Frauen an die Macht

Yes, she can: Mit oder ohne Quotenregelung

25.03.2011

Weibliche Führungskräfte sind noch immer selten. Woran liegt es?

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© Beck Lukas, Singer, Pauty
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Die Zahlen der im Februar veröffentlichten Neuauflage einer AK-Studie über Frauen in Österreichs Führungsetagen sprechen für sich: Bei mageren 4, 4 Prozent liegt der Anteil der weiblichen Vorstände in den 200 untersuchten Topunternehmen des Landes. Zum Vergleich: Nur 28 Geschäftsführerinnen stehen 609 männliche Vorstandsfunktionäre gegenüber. Und das, obwohl nachgewiesenermaßen und bedauerlicherweise weibliche Mitarbeiterinnen den Unternehmen meist günstiger kommen. Immerhin verdienen Frauen in Österreich durchschnittlich 15 Prozent weniger als Männer. Katastrophale Zustände, so die Meinung vieler Frauen, jedoch auch Männer. „Trotz heftiger öffentlicher Diskussion und vieler Versprechungen seitens der Wirtschaft hat sich an der Männerdominanz in den heimischen Führungsetagen nichts geändert. Der Frauen­anteil in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bleibt inakzeptabel niedrig“, kritisiert etwa AK-Präsident Herbert Tumpel die Misere.

Weibliche Kompetenzen
Mit Recht, denn dem Kampf um verstärkten weiblichen Einfluss in Machtpositionen liegt keineswegs der ideologische Ansatz „einer Gruppe verhärmter Emanzen“ zugrunde, sondern viel mehr Fakten, die bestätigen: Weibliche Führung kann ein ernst zunehmender Erfolgsfaktor für ein Unternehmen sein. Der deutsche Wirtschaftsjournalist Günter Ogger schreibt etwa in Gertraude Krells Buch Chancengleichheit durch Personalpolitik unter der Überschrift „Frauen an die Macht“: „Viele Frauen bringen gerade jene Eigenschaften mit, die jetzt und in den kommenden Jahren in den Entscheidungszentren der Wirtschaft benötigt werden. Also die Fähigkeit zu vernetztem Denken oder zur offenen Kommunikation mit Menschen. Auch Wesenszüge, wie ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, Kreativität und die Fähigkeit zur Teamarbeit, gehören dazu.“

Karrierehindernis
Auf dem Papier und in der Öffentlichkeit wird nicht umsonst dar­über diskutiert, wie Frauenförderung in Führungsetagen aussehen könnte. In der Praxis sieht freilich alles anders aus. Nach wie vor gelten die Unvereinbarkeit von „Kind und Karriere“ und andere längst überholte Rollenklischees als größte Barrieren.

Yes she can
Die gläserne Decke zu durchbrechen erfordert somit für Frauen noch immer einen Kraftakt. Sucht man in Österreich nach Paradebeispielen für Frauenpower, stößt man meist auf denselben Pool mächtiger Frauen. Stets ganz oben auf der Liste: Brigitte Ederer, die nach jahrelanger erfolgreicher Führung von Siemens Österreich im letzten Jahr zur Europa-Chefin des Megakonzerns avancierte. Dass die 55-jährige Topmanagerin zugunsten ihrer Karriere auf Kinder verzichtete, gibt sie offen zu: „So eine Tätigkeit ist kaum ausführbar, wenn man Kinder hat.“ Weshalb für Ederer Frauenförderung in ihrem Unternehmen, etwa mit einem Betriebskindergarten, zur Herzensangelegenheit wurde.

Quotenfrauen?
Zur einer Frauenquotenregelung äußert sich Ederer „gespalten“. Wie bei vielen wich ihrer Skepsis die Erkenntnis, dass „sie einiges bewirken kann“. Womit die Managerin in die Kerbe von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek schlägt, die sich über die jüngst erlassene Verordnung der Mindestquote von 25 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten bis 2013 naturgemäß freut: „Ein guter Anfang, aber lange noch nicht das Ende der Diskussion.“ Unterstützung hat sie übrigens nicht nur von Frauen, die noch von einer hohen Position träumen, sondern auch von jenen, die es längst nach ganz oben geschafft haben. Ursula Simacek, Chefin von 7.000 MitarbeiterInnen: „Es bleibt wohl nichts anderes über als eine Quotenregelung, die uns jedoch nichts nützt, wenn nicht auch die begleitenden Maßnahmen, wie die Kinderbetreuungssituation, optimiert werden.“

