Heimelige Halbinsel Salento

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Der südliche Zipfel Apuliens liegt weitab. Wer Bari und Brindisi hinter sich gelassen hat, kommt auf die Halbinsel Salento, die nur 70 Kilometer von Albanien entfernt ist und sich wie ein Zeigefinger in Richtung Südosten ins Mittelmeer reckt. Die Adria und das Ionische Meer umspülen die Küsten. Eine "Wundertüte" öffnet sich in Lecce, der Provinzhauptstadt samt Kirchen, Kastell und Amphitheater.

   Lecce ein "Einfallstor" zu nennen auf dem Weg zur absoluten Spitze der italienischen Hacke bei Capo Santa Maria die Leuca, das wäre wohl zu martialisch. Denn hier herrscht die friedlich-freundliche Stimmung des äußersten Südens. Die 100 000-Einwohner-Stadt öffnet sich Fremden einladend und weitab jeder Hektik, wie sie einem im Alltag im Norden, selbst in Rom, auf den Wecker gehen kann. Lecce bietet seinen schwülstig-überladenen "Lecce-Barock" im Centro Storico rund um die Piazza Sant'Oronzo freizügig feil. Es denkt aber nicht daran, wegen all der Touristen seinen südlichen Lebensrhythmus aufzugeben.

Kunst und Kultur

   Besonders ins Staunen versetzt der Gang zum Schmuckstück des "Lecce-Barock": der in Schnörkeln und Formen nachgerade explodierenden Basilica di S. Croce mit dem Palazzo dei Celestini gleich nebenan. Der helle und leicht formbare Kalkstein der Gegend hat die Steinmetze dazu eingeladen, sich keine Zurückhaltung aufzuerlegen. Das Ergebnis gehört ebenso zu den Markenzeichen dieser südlichsten apulischen Provinzmetropole wie die "cartapesta", die seit einiger Zeit wieder aufgefrischte Tradition der Heiligenfiguren aus Pappmaché. Auf einer Entdeckungstour wird jeder fündig, ob er sich nun für Kultur begeistert oder für die üppigen Dinge, die der sonnenverwöhnte Boden rings um Lecce der Gastronomie bietet.

   Auch das Meer ist nicht weit - also auf zur "Hacken-Rundtour" im Uhrzeigersinn. Der Einheimische nimmt von Lecce aus den kürzesten Weg - zwölf schnurgerade Kilometer nach San Cataldo. Weiter südöstlich wartet auf den neugierigen Urlauber dagegen Ótranto, die östlichste Stadt Italiens, wo Griechenland und Albanien im Blickfeld liegen.

   Die Traumstrände lässt links liegen, wer sich die eigentliche Attraktion dieses verwinkelten Städtchens nicht entgehen lassen will - die 800 Quadratmeter riesige Mosaikwelt, die der Mönch Pantaleone auf den Boden der Kathedrale S. Maria Annunziata gezaubert hat. Das allein lohnt die Fahrt in die Stadt mit dem Naturhafen, in dem Griechen, Türken, Normannen und andere sich in den Wirren der Geschichte ablösten, meist nicht auf die freundschaftliche Art.

   Salentos Ostküste wechselt von langen Stränden zu zerklüfteten Abschnitten mit einer Grotte nach der anderen. Vor allem südlich von Santa Cesarea Terme präsentiert sich die Landschaft so. Dann kommt jenes "weiße Kap", das auch "Ende der Welten" genannte Capo di Santa Maria di Léuca. In Meeresnähe findet sich rasch eine Herberge, die mit viel Fisch auf der Speisekarte lockt und den Kontakt zu den Einheimischen erleichtern kann.

   Wer bisher noch an der Freundlichkeit der Italiener gezweifelt haben sollte, für den ist diese Halbinsel ein Zipfel der guten Hoffnung. Denn je weiter man sich von Rom entfernt, desto geneigter sind die Gastgeber: Sie weisen gern und umständlich den Weg zum Supermarkt und preisen die Vorzüge der landestypischen Produkte an: Tafeltrauben, Tomaten, Brokkoli und Kirschen.

   An der Küstenstraße des Ionischen Meeres nehmen die alten Wehrtürme überhand - und auch der Eindruck, Afrika erreicht zu haben. Dazu tragen die langen Sandstrände bei mit den Reihen weißer Flachbauten dahinter. Es sind die Strände, etwa die Spiaggia Le Pescoluse oder die "Grüne Bucht" vor Gallipoli, die diese Strecke, an der es weder Grotten noch Barockes gibt, unvergesslich machen.

   An Gallipoli kommt der Besucher nicht vorbei. Frech streckt sich der historische Stadtkern auf einer vorgelagerten Kalkinsel dem Mittelmeer entgegen. Die Fischer sind dabei, die Netze zu flicken und werfen nur einen kurzen Blick auf vorbeiziehende Touristen. Diese streben über eine Bogenbrücke und vorbei am Castello Angioino in die überaus verwinkelte Altstadt.

Olivenparadies

   Markant ist an Gallipoli vor allem zweierlei: Vor Jahrhunderten wuchs die Schöne am Meer zu einer reichen Stadt heran, weil in den Kavernen aus Oliven Lampenöl für alle Welt gepresst wurde. Dass die Jahre der Ölmüller lange vorbei sind, liegt auf der Hand. Doch auch im Zeitalter von Ölscheichs glänzt noch immer, was ganz nostalgisch an die betriebsame Vergangenheit erinnert: Der Erfolg ihres Lampenöls brachte die zu Geld gekommenen Berufsverbände damals dazu, im Bauen und vor allem im Ausschmücken von Kirchen zu wetteifern.

   Gallipoli steht für die Trümpfe der Halbinsel, die schon lange kein Geheimtipp mehr ist. Dazu tragen nicht zuletzt die sauberen Strände sowie die gepflegten und für den Verkehr gesperrten Altstädte bei. Vor allem aber das Gefühl: Ich bin jetzt mal weit weg.

   Informationen: www.enit-italia.de, www.pugliaturismo.com, www.viaggiareinpuglia.it, www.salento.it.

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