"Rider Spoke": Linz und sich selbst er(rad)fahren

Teilen

Die Stadt, die einem vertraut ist, neu entdecken. Sie anders wahrnehmen als zuvor. Die Kulturhauptstadt anders kennenlernen als auf herkömmliche touristische Weise. Sich selbst er(rad)fahren. Das britische Ensemble "Blast Theory" ermöglicht das in "Rider Spoke", einem Projekt im Rahmen des Linz09-Theaterfestivals und der Ars Electronica, das Sonntagabend zum ersten Mal zum Radeln einlud.

Ausreden gibt es keine: Wer kein eigenes Fahrrad hat, kann sich eines borgen. Es ist nämlich bei der maximal 75 Minuten dauernden Exkursion unersetzlich. Ebenso wie ein Minicomputer am Lenker, der einen in englischer Sprache durch Linz navigiert. Mit einem Headset ausgestattet, fährt man los - ohne vorgegebenes Ziel, ohne den Anspruch, eine bestimmte Strecke zurückzulegen. Begleitet von Fragen, die einen auffordern, sich ein "Versteck" zu suchen, um diese in Ruhe beantworten zu können.

Wenn man also aufgefordert wird, einen Ort irgendwo in der Stadt zu finden, an dem sich der eigene Vater wohlfühlen würde, beginnt nicht nur eine Suche nach einem ebensolchen, sondern auch eine Reise zu sich selbst. Obwohl man sich von seiner Umwelt, die einen neugierig beobachtet, abgekapselt fühlt, ist man nicht allein. Man ist mit anderen Teilnehmern und ihren Gedanken vernetzt, kann ihre Antworten anhören und so kann es passieren, dass einem eine völlig fremde Person plötzlich vertraut ist. Sie lässt Einblicke in ihre Seele zu, die einem oft vertraute Menschen nicht zugestehen. Durch ihre Offenheit wird man selbst dazu angehalten, sich den Fragen wirklich zu stellen und in sich zu gehen.

Wenn einem ein Teilnehmer begegnet, zu erkennen an den Kopfhörern und dem kleinen Computer am Lenker, wirft man einander einen wissenden Blick zu und fragt sich unwillkürlich, wer er ist. Vielleicht ist es Herbert, der gerade ausgiebig beschrieben hat, was in einer wilden Partynacht in seiner Jugend geschehen ist und was er bereut. Es könnte aber auch Franz sein, der einen verfolgt und beobachtet hat, um zu hinterfragen, wer man ist und wohin einen der Weg führt.

Interaktives Theater und moderne Technik. Eine Verbindung, die den Protagonisten neue Wege aufzeigt, zu sich selbst und zu seiner Umwelt. Die Aufforderung am Ende der Tour, ein Versprechen an sich selbst zu formulieren, hinterlässt nachhaltig Spuren dieses Projektes.

INFO: "Blast Theory: Rider Spoke" täglich bis 2. September und von 4. September bis 7. September im Rahmen des Ars Electronica Festivals, Start alle 15 Minuten zwischen 19.00 Uhr und 22.00 Uhr am Hauptplatz vor Info zum Projekt "80+1"; ab 16 Jahren; Preise: inkl. Radmiete 9 Euro, mit eigenem Fahrrad oder Rollstuhl 7 Euro, Voranmeldung unter 0732/2009 erbeten

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.