Lord Howe Island - Australiens Südseeparadies

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Freundliche Menschen, kein Stress, sattgrüne Berge, ein tiefblaues Meer: Lord Howe Island ist Australiens Südseeparadies. Und noch ein Geheimtipp. Dass es irgendwann von Gästen überrannt wird, steht nicht zu befürchten, denn der Tourismus wird streng gemanagt: Die 350 Insulaner dürfen nur 400 Urlauber zugleich bewirten.

Haustüren und Fahrräder werden niemals abgeschlossen. Der einzige Polizist auf der Insel achtet vor allem darauf, dass jeder Radler einen Helm trägt. Bei einer Befragung sprachen sich 70 Prozent der Inselbewohner gegen ein Handynetz aus. Wer auf Lord Howe seinen Urlaub verbringt, ist wirklich weitab vom Schuss - und das bei oft idealem Wetter: Es ist nie zu heiß und fast nie zu kalt. "Wenn es hier mal 27 Grad hat, liegen wir alle in der Ecke und machen nichts mehr", sagt der lokale Naturführer Ian Hutton.

Vieles, was "Down under" ausmacht, fehlt hier: Eukalyptusbäume sind in der Unterzahl. Es gibt hier auch keine Koalas, keine Kängurus und keine Kunst von Aborigines - Australiens Ureinwohner haben die Insel nie erreicht. Erst 1788 sichteten britische Seeleute zufällig die hohen Berge der Insel, die sie nach ihrem damaligen Marinechef Lord Howe benannten. Wie viele Inseln der Region, ist auch Lord Howe der Rest eines Vulkans, der langsam erodiert. "Nach sieben Millionen Jahren sind noch zwei Prozent von ihm übriggeblieben", erklärt Ian Hutton. In weiteren 200.000 bis 300.000 Jahren werde auch des Rest im Ozean versunken sein.

Extremtour auf 875-Meter-Gipfel

Auf der Insel selbst ist Mount Gower mit 875 Metern die höchste Erhebung. Bestiegen werden darf er nur mit einem lizenzierten Führer - und wer die Tour mitgemacht hat, weiß, warum das so ist. Um 7.40 Uhr geht es los. 16 Gäste hat Bergführer Jack Shick an diesem Tag zu betreuen, Achtjährige sind dabei, auch einige Rentner. Für Jack ist die Tour reine Routine: Es wird seine 1187. Für Auf- und Abstieg kalkuliert er neun Stunden. Das ist deutlich weniger als 1869 bei der Erstbesteigung, als die Wanderer zwei Tage unterwegs waren - aber auch sehr viel im Vergleich zu dem Triathleten, der seit den 1990er Jahren mit der unvorstellbaren Zeit von einer Stunde und 41 Minuten den Rekord hält.

Der Pfad für die Touristen verläuft zunächst an der Westflanke des zweiten Berges auf Lord Howe, des 777 Meter hohen Mount Lidgbird. Im Gänsemarsch geht es an den 100 Meter tief abfallenden Klippen vorbei. Dann zweigt der Weg in den Urwald im Inselinneren ab, und an der "Get-up-Area" geht es im 75-Grad-Winkel die Wand hoch.

Nun packen beide Hände fest ans Seil - und bei vielen Wanderern kommt der Wunsch auf, zehn Kilogramm abzunehmen, weil sie sich dann leichter hinaufstemmen könnten. Doch Ehrgeiz, Mut und die Aussicht, das grüne Paradies und den weiten Pazifik von ganz oben zu sehen, spornen zum Weiterklettern an. Ein letztes Hochziehen - und das Ziel ist erreicht. Der Mount-Gower-Gipfel ist von dichtem Nebelwald bedeckt. Moose, Farne, Palmen und Schlingpflanzen bilden ein grünes Dickicht, in dem sich auch die "Woodhen" genannte Waldralle wohl fühlt. Den flugunfähigen Vogel gibt es nirgendwo sonst auf der Welt.

Nach der Rückkehr vom Berg schmerzen die Muskeln, die Haut an den Beinen ist zerkratzt vom Gestrüpp. Wer sich diesen Kraftakt nicht zumuten möchte, kann sich für weniger anstrengende Touren entscheiden. Im Norden von Lord Howe zum Beispiel beginnt ein schöner Rundweg an Ned's Beach, der 2004 und 2005 zu "Australiens sauberstem Strand" gewählt wurde.

Für Aussteiger ein unerreichbarer Traum

Dort gehen viele Urlauber mit Händen voller Toastbrot ins hüfttiefe Wasser. Bis zu einem Meter lange Fische umtänzeln ihre Beine und schnappen nach jedem Brocken, den sie vor die Kiemen bekommen. Das Ziel der kurzen Wanderung ist der 208 Meter hohe Malabar Hill, wo es einen der besten Panoramablicke auf den Mount Gower und Mount Lidgbird, aber auch auf die vielen kleinen Felsinseln nordöstlich von Lord Howe gibt. In diese Richtung fallen die Klippen extrem steil ab.

Viele Urlauber, die mit Wehmut die Koffer für die Abreise packen, träumen davon, wiederzukommen. Doch auf Lord Howe ein Haus zu kaufen, ist fast unmöglich. Nur die Nachfahren der drei ersten Siedlerfamilien aus dem 19. Jahrhundert sowie Menschen, die seit mindestens zehn Jahren auf der Insel leben, dürfen überhaupt Land besitzen. Und pro Jahr wird im Schnitt nur eine Baugenehmigung erteilt, erzählt Ian Hutton. Neue Hotels sind auf der Insel nicht in Planung: Lord Howe wird wohl eine Insel mit guten Aussichten bleiben - nicht nur von ihren Gipfeln aus, sondern auch, was den Geheimtippstatus betrifft.

INFO: www.lordhoweisland.info, www.lhimuseum.com, www.visitnsw.com

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