Bärlauchs ist milder als Garten-Knoblauch und verursacht, in mäßigen Mengen genossen, keinen lästigen Geruch. Zum Würzen verwendet man die Blätter am besten frisch, da sie beim Trocknen viel von der Wirkung verlieren können. Das Kraut sollte generell nicht gekocht, sondern roh unter heiße Speisen - wie Suppen, Soßen und Gemüse - gemischt oder als Salat verwendet werden. Gesund ist die Pflanze nicht nur für Menschen: Auch Bären suchen das Kraut angeblich nach dem Winterschlaf, um Magen, Darm und Blut zu reinigen.

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