NEOS-Chefin im MADONNA-Talk

Beate Meinl-Reisinger über den Krieg in der Ukraine

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Die NEOS-Chefin begleitete eine Hilfsgüterlieferung.

Um sich ein Bild von Notlage an den ukrainischen Grenzen zu machen, begleitete NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger eine Hilfsgüterlieferung.  Die schockierenden Eindrücke sitzen sichtlich tief. Im oe24.TV-Interview mit Isabelle Daniel berichtet NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger (42), selbst dreifache Mutter, von den Bildern, die sie nie vergessen wird.
 
Frau Meinl-Reisinger, Sie waren mit einem Hilfstransport an der ukrainischen Grenze. Wie waren denn Ihre Eindrücke?

Beate Meinl-Reisinger: Ja, Mitarbeiter:innen von uns haben letzte Woche einen Hilfstransport organisiert – einen LKW mit einem Anhänger, es ist viel zusammengekommen – und wir haben all das an die Ukrainische Grenze bringen wollen. Wir waren in Kontakt mit zwei Abgeordneten aus der Ukraine und natürlich Vertretern des Außenministeriums. Aufgrund von Verwirrungen ist es dazu gekommen, dass wir auch in die Ukraine hineingefahren sind – in der Gegend Uschhorod sind wir von der Slowakei hineingefahren und bei der ungarischen Grenze dann wieder hinaus. Die Eindrücke waren... (es stockt ihr der Atem) enorm... viel... Bei Uschhorod kommen die Menschen in kilometerlangen Menschenströmen zu Fuß über die Grenze, die Ströme der Vertriebenen, wie sie genannt werden, werden so gelenkt, dass der eine Teil, der mit Autos unterwegs ist, an die ungarische Grenze geführt wird. Der andere Teil, der zu Fuß geht, in die Slowakei. Das sind viele, viele, viele, viele Frauen mit so vielen Kindern, so vielen kleinen Kindern, aber auch ältere Frauen. Ich habe ältere Frauen im Rollstuhl gesehen, ich habe junge Frauen, Studentinnen, gesehen, die gewirkt haben als wären sie gerade aus dem Hörsaal gekommen, mit einem kleinen Rucksack. Kinder mit ihrem Kindergartenrucksack, die Frauen ohne Koffer – da und dort sieht man noch Tragen, in denen Hautiere sitzen. So kommen die Menschen über die Grenze geflohen.

Sie waren durch einen Irrtum auf Ukrainischem Gebiet. Wie durchlässig ist die Grenze dort und haben Sie dort auch Schüsse mitbekommen?

Meinl-Reisinger: Nein, man ist dort ja noch recht weit entfernt von den Orten, wo Kriegshandlungen stattfinden. Was uns allerdings schon berichtet wurde ist, dass dort sehr wohl auch schon Aufklärungsdrohnenflüge von russischer Seite stattfinden sollen. Die große Sorge ist nun, dass man versucht herauszufinden, wo die Logistikzentren für Hilfsgüter stationiert sind...

Sie haben beschrieben, dass sehr viele Frauen und Kinder auf der Flucht sind. WIe traumatisiert wirken diese Frauen? Und wie wird ihnen geholfen?

Meinl-Reisinger: Das scheint sehr gut organisiert zu sein – soweit es geht. Die große Frage, die sich gerade in der Ukraine stellt, ist: gibt es noch genügend humanitäre Korridore, sodass die Menschen aus Charkiw, Kiew oder Mariupol herauskommen. Bei diesen Menschen kann es sich eiegntlich nur um Frauen und Kinder handeln, weil alle Männer im wehrfähigen Alter das Land garnicht mehr verlassen dürfen. Ich konnte mit Freiwilligen sprechen, die geholfen haben, LKWs abzufertigen und die Hilfsgüter aufzuteilen. Das ist sehr gut organisiert. Auch auf der anderen Seite der Grenze, wo in Polen, in Ungarn und in der Slowakei von Hilfsorganisationen essen verteilt wird etc. Wenn Sie fragen, wie traumatisiert die Menschen sind: Ich habe mit einigen gesprochen und wirklich berührende Bilder gesehen. Da liegen sich Menschen weinend in den Armen...

Die Ukraine berichtet davon, dass die Korridore immer wieder beschossen werden. Sie haben ja auch mit Politiker:innen und Hilfsorganisator:innen gesprochen, die dankbar für die Hilfsgüter von Seiten Österreich sind. Hat man Ihnen aufgrund der steigenden Verzweiflung auch Wünsche oder Forderungen bezüglich einer Hilfe in Sachen Verteidigung übermittelt?
 
Meinl-Reisinger: Ja, selbstverständlich. So selbstbewusst und stark die Ukrainer auch auftreten – das ist ja wirklich beachtenswert, welchen Widerstand die Menschen dort leisten –, so klare Forderungen haben sie natürlich auch an Europa und an die Nato. Da ist zu allererst die Bitte, dass weiterhin Helme, Schutzwesten, Knieschützer etc. in die Ukraine kommen zum Schutz der Zivilist:innen. Und dann gibt es die Forderung nach einer Flugsverbotszone, die sehr schwer umzusetzen ist und der die Nato einen Abgsage erteilt hat, weil dies einen militärischen Eingriff in diesen Krieg bedeuten würde. Und das will gottseidank zum jetztigen Zeitpunkt niemand.

Was empfehlen Sie der österreichischen Bundesregierung – was kann Österreich noch tun bzw. was sollte es tun?

Meinl-Reisinger: Zum einen soll ich von den Vertretern vorort allen Österreicher:innen Dank für die tatkräftige Unterstützung ausrichten. Und man kann nur bitten, weiterhin aktiv zu bleiben, in Form von Hilfsgütern und Spenden. Hier denke ich kann auch die österreichische Bundesregierung noch sehr viel machen. Was ich aber auch im Parlament gesagt habe: wir haben in Europa geschlossen wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland beschlossen. Und ja, da gibt es auch noch die Möglichkeit nachzuschärfen. Und sollte Europa wirklich bereit sein, noch schärferer Saktionen zu verhängen, so weiß ich nicht genau, worauf man noch wartet.

US-Präsident Joe Biden will ein Importverbot für russisches Öl verhängen. Europa hat sich bislang dagegen gesträubt, weil Staaten sehr abhängig von russischem Gas sind – was sollte man diesbzeüglich Ihrer Meinung nach tun? 


Meinl-Reisinger: Österreich hat sich leider – und dafür sollte man auch die Verantwortlichkeiten klären – ganz besonders in die Abghängigkeit von russichem Gas begeben – das weiß Wladimir Putin natürlich auch. Meines Erachtens ist recht klar, dass es entweder dazu kommen wird, dass Putin selbst den Gashahn abhängt als Sanktion oder aber Europa irgendwann beschließt, zumindest die Gasimporte zu drosseln. Das heißt aber ganz besonders für die österreichische Bundesregierung, dass wir dringend einen Plan brauchen. Wir müssen wissen, was es bedeutet, wenn uns das Gas plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht. Jetzt kommt zwar der Frühling, aber Sanktionen sind nur dann sinnvoll, wenn man sie auch lange durchhält. Eines ist schon klar: es geht hier nicht nur um die Ukraine, sondern um unsere gesamten europäischen Werte von Freiheit, Frieden und Demokratie. Das alles wird gerade zerbombt in der Ukraine – Europa sollte sich sehr gut überlegen, wie lange Sanktionen durchzuhalten sind.
 

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