Walzer trotz Krise?

Moralfalle Opernball

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Die angespannte Wirtschaftslage spaltet die Society am Ball der Bälle in zwei Lager: Lesen Sie hier, wer kommt. Und wer nicht.

(c) Unger, NiesnerDie Karten sind längst schon verkauft, die Logen seit Monaten reserviert. Die umfangreichen Vorbereitungen für den traditionsreichen Ball streben ihrem Höhepunkt zu, und eigentlich läuft alles mehr oder weniger – mit kriegsbedingten Unterbrechungen – so ab, wie schon seit dem Jahr 1877. Auf dem begehrtesten Ball der Welt wird der Andrang auch dieses Jahr wieder enorm sein.

5.500 Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur besuchen den feudalen Event und wiegen sich am 19. Februar im Dreivierteltakt, während die Auswirkungen der Finanzkrise für immer mehr Menschen spürbar sind. Ob es sich angesichts der Weltwirtschaftskrise geziemt, im exklusiven Ambiente des Opernballs zu feiern, wird in der Wiener Gesellschaft derzeit heftig diskutiert.

Werner und Martina Faymann. Für den Bundeskanzler und viele hochrangige Politiker, allen voran Bundespräsident Heinz Fischer und Gattin Margit, ist der Besuch des Balls heuer Pflicht.
(c) Lisi Niesner
Wir kommen SICHER
Brigitte Ederer
Die Siemens-Chefin nimmt „selbstbewusst und zuversichtlich die kommenden wirtschaftlichen Herausforderungen an“. In diesem Sinne sei auch der Opernball zu verstehen.

Ewald Novotny
Als Gouverneur der Österreichischen Nationalbank besucht er den Ball vor allem, „um in einem schönen Rahmen wichtige Gespräche zu führen“.

Ludwig Scharinger
Der Bankmanager wird nicht tanzen, sondern vielmehr „in dieser angenehmen Atmosphäre über Geschäfte verhandeln. Es ist ein Arbeitsabend.“

Frank Stronach
Falls der Magna-Boss nicht unerwartet im Ausland weilt, wird er wie ­gewohnt in der Magna-Loge Hof halten.

Richard Lugner
Der heimliche Ballkönig hat zwar noch keine Freundin als Begleiterin, aber zumindest irgendeinen Stargast aufzubieten.

Martina und Werner Fasslabend.
„Wir sind Stammgäste und sorgen auch heuer wieder mit unserem Erscheinen für Belebung der Wirtschaft“, so das Paar unisono.

Hanno und Irmgard Soravia
Das Top-Unternehmerpaar besucht den Opernball, „weil es eine Veranstaltung im Sinne der Wirtschaft ist. Wir laden deshalb auch ­Wirtschaftsgäste aus dem Ausland ein.“

Wir kommen VIELLEICHT
Konstantiin Klien
Der Uniqua-Chef hat bisher noch keine Entscheidung getroffen.

Alexander Wrabetz
Es ist noch offen, ob der ORF-General heuer dabei sein wird.

Rudolf Hundstorfer
Der Sozialminister hat sich noch nicht entschieden. Er wird „wohl eher auf Bälle gehen, die im Bereich meiner Tätigkeit liegen“.

Thomas Schäfer-Elmayer
Als ausgebooteter Tanzschulenchef weiß er noch nicht, ob er kommt. Der ORF hätte ihn gern „in irgendeiner Form“ dabei. Schäfer-Elmayer: „Interessieren würde es mich schon.“

Christina Lugner
„Ich bin sehr beschäftigt, weil ich permanent Dreharbeiten habe“, erklärt Ex-Mausi. Doch die RTL-Dschungelshow läuft nur bis 24. Januar.

Susanne Riess-Passer. Die Wüstenrot-Chefin und Ex-Vizekanzlerin setzt ein deutliches Zeichen und bleibt im heurigen Krisenjahr mit Ehemann Michael dem Society-Event des Jahres fern. (c) Roland UngerWir kommen NICHT
Walter Rothensteiner
Der RZB-Chef hat schon definitiv abgesagt. „Wir sponsern zwar die Oper, und da ist auch eine Loge dabei, aber ich gehe heuer trotzdem nicht.“

Boris Nemsic
Der Telekom-Chef – seit Jahren ein gern gesehener und emsiger Ballgänger – bleibt dem Society-Spektakel 2009 fern.

