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Die schönsten Weihnachtsgedichte

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Knecht Ruprecht

Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein blitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor.

Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Und morgen flieg' ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!"

Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat." -

"Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Essen fromme Kinder gern." -

"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten."

Christkindlein sprach: "So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!"

Von drauß vom Walde komm' ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hierinnen find'!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?

Theodor Storm

Weihnachten

Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen buntes spielzeug fromm geschmückt
Tausend Kindlein stehn und schauen, sind so wunderstill beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern! Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen, aus des Schnees Einsamkeit
Steigts wie wunderbares Singen - O du gnadenreiche Zeit!

Joseph von Eichendorff

Die Weihnachtsmaus

Die Weihnachtsmaus ist sonderbar,
sogar für die Gelehrten,
Denn einmal nur im ganzen Jahr
Entdeckt man ihre Fährten

Mit Fallen oder Rattengift
Kann man die Maus nicht fangen,
Sie ist , was diesen Punkt betrifft,
Noch nie ins Garn gegangen.

Das ganze Jahr macht diese Maus
Den Menschen keine Plage,
Doch plötzlich aus dem Loch heraus
Kriecht sie am Weihnachtstage

Zum Beispiel war vom Festgebäck,
Das Mutter gut verborgen,
Mit einem Mal das Beste weg
Am ersten Weihnachtsmorgen.

Da sagte jeder rundheraus:
Ich habe nichts genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Ein andres Mal verschwand sogar
Das Marzipan vom Peter,
Was seltsam und erstaunlich war,
Denn niemand fand es später.

Der Christian rief rundheraus:
Ich hab es nicht genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Ein drittes Mal verschwand vom Baum
An dem die Kugeln hingen,
Ein Weihnachtsmann aus Eierschaum,
Nebst andren leckren Dingen.

Die Nelly sagte rundheraus:
Ich habe nichts genommen,
Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
Die über Nacht gekommen.

Und Ernst und Hans und der Papa,
Die riefen: Welche Plage!
Die böse Maus ist wieder da,
Und just am Feiertage!

Nur Mutter sprach kein Klagewort,
Sie sagte unumwunden:
Sind erst die Süßigkeiten fort,
Ist auch die Maus verschwunden.

Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg
Sobald der Baum geleert war,
Sobald das letzte Festgebäck
Gegessen und verzehrt war.

Sagt jemand nun, bei Ihm zu Haus -
Bei Fränzchen oder Lieschen -
Da gäb’ es keine Weihnachtsmaus
Dann zweifle ich ein bisschen!

Doch sag’ ich nichts, was jemand kränkt!
Das könnte Euch so passen!
Was man von Weihnachtsmäusen denkt,
Bleibt jedem überlassen!

James Krüss

Lied im Advent

 

Immer ein Lichtlein mehr 
im Kranz, den wir gewunden, 
dass er leuchte uns so sehr 
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier! 
Rund um den Kranz welch ein Schimmer, 
und so leuchten auch wir, 
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt 
langsam der Weihnacht entgegen. 
Und der in Händen sie hält, 
weiß um den Segen!

Hermann Claudius

Dezember

Das Jahr ward alt. Hat dünnes Haar. 
Ist gar nicht sehr gesund. 
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr. 
Kennt gar die letzte Stund. 
Ist viel geschehn. Ward viel versäumt. 
Ruht beides unterm Schnee. 
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt. 
Und Wehmut tut halt weh. 
Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin. 
Nichts bleibt. Und nichts vergeht. 
Ist alles Wahn. Hat alles Sinn. 
Nützt nichts, dass man's versteht. 
Und wieder stapft der Nikolaus 
durch jeden Kindertraum. 
Und wieder blüht in jedem Haus 
der goldengrüne Baum. 
Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt, 
wie hold Christbäume blühn. 
Hast nun den Weihnachtsmann gespielt 
und glaubst nicht mehr an ihn. 
Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag. 
Dann dröhnt das Erz und spricht: 
"Das Jahr kennt seinen letzten Tag, 
und du kennst deinen nicht."

Erich Kästner

 

Christkind im Walde

Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil'ge Kind erschien,
fing's an, im Winterwald zu blühn.

Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt ihn aus dem Wintertraum.
"Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!"

Der Apfelbaum, er rüttelt sich,
der Apfelbaum, er schüttelt sich.
Da regnet's Äpfel ringsumher;
Christkindlein's Taschen wurden schwer.

Die süßen Früchte alle nahm's,
und so zu den Menschen kam's.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert.

Ernst von WIldenbruch

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