Die Sängerin über Flucht und Hoffnung

ESC-Star Jamala im MADONNA-Talk

Teilen

2016 gewann Jamala für die Ukraine den ESC – nun musste sie ihre Heimat wegen des Kriegs zurücklassen.

Mit ihrem Song „1944“ sang Jamala beim Song-Contest-Triumph über die Deportierung der Krimtataren, eine ursprünglich auf der Halbinsel Krim lebende turksprachige Ethnie – und bewegte damit ganz Europa. Die Sängerin erhebt auch weiterhin ihre Stimme für Frieden und für das Unrecht, das ihrer Heimat Ukraine widerfahren ist. Nun musste die 38-Jährige mit ihren beiden Söhnen flüchten: „Gestern Abend habe ich bei Bombenlärm in 15 Minuten alles zusammengerafft und mit den Kindern auf dem Arm die Wohnung verlassen“, beschrieb sie ihre viertägige Flucht in die Türkei – gerade deswegen will sie weiterhin auf das Schicksal ihrer Mitbürger:innen in der Ukraine aufmerksam machen. So trat sie etwa beim deutschen ESC-Vorentscheid oder bei der Song-Contest-Party in Barcelona auf.

ESC-Star Jamala im MADONNA-Talk
© Instagram
× ESC-Star Jamala im MADONNA-Talk

Jamala ließ die Welt an ihrer viertägigen Flucht in die Türkei teil­haben, mit dabei: ihre beiden Söhne.

Ihr Lied „1944“ ist ein sehr persönliches

Jamala wurde als Sussana Dschamaladinowa in Kirgistan geboren und wuchs u. a. auf der ukrainischen Halbinsel Krim auf. Ihr Vater ist Krimtatare (und wie sie Muslim), während ihre Mutter Armenierin ist. Ihr Lied „1944“ ist ein sehr persönliches: In diesem Jahr wurden ihre Vorfahren väterlicherseits auf Befehl von Josef Stalin von der Krim nach Zentralasien deportiert. Wie aktuell dieser Song auch in der Gegenwart ist, warum sie um ihre Familie bangt und warum sie nicht verstummen will: MADONNA traf die Sängerin zum Interview, die kurz davor noch eine Schreckensnachricht erfahren hatte.

Jamala, wie geht es Ihnen?

Jamala: Nicht gut. Ich habe gerade erfahren, dass in Lwiw weitere Bomben explodiert sind. Dort habe ich Freund:innen. Ich habe auch schon mit meinem Mann telefoniert und ihn gefragt, ob bei ihm alles okay ist.

Was wünschen Sie sich, was hoffen Sie?

Jamala: Mein Gewinnerlied „1944“ ist heutzutage noch aktueller und lebendiger, als ich ihn 2016 performt habe: Es ist die Geschichte meiner Urgroßeltern, die von Stalin deportiert wurden. Ich singe den Song nicht nur, ich bin der Song. Ich wünsche mir, dass die Ukraine wieder in Frieden leben kann. Mein Leben und das von Millionen anderen hat sich in den letzten Wochen drastisch verändert. Ich hatte Träume und Hoffnungen – die sind alle ruiniert.

Sie singen weiterhin für die Ukraine …

Jamala: Der Angriff auf die Ukraine ist ein Angriff Russlands auf Europas westliche Werte. Sanktionen sind gut, aber wir haben keine Zeit. Wir müssen jetzt sofort handeln – ich rufe euch alle auf, etwas zu tun! Und wenn ich meinem Land helfen kann, indem ich singe, werde ich das tun, solange es nötig ist.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.