Susanne Riess-Passer
Die Wüstenrot-Chefin setzt ein Zeichen und kommt definitiv nicht.
Peter Klugar. Der ÖBB-Chef hat den Opernball noch nie besucht und wird das im aktuellen Krisenjahr auch nicht tun.

Herbert Prohaska
Die Fußball-Legende hat den Ball auf Wunsch seiner Töchter bisher zweimal besucht, „aber diesmal gehe ich sicher nicht hin. Da ist es mir zu unruhig.“

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Siemens-Chefin kommt
Ungeachtet der prekären wirtschaftlichen Situation – und aktuell der Entlassung von 150 Mitarbeitern – wird etwa auch heuer wieder die mächtige Siemens-Chefin Brigitte Ederer auf dem teuersten Ball der Republik das Tanzbein schwingen. „Unsere Firma hat tradi­tionellerweise eine Loge, und selbstverständlich werde ich auch heuer den Ball wieder ­besuchen“, so die Österreich-Chefin des krisengebeutelten Konzerns. Und, kämpferisch: „Siemens nimmt selbstbewusst und zuversichtlich die kommenden wirtschaftlichen Herausforderungen an.“

Wenig Gedanken um die zwiespältige Optik macht sich auch Nationalbank-Gouverneur Ewald Novotny. Er wird den finnischen und den ungarischen Notenbankchef und deren Gattinnen in seiner Loge begrüßen und „im gesellschaftlichen Rahmen wichtige Gespräche führen“. Meetings, die sich zwar auch in etwas weniger noblem und etwas kostengünstigerem Ambiente organisieren ließen. Aber: „Der Opernball ist auch in Krisenzeiten eine wichtige Informationsplattform.“

In der Loge des Raiffeisen-Konzerns wird nebst Boss Christian Konrad auch der mächtige Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Ludwig Scharinger Platz nehmen. „Nachdem uns seit vielen Jahren eine enge Kooperation verbindet, ist der Opernball für uns eine traditionelle Veranstaltung, bei der es nicht so sehr ums Tanzen geht, sondern um die Zusammenarbeit.“ Keineswegs zum Tanzen, sondern zum Arbeiten, reist also Scharinger von der Kulturhauptstadt Linz nach Wien. „Es ist ein Arbeitsabend, kein Tanzvergnügen. Man trifft Kunden in angenehmer Atmosphäre.“

Eindeutige Botschaft
Eine eindeutige Absage an die gehobene Walzerseligkeit hat indes Opernball-Stammgast, Telekom-Boss Boris Nemsic, erteilt. „Das Unternehmen wird am Opernball 2009 nicht vertreten sein. Wir verzichten“, so seine Sprecherin, „bewusst darauf, da wir mit unseren Ressourcen andere Initiativen unterstützen und andere Schwerpunkte setzen.“ Für den Konzernchef gäbe es derzeit wichtigere Aufgaben, als auf einem Ball zu tanzen.

Auch Wüstenrot-Direktorin Susanne Riess-Passer bleibt dem berühmtesten aller Bälle fern. „Ich werde den Opernball heuer definitiv nicht besuchen.“ ÖBB-Chef Peter Klugar „geht sowieso nie zum Opernball und wird auch heuer nicht kommen“. Ob sein glückloser Vorgänger Martin Huber das Tanzbein schwingen wird, ist noch nicht klar: Man glaube aber eher nicht, dass Huber den Ball besuchen werde, so sein Sekretariat.

Horrende Kosten
Angesichts der horrenden Preise des Edel-Events eine durchaus klare Geste: Alleine die Eintrittskarte schlägt mit 230 Euro zu Buche. Wer etwas auf sich hält, empfängt in einer Loge und hat für die Einzelloge schon 9.500 Euro und für die Rang- und Bühnenlogen gar 17.000 Euro hingeblättert. Für Donatoren kann der Logenpreis gar bis zu 37.000 Euro ausmachen. Damit hat die tanzwütige Elite jedoch erst mal den Eintritt berappt.

