Pecs - Kurze Geschichte einer Kulturhauptstadt

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Es ist ein sonniger Herbsttag in Pecs (Fünfkirchen), der altehrwürdigen ungarischen Stadt. Menschen spazieren durch die Flaniermeile Kiraly utca (Königsstraße). Vor dem Nationaltheater spielt ein Straßenmusiker. Am zentralen Szechenyi Platz glänzt der grün-goldene Zsolnay-Gedenkbrunnen in der Sonne. Ein Bus startet zu einer Rundfahrt durch eine Stadt mit Charme und einer 2000-jährigen Geschichte.

Pecs liegt etwa 200 Kilometer von Budapest entfernt, im "Eck" zwischen Donau und Drau, an der Grenze zu Kroatien. Die südungarische Stadt erstreckt sich am Fuße des Mecsek-Gebirges, hat rund 170.000 Einwohner und trägt zugleich den Namen Fünfkirchen, wegen ihrer fünf Kirchen. Geheimnisvolle römische Grabkammern, türkische Moscheen, ein schlankes Minarett und schmale Gassen, durch die einst stolze Husaren ritten, prägen des Antlitz der mediterran wirkenden Stadt. Vom Panorama-Gipfel des Berges Mesina bietet sich ein bezaubernder Blick über Pecs.

Die ersten Spuren städtischen Lebens führen 2000 Jahre zurück in die Römerzeit, wo die Siedlung unter dem Namen Sophianae bekannt war und über 400 Jahre zum römischen Reich gehörte. König Stephan I. gründete 1009 einen Bischofssitz und ließ eine Kathedrale erbauen. Im Zuge der Völkerwanderung kam das Ende für das römische Pannonien, die Stadt Sophianae wurde zerstört. Die römischen Häuser und Villen dienten den Barbaren jahrhundertelang als Winterquartier. Später hieß der Ort Quinque Ecclesiae - was Fünf Kirchen bedeutet. Die Osmanen nannten die Stadt Pecavi, woraus wahrscheinlich der heutige Name entstand.

Die Totenstadt mit den Grabkammern erstreckt sich unter dem Sankt-Stephansplatz. Hier waren Forscher Ende des 18. Jahrhunderts im Erdreich unter der Hauptkirche auf die erste reich verzierte Grabkammer gestoßen. Bei weiteren Grabungen entdeckten Archäologen immer neue Begräbnisstätten. Die außergewöhnlichste Hinterlassenschaft der Römer ist heute Grund für den Sonderstatus von Pecs als UNESCO-Weltkulturerbe. Dabei sind die frühchristlichen Grabkammern in ihrer zweistöckigen Bauweise einzigartig in Europa und weisen intakte Wandmalereien von außergewöhnlicher Schönheit auf.

Auf Bänken der Kastanienallee blättern Touristen in Reiseführern, warten auf das Glockengeläut des Doms, der sich gleich neben der Totenstadt erhebt. Mit seinen markanten vier Ecktürmen gilt er als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Sakralbauwerke Ungarns. Vom hier führt der Weg in die Kaplanstraße, auch Museumsmeile genannt. Hier reihen sich Häuser aneinander, die Geschichte, Tradition und Kultur der Stadt präsentieren. Wie das Csontvary- und das Victor Vasarely-Museum. Im Haus Nr. 2 die Zsolnay-Ausstellung mit Exponaten aus dem weltbekannten Zsolnay-Porzellan. Im Jahre 1853 gegründet, avancierte die Pecser Fabrik bis zur Jahrhundertwende zur größten Manufaktur der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Der Grand Prix auf der Weltausstellung 1878 in Paris brachte der Zsolnay-Manufaktur den Weltruhm. Heute bezaubern überall in der Stadt mit Zsolnayer Keramik verzierte Jugendstilfassaden.

Das bunte Stadtbild von Pecs mit seinem Reichtum an Baudenkmälern ist ein Spiegel der Geschichte von Völkern und Kulturen. Dabei haben auch die Türken ihre Relikte hinterlassen. Mit dem Beginn der Türkenherrschaft im Jahre 1543 erhielt die belebte Handelsstadt ein orientalisches Gepräge. Die Türken richteten sich in der Stadt ein, bauten 17 Moscheen. Keine andere Stadt in Ungarn soll so reich an türkischen Monumenten sein wie Pecs. Das wohl berühmteste Denkmal aus der Türkenzeit ist die Moschee des Pascha Gasi Khasim auf dem Szechenyi Platz. Die um Mitte des 16. Jahrhunderts gebaute mohammedanische Kirche ist eines der bedeutendsten Denkmäler Ungarns aus der Zeit der osmanischen Belagerung. Die Christen haben die Moschee sofort nach der Vertreibung der Türken im Jahre 1686 übernommen. Seitdem ist sie eine römisch-katholische Kirche. Auf ihrem Dach Halbmond und Kreuz. Daneben ein Glockenturm, mit Glockengeläut und Renaissancemusik.

Pecs besitzt die größte Universität Ungarns mit rund 35.000 Studenten. Die erste Universität Ungarns wurde 1367 durch Ludwig dem Großen von Anjou gegründet. Studenten machen Pecs zu einer jungen Stadt.

Die Gegend rund um die Hauptstadt des Komitats Branau wird auch die "ungarische Toskana" genannt. Das mediterrane Klima sorgt dafür, daß selbst Feigen- und Granatäpfel gedeihen. Auf den Weinbergen im Hügelland nahe Pecs wachsen edle Tropfen. Die Weine von der Weinstraße Siklos-Villany sind weltbekannt.

Pecs ist die fünftgrößte Stadt der Donaurepublik. In ihren Randbezirken reihen sich Plattenbauten aneinander. Dazwischen die globalen Einkaufsmeilen und Fastfood-Ketten. Doch das historische Zentrum von Pecs wurde vor den modernen Zweckbauten geschützt. So weht die alte Pecser Stimmung durch das verschlungene Geflecht von Häusern und Gassen. Auch in Restaurants wie "Arany kacsa" (Goldene Ente), "Krudy" oder "Pezsgöhaz" (Sekthaus) wird diese Stimmung gewahrt.

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