Das Viertel Monti neben dem Kolosseum wandelt sich

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Wenn die Füße nicht mehr tragen wollen, Petersdom und Trevi-Brunnen abgehakt sind, dann sucht der Reisende eine Insel der Ruhe. So mancher strandet nach einem Tag im quirligen Rom mit müden Gliedern und einem Kopf voller Eindrücke auf der Piazza della Madonna dei Monti. Ist der Cappuccino oder der Frascati bestellt, fällt der Blick auf eine fast ländliche Idylle: Auf das Stadtviertel namens Monti.

Im Schatten des Kolosseums gelegen, gleich hinter dem Forum Romanum, liegt eines der ältesten Viertel Roms verborgen. Vor Jahrtausenden war es als "Suburra" berüchtigt, als der Ort, in dem die Bordelle lagen. Auch am Anfang des 21. Jahrhunderts ist Monti ein Hort der Krämer und kleinen Händler, der in Werkstätten mit Glas, Metall oder Holz hantierenden Handwerker - und weiterhin Revier einiger Damen vom ältesten Gewerbe.

Und doch fällt beim Bummel über das Basalt-Pflaster der engen Straßen sofort auf, welcher Wind nun durch Monti weht: Hier schon wieder eine neue Modeboutique, direkt an der Piazza ein Sushi-Schnellverkauf, einige Schritte weiter ein durchgestyltes Bio-Lokal. "Nicht Trastevere oder der Campo de' Fiori gibt den Ton an, sondern Monti mit seinen exklusiven Shopping-Gelegenheiten, den Bio-Läden, alternativen Restaurants und edlen Enotheken", schwärmte die römische Zeitung "Il Messaggero".

Eingezwängt zwischen den Hügeln Quirinale, Esquilino, Viminale und Celio, lebt diese einstige Arme-Leute-Gegend weiterhin ihr Leben im eigenen Takt. Seit dem 19. Jahrhundert ist es durch eine gewaltige Bausünde, die breite Via Cavour, auf einen Fleck konzentriert: die Piazza mit dem Brunnen, den Kirchen und dem Zeitungskiosk.

Monti wird längst nicht so von den Touristenmassen heimgesucht wie das berühmtere Trastevere auf dem anderen Tiber-Ufer. Doch auch hier haben Architekten, Ärzte und Rechtsanwälte längst die Terrassenwohnungen in den obersten Stockwerken besetzt. Was die Mietpreise im Dorf in die Höhe schießen lässt.

"Das erste Stadtviertel von Rom ist Monti", so beginnt der römische Historiker Alberto Manodori seine Stadtgeschichte "I rioni e i quartiere di Roma". Jene umliegenden Hügel, die einst dazugehörten, haben dem Viertel seinen etwas großspurigen Namen gegeben ("Berge"), auf den die "Monticiani" stolz sind. Ihr Monti, seit jeher Rivale von Trastevere, hat heute seine unrühmliche Spelunken-Vergangenheit abgelegt. Der gefürchtete römische Kaiser Nero soll hier nachts unerkannt durch die dunklen Gassen hinter dem Trajans-Forum gezogen sein, weil er hören wollte, was das gemeine Volk über ihn redete.

Umgeben von einem heillosen Durcheinander bietet heute ein Tischler seine aufgemöbelten Antiquitäten an, deren Preis sich womöglich die jetzt auf Monti aufmerksam gewordene Schickeria leisten kann. Der Krämerladen nebenan hat geschlossen, im Schaufenster preisen vergilbte Zeitungsartikel die typisch römische Ware und die Tradition des Ladens.

"Das ist ein Stadtviertel, das oft nach gerösteten Peperoncini duftet oder nach Abbacchi al forno (Lamm aus dem Ofen), in dem die mit Basalt gepflasterten Straßen und Gassen keine Bürgersteige kennen und den Passanten als einzigen Schutz vor den Autos Prellsteine anbieten": Wenn es um Monti geht, wird selbst der Historiker Manodori poetisch. Als charakteristisch sieht er den Kern Montis an, mit den Gassen Panisperna und Boschetto oder auch der Via degli Zingari. Dort ist immer etwas los - was natürlich all jene nicht so gut mitbekommen, die sich die Terrassenwohnungen hoch oben leisten, um den Sommer zu genießen: Mit einem Glas Prosecco und dem Blick auf die Dächer und Kirchenkuppeln Roms, hinter denen sich in der Ferne bei guter Sicht die Albaner Berge abzeichnen.

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