Gäste aus dem Ausland müssen standesgemäß untergebracht werden, vor dem Ball der Bälle trifft man sich dann traditionell in einem der Nobelrestaurants (von Do & Co bis Sacher), von wo aus man sich im Idealfall von einem Chauffeur zur Staatsoper kutschieren lässt. Hat man das Opernhaus erst einmal betreten, geht das Geldausgeben weiter: Eine Flasche Champagner kostet 250 Euro, ein Paar Würstel zehn Euro.

Insgesamt beläuft sich ein Opernball-Abend für den Logen-Gastgeber auf im günstigsten Fall 25.000, im großzügigen Fall gerne 60.000 Euro.

Keine Unsummen bei Managerlöhnen, die 48-mal höher sind als ein normales Durchschnittsgehalt.
(Karin Tomka)

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Operndirektor-Gattin Angelika Holender im Talk

,Würde nie 230 Euro für eine Opernballkarte ausgeben!‘


Angelika Holender im Talk. (c) KernmayerDass sie den Ball jedes Jahr besucht, ist für Angelika Holender – Frau des Opernchefs Ioan – eher Pflichterfüllung statt Spaß. „Mein Mann besorgt mir eine günstige Regiekarte, und solange er noch an der Staatsoper ist, begleite ich ihn als Ehefrau auf den Opernball“, erklärt die studierte Lehrerin im MADONNA-Interview.

Freude bereite ihr das weniger, „und auch mein Mann geht ja nicht gern hin.“ Auch die Preise für Loge, Getränke und Eintritt findet Angelika Holender (48), gerade in Zeiten der wirtschaftlichen Krise, extrem hoch. „Ich würde nie 230 Euro für eine Karte ausgeben“, verrät die Mutter zweier Kinder und sie erklärt, warum der Ball der Bälle 2009 eine hinterfragungswürdige Veranstaltung ist, „der Neuerungen gut täten“.

Frau Holender, was sagen Sie dazu, wenn Konzerne viele tausend Euro für den Opernball 2009 ausgeben, aber auf der anderen Seite Mitarbeiter entlassen müssen?
Angelika Holender:
Das eröffnet eine moralische Diskussion, die ich sehr richtig finde. Denn es macht eine schiefe Optik, wenn Unternehmer ihre Mitarbeiter kündigen und dann beim Opernball selbst in einer teuren ­Loge sitzen.

Dass sich dieses Jahr vor allem einige Bankdirektoren nicht am Ball zeigen werden, finde ich nur korrekt. Der Opernball ist und bleibt zwar ein Wirtschaftsball, aber in diesen schweren Zeiten muss man umdenken. Nur der Herr Treichl muss gehen – denn seine Frau, die Ballmutter, besteht drauf (lacht).

Andere Konzernbosse, wie beispielsweise Siemens Chefin Brigitte Ederer, lassen den Ball 2009 nicht aus, obwohl das Unternehmen kriselt.
Holender:
Es wird der Wirtschaft natürlich nicht helfen, ob Frau Ederer geht oder nicht. Aber fragwürdig finde ich das schon. Es erzeugt doch ein komisches Bild.

Auch Ihr Mann hat – mit seinem Wunsch, Alfons Haider als Opernball-Moderator durch Dominic Heinzl zu ersetzen – wieder für viele Schlagzeilen gesorgt.
Holender:
Wissen Sie, er hat ja per Vertrag mit dem ORF das Recht dazu. Ich fand seinen Vorschlag auch gerechtfertigt und sehr gut. Denn warum sollte der Opernball nicht auch mal ­erneuert werden? Dominic Heinzl würde eine freche, witzige Note reinbringen. Das hätte mir sehr gut gefallen, denn die Interviews von Alfons Haider sind immer so fad. Er ist zu wenig schlagfertig und auch nicht frech genug. Es geht nur darum, die Fernsehzuschauer fünf Stunden lang gut zu unterhalten. Fünf Stunden im Jahr – mehr ist der Opernball nicht.

Wenn Ihr Mann 2010 in Pension geht, ist es dann auch für Sie der letzte Ball?
Holender:
Ja. Unser Sohn Livio soll nächstes Jahr als Debütant den Opernball eröffnen. Und das ist doch ein sehr schöner Abschluss.
(Alexandra Stroh)

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