Unterwegs zwischen Tunis und Karthago

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Die Gasse hinauf, am Ende links abbiegen, bis zum nächsten Quergang und dann noch einmal rechts - so schwierig hatte sich der Weg zum Laden des Mützenmachers gar nicht angehört. Doch wer keinen guten Orientierungssinn besitzt, kann sich beim ersten Besuch in der Medina von Tunis leicht verirren. Im labyrinthartigen Stadtkern laden kleine Cafés zu Tee und Wasserpfeife ein.

Teppiche, Haushaltswaren, Kleidung und Kunsthandwerk stapeln sich im Halbdunkel oder im Neonlicht-Schein der Läden. "Nur ein Euro - komm schauen", schallt es von allen Seiten. Die vornehmsten Händler, darunter die Juweliere, haben ihren Bereich rund um die Große Moschee. Den Parfüm-Souk durchweht der süße Duft von Jasmin. Buchhändler, Tuchmacher, Gerber und Färber, sie alle haben in den uralten Händlervierteln der Altstadt auch heute noch ihren Platz.

Deutlich ruhiger ist es im Archäologie-Museum Bardo, das eine Sammlung römischer Mosaiken von Weltrang beherbergt und etwa vier Kilometer westlich des Stadtzentrums in einem historischen Gebäude im ehemaligen Palastbezirk untergebracht ist. "Mit mehr als 4.000 Quadratmetern haben wir die weltweit größte Sammlung römischer Mosaike", erklärt Nesrine Nasr, die im Museum arbeitet.

Bei der Führung geht es an meterlangen Wandmosaiken entlang, in einigen Abschnitten zieren die kunstvoll gepuzzelten Steinbilder sogar die Fußböden. Auch kleine Parfümflakons und Haarnadeln aus der Glanzzeit Karthagos kann man hier bestaunen. Besonders stolz ist die Archäologin auf ein Mosaikbild des Dichters Vergil, das fast 2.000 Jahre alt ist. "Wir verehren es genauso wie der Louvre seine Mona Lisa", bekennt Nesrine Nasr.

Mosaike mit ihren unterschiedlichen Steinchen sind wie ein Sinnbild für Tunesien selbst: Phönizier, Römer, Vandalen und später Franzosen haben im Land ihre Spuren hinterlassen. Wohnhäuser und ein Stadttheater im Jugendstil säumen die Avenue Bourguiba, eine der Hauptstraßen in Tunis. Auch die zahlreichen Straßencafés bringen einen Hauch französischen Flairs in den Orient. Nachts pulsiert das Leben im schicken Viertel La Marsa außerhalb des Zentrums.

Ins historische Karthago vor der Stadt gelangt man per S-Bahn. "Ceterum censeo Carthaginem esse delendam" - außerdem meine ich, dass Karthago zerstört werden muss: Generationen von Lateinschülern mussten dieses berühmte Cato-Zitat übersetzen. Im Jahr 146 vor Christus, nach dem Dritten Punischen Krieg, machten die Römer tatsächlich Ernst und die Handelsmacht Karthago dem Erdboden gleich.

Heute zeugen - relativ bescheidene - Ruinen von der einstigen Weltmacht. Am Berg liegen Überreste einiger römischer Villen. Wo einst Pferde prächtige Wagen über die breite Pflastersteinallee zogen, flitzen heute nur noch emsige Ameisen über die Steine. Auf der anderen Seite des Hügels stehen noch einige Rundbögen - Überreste der Antonius-Thermen.

Einige Kilometer entfernt im Villen- und Künstlerort Sidi Bou Saïd sitzt Ichim Ben Said entspannt in seinem "Café du Nade" und zieht an einer Wasserpfeife. Die meisten Gäste hocken auf beige-rot-grünen Bastmatten und trinken zur Wasserpfeife heißen Tee mit Pinienkernen. "Mein Großvater Tahar hat hier August Macke, Paul Klee und Louis Mouillet bewirtet", erzählt der zurückhaltende Wirt.

Stolz und bescheiden zugleich führt er in eine Ecke, wo über einem Holztisch gerahmte Briefe und Schwarzweiß-Fotografien die Wand zieren. Hier saßen vor knapp 100 Jahren die drei Malerfreunde, später dann französische Philosophen und Literaten wie André Gide, Albert Camus, Simone de Beauvoir und Michel Focault.

INFO: http://www.tunesien.info.

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