BM Gabriele Heinisch-Hosek im Talk

Deutschland wird seit einigen Jahren von Angela Merkel regiert. Wann ist Österreich bereit für eine Frau an der Spitze?
Gabriele Heinisch-Hosek:
Die Gesellschaft insgesamt wäre längst reif für Frauen an der Spitze. In der Privatwirtschaft ebenso wie in der politischen Landschaft und anderen Bereichen. Wir haben bestens ausgebildete Frauen, nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Ländern. Allerdings gibt es auch Staaten, in denen Frauen der Zugang zu Bildung verwehrt wird. Wir stellen aber den Großteil der Weltbevölkerung, und deshalb wäre es global gesehen Zeit für mehr Frauen in Führungspositionen!

Österreich wäre also bereit für eine Bundeskanzlerin. Würden Sie zur Verfügung stehen?
Heinisch-Hosek:
Ich mache meinen Job sehr gerne und bin gerne ein Teil dieses Teams. Nicht jeder Tag ist ein Zuckerschlecken, aber prinzipiell fühle ich mich wahnsinnig wohl in der Rolle der Frauenministerin und möchte für die Frauen in diesem Land noch einiges weiterbringen. Genau in der Funktion, in der ich jetzt bin.

Hinsichtlich der Frauenquote muss noch viel erreicht werden. Welche Erfolge können Sie aber schon verbuchen?
Heinisch-Hosek:
Die Bundesregierung ist vor Kurzem mit gutem Beispiel vorangegangen und hat sich eine Frauenquote für die Aufsichtsräte staats­naher Unternehmen verordnet. Frauen in Führungspositionen sind Vorbilder und Eisbrecher für alle anderen Frauen. Wir stoßen damit eine Tür weiter auf, die Frauen bisher oft versperrt war. Wir haben uns als Regierung zuerst bis ins Jahr 2013 mit 25 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten und dann bis 2018 mit 35 Prozent ganz konkrete Ziele gesetzt. Für mich ist diese Regelung ein sehr guter Anfang, aber noch lange nicht das Ende der Diskussion.

Sie haben eine Umfrage in Auftrag gegeben, in der es um die Frauenquote ging. Was ist dabei herausgekommen, und was ­haben Sie damit erreicht?
Heinisch-Hosek:
Die Umfrage hat geholfen, weil sie gezeigt hat, dass die Hälfte aller befragten Frauen zwischen 16 und 60 Jahren der Meinung ist, dass eine verpflichtende Quote ein gutes Instrument wäre, um mehr Frauen in Führungspositionen bekommen. Genau das war immer mein Ziel.

Hat Sie das überrascht?
Heinisch-Hosek:
Mich hat überrascht, dass sich mehr als die Hälfte der Frauen unter 30 Jahren für die Frauenquote ausgesprochen hat. Bisher habe ich eher die Erfahrung gemacht, dass junge Frauen denken, sie seien auf allen Ebenen gleichberechtigt. Oft wird ihnen erst später bewusst, dass sie sehr wohl mit Ungerechtigkeiten zu kämpfen haben und etwa ein Mann, der in derselben Abteilung arbeitet, für die gleiche Arbeit um 500 Euro mehr bekommt.

Frauen bringen ganz andere Fähigkeiten mit …
Heinisch-Hosek:
Ihr Konfliktlösungs- und Sozialverhalten ist meist ein ganz anderes. Männern kommt das oft abhanden, weil manche nur auf maximale Gewinnorientierung aus sind. Das Zusammenspiel beider Geschlechter in einem Führungsteam hätte vielleicht auch die Wirtschaftskrise verhindert.

Spielt da auch die Angst der Männer vor den Frauen mit?
Heinisch-Hosek:
Die Angst, verdrängt zu werden, die Angst, durchschaut zu werden, die Angst, dass Alternativlösungen, die von Frauen kommen, vielleicht die besseren Lösungen sind. Es herrschen viele Ängste, aber sobald Männer erkannt haben, dass in gemischten Führungsteams das Gesamtergebnis und die Gesamtstimmung besser sein könnten, kann sich alles ändern. Darauf müssen wir hinarbeiten.

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