RTL-Star Nazan Eckes

Powerlady aus dem Abendland

19.11.2010

Nazan Eckes im Talk über ihr Leben zwischen den Kulturen, Ausländerfeindlichkeit und ihre neue Wahlheimat Wien.

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© Getty Images
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Sie ist jung, attraktiv, Top-Star unter den RTL-Moderatoren und sie ist eine Frau mit „Migrationshintergrund“. Nazan Eckes (34) ist Türkin. Und auch wenn Thilo Sarrazin mit seinem Buch Deutschland schafft sich ab für eine verstärkte Anti-Ausländer-Diskussion gesorgt hat und Angela Merkel ihm mit dem Satz „Multi-Kulti ist absolut gescheitert“ beipflichtet,

ist der schönste Beweis für das komplette Gegenteil. Als Tochter türkischer Gastarbeiter wurde sie in Deutschland geboren und hat bereits vor 15 Jahren eine Karriere beim Fernsehen gestartet. Heute ist die fesche Wahlwienerin ( ist seit 2008 mit dem österreichischen Model und Maler Julian Khol liiert, erst kürzlich hat das Paar eine gemeinsame Wohnung in der Bundeshauptstadt bezogen) das Gesicht des Privatsenders RTL, Werbestar und nun auch Autorin.

Autoren-Debüt
In ihrem Buch-Erstling Guten Morgen, Abendland schildert Eckes ihre Erfahrungen am Scheitelpunkt zweier Kulturen. Sehr deutlich schreibt sie über Vorurteile und Integration, Vielfalt und Vertrauen. Im MADONNA-Interview spricht sie über Rassismus und ihre neue Heimat Wien.

Was hat Sie dazu bewogen, „Guten Morgen, Abendland“ zu schreiben?
Nazan Eckes:
Ich habe vor anderthalb Jahren angefangen, das Buch zu schreiben, weil so viele auch bei RTL mich gefragt haben, wie es mir denn als Türkin im deutschen Fernsehen geht. Dabei ist das für mich völlig selbstverständlich. Mich hat gestört, dass die Integrationsdebatte sehr problemorientiert geführt wird.

Sie sind ein Beispiel für gelungene Integration. Was haben Ihre Eltern richtig gemacht?
Eckes:
Mein Vater hat darauf geachtet, dass wir uns in der Schule Mühe geben, dass wir vernünftig Deutsch sprechen, denn zu Hause haben wir nur türkisch gesprochen. Und meine Mutter hat den sozialen Aspekt gefördert. Sie hat unsere deutschen Freunde eingeladen, Geburtstagsfeste gefeiert. Die Durchmischung im Kindesalter war gut. Kinder haben keine Vorurteile.

Angela Merkel sagt: Multikulti ist komplett gescheitert...
Eckes:
Wenn ich morgens meine Brötchen im Supermarkt kaufe, begegne ich vielen Menschen aus verschiedenen Kulturen, die gut miteinander auskommen. Nein, Multikulti ist nicht gescheitert.

Haben Sie selbst Ausländerfeindlichkeit erlebt?
Eckes:
Gott sei Dank nicht. Aber ich habe auch keine große Angriffsfläche geboten. Zum anderen war ich schon als Kind zwar schüchtern, aber auch sehr aufgeschlossen.

Aber Thilo Sarrazin hat mit seinem Buch die Integrationsgegner bestärkt.
Eckes:
Als ich das Buch aufmerksam gelesen hatte, war ich erstaunt darüber, wie sehr Herr Sarrazin – der auch wahre Ansätze hat – merkwürdige Theorien mit Vorurteilen vermischt. Und leider wird das dann von vielen vollkommen unreflektiert wiederholt. Sehr viele Leute, die ihm recht geben, haben sein Buch nicht gelesen und keine Ahnung.

Sie sind zwischen deutscher und türkischer Kultur aufgewachsen. Wo ist Ihre Heimat?
Eckes:
Eine Zeit lang war ich heimatlos. Ich kann heute für mich sagen, dass ich meinen Platz in dieser Zwischenwelt gefunden habe. Ich bin von Deutschland und der Türkei beeinflusst. Heimat ist für mich das Land, das mir die Möglichkeit gibt, mich menschlich und beruflich zu entfalten.

Ihre neue Wahlheimat ist Wien, wo Sie eine Wohnung mit Julian Khol teilen.
Eckes:
Hier fühle ich mich total wohl und kann mich wirklich entspannen. Viele Leute hier sind mir ans Herz gewachsen.

 

© Bastei Lübbe

Persönlich. In „Guten Morgen, Abendland“ erzählt Eckes ihre deutsch-türkische Familiengeschichte. (Bastei Lübbe, 15.50 Euro).

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