Erbe der Ordensritter: Zu Besuch in der Marienburg

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Sie gilt als architektonischer Superlativ des Mittelalters: Aus Millionen Lehmziegeln ließ der Deutsche Orden am Ufer des Weichsel-Mündungsarms Nogat die Marienburg errichten, den größten Backsteinbau Europas. Die UNESCO hat die Anlage südöstlich von Danzig längst zum Welterbe erhoben. Jährlich kommen etwa 500.000 Besucher, an manchen Tagen herrscht drängende Enge im alten Gemäuer.

Wer in den Massen nicht untergehen möchte, wählt das Frühjahr oder den Herbst für eine Besichtigung. Und er zieht feste Schuhe für das Kopfsteinpflaster an - wie Maria Nowak, eine Architekturstudentin aus Wien, die von einem ruhigen Platz aus den mächtigen Hochmeisterpalast zeichnet. "Ich bleibe drei Tage", sagt sie. "Erst dann bekommt man einigermaßen einen Überblick." Die junge Frau übernachtet in der Stadt Malbork, wie der polnische Name für Marienburg lautet.

Fremdenführer Marian gibt einer kleinen Gruppe eine historische Einführung: "Der Deutsche Orden stammt aus dem Heiligen Land, wo die Ritter die christlichen Pilger schützten. Nach der Eroberung ihrer Festung Akkon durch die Araber im Jahr 1291 zogen sie zunächst nach Venedig und wurden dann an die Weichsel geholt, um die heidnischen Pruzzen zu christianisieren." Der Orden wurde zur stärksten Macht im Ostseeraum, und ihr Hochmeister residierte lange in der Marienburg.

"Den besten Blick auf die Marienburg haben Sie vom gegenüber liegenden Ufer", rät Maria Nowak. Aus dieser Perspektive erschließt sich die Größe der Anlage. Der älteste Teil, der Vier-Flügel-Bau Hochschloss, wurde im Jahr 1280 fertig. Dann folgte vom frühen 14. Jahrhundert an die Errichtung des Mittelschlosses mit dem Hochmeisterpalast. Zum Schluss ließen die Ordensritter das Vorschloss bauen und brachten dort Wirtschaftsgebäude und das Zeughaus unter.

"Von 1309 bis 1457 war die Marienburg der Sitz des Ordens, dann folgte der Niedergang", erzählt Marian. Lokale Machthaber standen den Rittern mit dem weißen Mantel und dem darauf prangenden schwarzen Kreuz feindlich gegenüber. Bis zur Schlacht von Tannenberg 1410 behielt der Orden militärisch die Oberhand, erlitt dann aber gegen Polen und Litauer eine Niederlage, von der er sich nicht erholte.

Im Jahr 1457 fiel die Festung an Polen. Der Hochmeister hatte Teile der Anlage an Söldner verpfändet, die sie prompt verkauften. Neuer Ordenssitz wurde daraufhin Königsberg in Ostpreußen, das heutige Kaliningrad, wo schon der Ordensmarschall residierte. Und 1523 schloss sich Hochmeister Albrecht der Reformation an und machte den Orden zum weltlichen Herzogtum Preußen unter polnischem Lehen.

Die Zeit der Romantik im 19. Jahrhundert rückte die Ordensburg wieder ins öffentliche Interesse, nachdem in den Jahrhunderten zuvor Teile der mittelalterlichen Architektur zerstört worden waren. Restaurierungsarbeiten begannen, und Kaiser Wilhelm II. machte die Marienburg zu einer seiner Residenzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen schwere Schäden nahmen sich die Polen des Wiederaufbaus an. Heute ist die Anlage eine der touristischen Attraktionen des Landes.

In dem von einem Palmengewölbe getragenen Remter, dem alten Speisesaal, macht Marian auf Öffnungen im Fußboden aufmerksam: "Das war die mittelalterliche Zentralheizung, die Öfen standen im Keller." Hier wird klar, dass es gut war, sich dem Mann anzuschließen - nur bei den Führungen kommen Besucher in sonst verschlossene Innenräume.

INFO: www.polen.travel/de

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