Ihre Polit-Pläne

Glawischnig im Sieger-Talk

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Eva Glawischnig hat aus den Grünen eine moderne Partei gemacht, die mit Lebensthemen punktet. In MADONNA spricht sie über Polit-Pläne und ihr Familienleben.

Den Erfolg der Grünen beschreibt Eva Glawischnig so: „Wir fokussieren uns auf die Lebensthemen Bildung und leistbares Leben.“ Ein Plan, der gelingt. In Vorarlberg erreichte die Umweltpartei ein Wahl­ergebnis von 17,1 Prozent, die siebte Wahl in Folge, bei der die Grünen zulegten und somit eine gute Chance haben, demnächst an der sechsten Landesregierung beteiligt zu sein. Es wären vor allem die Frauen, die die Partei wählen, so die Bundessprecherin.
Persönlich.
Im MADONNA Interview erklärt die Mutter zweier Söhne, was sie politisch in Zukunft umsetzen will, und sie spricht über die Doppelbelastung Job und Familie. Was Eva Glawischnig zur Entspannung tut? „Ich putze.“

Wie überrascht waren Sie vom Wahlerfolg in Vorarlberg?
Eva Glawischnig:
Ich war freudigst überrascht! Ich habe mit 13, 14 Prozent gerechnet. Darüber hätte ich mich sehr gefreut. 15 Prozent wären kühnste Erwartungen gewesen, aber über 17 hat alles geschlagen. Ich war wirklich ex­trem glücklich an dem Abend.
Kommt nun die „Grüne Welle“? Das „Grüne Zeitalter“?
Glawischnig
: Es hat sich in Österreich etwas ganz fundamental geändert. Früher war die Republik aufgeteilt in Rot und Schwarz, SPÖ und ÖVP. Österreich ist sehr viel bunter und offener geworden. Oft ­habe ich mich gefragt: Was kommt nach der rot-schwarzen Regierung? Blau? Aber es ist nicht Blau, es ist Grün geworden! (lacht) Es ist in Österreich ein ganz eindeutiger Trend bei den jungen Leuten zu sehen: Die wählen zu einem sehr großen Teil nicht mehr die „alten“ Parteien, junge Männer wählen stärker noch die „Freiheitlichen“, aber junge Frauen ganz stark die Grünen.
Was hat in der Vergangenheit die Wähler von Ihrem Programm vor allem überzeugt?
Glawischnig
: Natürlich ist es unsere „saubere Weste“. Wir haben ja viel in Korrup­tionsbekämpfung investiert. Und das Zweite ist sicher die Konzentration auf Lebensthemen: Wir haben uns konzentriert auf das Bildungsthema, auf die Chancen für Frauen, auf ein leistbares, gesundes ­Leben.
Was möchten Sie, als Mutter zweier Kinder, für die nächste Generation erreichen?
Glawischnig:
Ich habe zwei große Themen in meinem Wertekompass. Das eine ist nach wie vor: Unsere Lebensgrundlagen müssen wir absichern. Das heißt, die Erde so oder besser übergeben, als wir sie übernommen haben. Und das Zweite, was ich unbedingt realisieren möchte: Ich möchte ein Bildungssystem, in dem Kinder in ihrer natürlichen Lernfreude, in ihrer Kreativität, in ihrer Begeisterung gefördert werden. Jedes Kind ist für mich ein Talent, und bei uns gehen so viele Kinder verloren, die die Kulturtechnik des Lesens nicht schaffen. Das darf nicht sein.
Warum gelingt in Österreich keine dringend notwendige Bildungsreform?
Glawischnig:
Es ist eine große, wechselseitige Blockade der beiden Parteien, die sich über viele Jahrzehnte nicht ­einigen konnten, was ideologisch richtig ist. Ich wäre ja der Meinung, man lässt die Ideo­logie und sagt, wir wollen einfach gewisse Ziele erreichen, nämlich jedes Kind maximal fördern. Daraus sollten die notwendigen Veränderungen abgeleitet werden. Auch der Kindergarten ist ein ganz wichtiger Ort, um die Kompetenzen für das Leben zu packen und die Sprache zu erlernen. Die Förderung von Kindern im Kleinkindalter ist für mich ein ganz großer Schlüsselbereich.
Nach welchen Krite­rien haben Sie Kindergarten und Schule für Ihre Söhne Sebastian (5)
und Benjamin (8) ausgesucht?
Glawischnig
: Ich wohne an der Grenze zwischen 16. und 17. Bezirk. Mir war wichtig, dass es eine öffentliche Volksschule ist, weil ich keine Debatte über „Privatschule Ja oder Nein“ wollte. Deswegen ist es eine öffentliche Volksschule im 16. Bezirk.
Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Job und Familie?
Glawischnig:
Ich habe – im Gegensatz zu vielen Müttern und Vätern, die diesen Spagat täglich zu schaffen haben – ein hohes Einkommen. Und habe in dem Sinn keine Sorgen. Aber ohne Großeltern würden wir es gar nicht schaffen. Und ich habe einen Partner, der das genauso sieht. Für den es auch wichtig ist, Familie und Job ausgewogen zu verbinden.
Wie oft haben Sie aber auch ein schlechtes Gewissen?
Glawischnig:
Doppelt und immer wieder. Nämlich auch im Job. Dann denke ich mir, puh, das habe ich jetzt gar nicht vorbereiten können, und das mache ich jetzt irgendwie aus dem Stegreif mit Routine und weiß – es könnte besser sein. Andererseits gerate ich vollkommen aus der Balance, wenn ich das Gefühl habe, ich kriege zu wenig von den Kindern. Dann bin ich auch nicht mehr arbeitsfähig. Was ganz schlecht geht, ist, wenn ich am Abend noch weg muss. Das mögen sie gar nicht!
Haben Sie auch mal Zeit für sich? Zeit, sich mal zwei Stunden aufs Sofa zu legen und zu lesen oder zu schlafen?
Glawischnig
: Das kann ich per se nicht. Ich kann nicht tagsüber schlafen. Ich bin sehr ordnungsliebend und sehr penibel. Herumräumen verschafft mir eine gewisse Entspannung. Nach heftigen ­Konfrontationen, zum Beispiel nach dem TV-Duell mit Strache, habe ich zuhause geputzt. Das entspannt mich (lacht).
Wenn Sie an die Zukunft denken: Wovor haben Sie am meisten Angst?
Glawischnig:
Ich würde es beschreiben als diese zunehmende Individualisierung. Man schaut nur mehr auf sich selbst. Eine Ego-getriebene, unsolidarische Gesellschaft. Vor der fürchte ich mich.
Wo sehen Sie sich 2024?
Glawischnig:
Woran ich immer noch denke, ich komme ja aus der Umweltbewegung, und was mich reizt, ist, so etwas wieder zu tun. Ein Freund von mir hat jetzt bei Greenpeace in China gearbeitet. Aber dafür sind die Kinder noch zu klein. Oder wir machen ein Gasthaus auf. Volker müsste dann
kochen und ich mache Musik (lacht).

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