Theaterdonner

''Es ist doch alles Lüge''

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Gnadenloser Seelen-Strip. Alt, arm und ausgebrannt: Publikumsliebling Dolores Schmidinger (61) rechnet voll „Heißhunger“ mit ihrer Branche ab.

Sie ist „nicht wirklich“ gut drauf. Die Narbe ist noch zu frisch – denn: Pünktlich zum ersten Jahrestag ging die Liebe zu Peter Paul Skrepek (52) zu Bruch. Dolores Schmidinger (61) über ihren verklungenen Musiker: „Ich habe ihn zu wenig angehimmelt.“ Wenn es stimmt, dass eine kluge Frau bei Zeiten lernt, ihren Mann ohne Grund zu bewundern, dann „war ich – in dieser Beziehung – alles andere als klug.“ Dolly, die nach „drei bis vier Ehen“ (zwei große Töchter) und einer „Karriere“ als Bulimikerin die Achterbahn des Lebens als ihre Hausstrecke betrachtet, kommt nicht zur Trauerarbeit: Sie steckt im Probenstress für „Heißhunger“, einer bitterbösen Abrechnung mit dem TV-Business. Ab 4. 3. im Rabenhof-Theater. Aus der Schmidinger wird Susi Sommer, eine abgehalfterte Schauspielerin, die sich, völlig mittellos, durch eine demütigende Reality-Soap peitschen lässt. Ihr Partner als zynischer Produzent ist ÖSTERREICH-Kolumnist Dieter Chmelar (50), Ex-Fernsehprofi (Willkommen Österreich, Vera), aber Bühnen-Neuling. Als echte Vorpremiere für MADONNA: das Interview zum Aufreger – in Originalbesetzung. Fragen: Chmelar, Antworten: Schmidinger.

Wie viel Dolly steckt in dieser Rolle der gedemütigten Diva? Alkohol, Bulimie, Tabletten ...

Schmidinger:
In jede Rolle legt man auch etwas von sich selber rein. Mal mehr, mal weniger. Die Autoren kennen mich und kennen diese Branche. Parallelen sind unausweichlich. Das gilt übrigens auch für deinen Part als skrupelloser TV-Fuzzi ...

In „Heißhunger“ quäle ich dich zum totalen Seelen-Strip, aber auch zur Abrechnung mit Kolleginnen, die sich alle „niemals“ operieren ließen.

Schmidinger:
Das ist diese „Oil of Olaz“-Liga, deren Faltenlosigkeit auf viel Bewegung an der frischen Luft beruht, an jeder Menge Obst und an positiven Gedanken. Diese Panik, kosmetische Korrekturen zuzugeben, ist ja symptomatisch für die Doppelbödigkeit. Es ist doch alles Lüge.

Die Susi Sommer im Stück wird als Teenager missbraucht. Wie ging es dir als junges Mädel?

Schmidinger:
Sag ma mal so: Ich hatte es, von Haus aus, net lustig. Ich war zwar ein Kind, das nicht gehungert und nicht gefroren hat, aber ich war voll von Ängsten. Meine Kompensation damals: fressen.

Die bubenhaft schlanke Dolly war ein dickes Kind?

Schmidinger:
Und wie! Ich hab nur davon geträumt: Weg aus dieser „Gefangenschaft“, hinein ins Leben. Selbst über mich entscheiden.

Da war die Showbranche aber grad das Richtige ... Wie bist du draufgekommen, dass du spielen willst, spielen musst?

Schmidinger:
In der Klosterschule. Da hab ich zum ersten Mal gemerkt: Wenn du lustig bist und die anderen zum Lachen bringst, kannst du dich in der Gruppe behaupten, kannst dich durchsetzen und – sicher das Wichtigste: Da glaubst du, dass man dich liebt. Das Lachen ist ein großer Verführer.

Du hast in der Selbstdiagnose, nämlich im Bulimie-Bestseller „Raus hier“, den Mangel an Liebe als Wurzel all deiner Lebenskatastrophen bezeichnet. Wie schlimm war’s wirklich?

Schmidinger:
Sehr schlimm und sehr schmerzhaft. Als junge Schauspielerin war ich jeden Abend ang’soffen. Das war damals so üblich. Bei mir hat’s lang gedauert, bis ich endlich davon weggekommen bin. Seit 18 Jahren bin ich trocken.

Warum sind eigentlich alle deine Ehen gescheitert?

Schmidinger:
Manche sind ja wenigstens glücklich gescheitert ... Aber es war, bis auf eine, die ich heute gar nimmer mitzähle, immer was Ernstes. Leider zu Zeiten, in denen man über Beziehungen noch nicht so viel geredet hat.

Es gibt Leute, die allen Ernstes sagen, dass du mit der Korrektur deines Gesichts, quasi deine Fans betrogen hast.

Schmidinger:
Lass mich einmal etwas festhalten: Ich habe diese Gesellschaft ja bitte nicht erfunden. Auch nicht diese oft kranken Mechanismen. Ich bin in einem G’schäft, in dem niemand Omas spielen will. Also muss ich die Gesetze, die andere aufgestellt haben – für immer und ewig jung zu sein – bedienen. So lang’s halt geht.

Wie weit würdest du gehen für deinen Beruf und deine Eitelkeit? Bis ins Dschungelcamp?

Schmidinger:
Unter keinen Umständen. Weißt, dafür liebe ich die Natur viel zu sehr.
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