Bissige Autobiografie von Rupert Everett

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Er erzählt mit bissigem Humor von dem exzentrischen Lebenswandel im Showgeschäft.

Sharon Stone glaube sich beim Dreh von fremden Seelen besessen, Julia Roberts lebe weltfremd in einem goldenen Käfig, und Madonna signalisiere auch in aller Öffentlichkeit ihrem Liebhaber mit eindeutigen Gesten, dass ihr gerade nach etwas anderem als Sprechen zumute sei. Der teils amüsante, teils in seinen drastischen Schilderungen von vereinsamten oder sterbenden Menschen erschütternde Text ist auch als Hörbuch erschienen.

Eitelkeit ist Everett nicht vorzuwerfen. Seine Leistung vor der Kamera beschreibt er mal als hölzern und durchschnittlich, mal sieht er sich in der Rolle als fehlbesetzt. Überaus hart geht der Film-Beau mit sich ins Gericht. Am Set von "Dance With A Stranger" (1985) etwa habe er sich "wie ein echtes Arschloch" benommen. Zartes Eigenlob, zumeist über seine Bühnen-Auftritte, wird von beißender Selbstkritik an missratenen Filmen mit ihm überlagert. "Das Scheitern interessiert die Menschen nun einmal mehr als deine Erfolge", sagt Everett im Interview mit der dpa.

1984 sorgte er mit dem Schwulen-Drama "Another Country" für Aufsehen, 1997 hatte er dann seinen Hollywood-Durchbruch. In "Die Hochzeit meines besten Freundes" spielte er einen homosexuellen Freund von Julia Roberts. Da hatte sich Everett nach heterosexuellen Beziehungen mit Filmstars wie Béatrice Dalle längst als Homosexueller geoutet. Das habe ihm eine wahre Hollywood-Karriere verbaut, sagt Everett im Interview. "Ich komme zurecht, aber wirklich erfolgreich war ich in Hollywood nicht." Denn letztlich sei die Filmbranche konservatives Terrain, die meisten Filmproduzenten wollten bekennende Schwule bestenfalls für Nebenrollen besetzen.

Everett kommt aus der englischen Oberschicht, verbrachte seine Schulzeit auf katholischen Internaten und flüchtete schließlich als 16-Jähriger nach London zum Schauspielunterricht. Doch ob Internat oder Schauspielschule, der Jugendliche eckte an. "Beiden Institutionen haftete der üble Geruch von Traditionsgehabe, Machthunger und obsessivem Klassenbewusstsein an", heißt es im Buch. Seine Aufmüpfigkeit ist wohl auch mit gewissem Drang zum Hedonismus zu erklären. Das Leben zu genießen, ist Everetts oberste Maxime, wie seine Geschichten von Sex, Drogen und Rock'n'Roll verraten.

Lakonisch erzählt Everett von seiner Zusammenarbeit mit Stars wie Bob Dylan. Der habe 1986 beim Dreh des Musikfilms "Hearts of Fire" - ein Flop und für Everetts Karriere "eine totale Bruchlandung" - auch kürzeste Textzeilen vergessen. "Er ging jedes Mal baden, soff ab im unermesslichen Ozean einer einzigen Textzeile. Dieser geniale Mensch, einer der letzten amerikanischen Heroen, wurde im gleißenden Scheinwerferlicht zu einem bemitleidenswerten Häufchen Elend, wenn er versuchte, sich auf das dümmliche Gebrabbel zu konzentrieren."

Solche Abschnitte verdeutlichen das sprachliche Potenzial, das Everett als Schriftsteller besitzt. Er reißt der Glamourwelt Hollywood ihre glitzernde Maske ab und erzählt von den menschlichen Dramen dahinter. Wie ein roter Faden zieht sich zudem der Tod durch das Buch - Menschen, die an Aids sterben oder an Einsamkeit zugrunde gehen. Derzeit sitzt Everett an einem Filmprojekt über die letzten, trostlosen Tage von Oscar Wilde und an einem zweiten Buch über sein eigenes Leben. In dem nächsten Buch allerdings werde es mehr um Orte und Personenporträts gehen als um ihn selbst, sagt er. Damit nimmt er sich selbst aus der Schusslinie an ätzender Selbstkritik.

INFO: Rupert Everett - "Rote Teppiche und andere Bananenschalen", Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin, 490 Seiten, Euro 18,95

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