Society-Interview

Barbara Schett: 'Ich bin, was ich bin'

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Als Österreichs bestplatzierte Tennisspielerin aller Zeiten schrieb Barbara Schett Sportgeschichte - jetzt schrieb sie ihre Memoiren über Höhen, Tiefen, Sexismus und Liebe im für sie immer noch besten Sport der Welt.

„Du bisch a Tiroler, i bin a Tirolerin, des passt gonz guat", mit diesen Worten machte Barbara Schett Verleger und Sportjournalist Egon Theiner zum Co-Autor ihrer Autobiografie, von der sie niemals gedacht hätte, dass sie diese schon jetzt - im Alter von nur 46 Jahren - schreiben würde.
"Zunächst habe ich abgelehnt - das mache ich dann mit 80, habe ich gesagt", lacht Österreichs einstiges Tennis-Ass und Weltranglistensiebente im MADONNA-Gespräch. Wir erreichen sie per Telefon - in Australien. Dort, wo die gebürtige Tirolerin seit vielen Jahren mit ihrem Ehemann, dem ehemaligen Tennisprofi Joshua Eagle, und Sohn Noah (13) lebt. Wenn sie nicht gerade als Moderatorin für Eurosport, ServusTV und BBC wie einst als Spielerin durch die Welt jettet und dem Publikum den "besten Sport", wie sie ihn nennt, näherbringt. Eine Karriere, auf die sie fast noch stolzer ist als auf jene auf dem Tenniscourt, wo sie gegen Größen wie Steffi Graf, Venus und Serena Williams antrat, fulminante Siege und schmerzliche Niederlagen erlebte, bis sie sich 2005 schließlich für den Rücktritt entschied.
Das Interview über Barbara Schetts Weg - und ihr Statement "Ich bin, was ich bin":

Sie haben mit erst 46 Jahren Ihre Memoiren verfasst - haben Sie im Zuge der Arbeit für das Buch etwas Neues über sich selbst gelernt?

BARBARA SCHETT: Ja, ich glaube, es ist wirklich wichtig, irgendwann einmal im Leben zu reflektieren. Aber wer tut das schon in der Mitte seines Lebens? So gesehen, war das jetzt der perfekte Zeitpunkt für das Buch. Es war ein bisschen so, wie wenn man Schubladen der Erinnerungen aufmacht und plötzlich erkennt, warum man manches auf gewisse Weise getan hat, das man jetzt vielleicht anders machen würde.

Was würden Sie heute anders machen?

SCHETT: Das sind oft nur Kleinigkeiten - vielleicht was eine gewisse Trainerwahl betrifft oder dass ich vielleicht gegen Ende meiner Karriere noch einmal mit jemandem anderen hätte arbeiten müssen, der mich eventuell verstärkt motivieren hätte können. Andererseits denke ich, dass all die Dinge, die mir widerfahren sind, mich zu dem gemacht haben, was ich jetzt bin. Und ich bin eigentlich ein sehr zufriedener Mensch. Vielleicht hätte ich aus heutiger Sicht mehr Sprachen lernen sollen - das ist das Einzige, das ich ein bisschen bereue, dass ich die vielen Reisen nicht dafür genutzt habe.

Sie beginnen Ihr Buch mit Ihrem Karriereende 2005 - hat sich seither Ihre Persönlichkeit verändert?

SCHETT: Ich glaube, dass ich heute mit beiden Beinen im Leben stehe. Anfangs war in diesem zweiten Lebensabschnitt nach meinem Karriereende natürlich vieles neu. Letztlich fühle ich mich, glaube ich, jetzt in meiner Haut sehr viel wohler als mit 28. Ich weiß heute, was ich will, was ich nicht will - und habe auch keine Angst davor, das zu artikulieren. Wenn man eine Familie hat und Mutter ist, ist man auch noch einmal gefestigter und denkt auch anders über gewisse Dinge nach als vorher. Weil man auch eine Verantwortung trägt - und weil eine gewisse Ruhe ins Leben und Dasein eingekehrt ist.

Wenn der Leistungsdruck abfällt, muss sich das ja anfühlen, wie wenn man ein losgelassener Heliumballon wäre…

SCHETT: Ja, das ist eine gute Beschreibung. Ich habe immer gesagt: Wie wenn einem ein schwerer Rucksack von den Schultern fällt. Klar hat man jetzt auch immer wieder einmal Druck - etwa bei Liveübertragungen im TV. Aber er ist anders. Ein bisschen Druck brauche ich aber auch. Man sagt ja "Pressure is a Privilege" - und so sehe ich das auch. Die Erwartungen mir selbst gegenüber waren immer hoch, und das ist immer noch so. Ich will etwas erreichen und Dinge sehr gut machen - das ist bestimmt ein Überbleibsel aus dem Leistungssport.

Sie haben als junges Mädchen auf die Frage, warum sie Tennisspielerin werden möchten, geantwortet: "Weil ich da viel Geld verdienen kann." War das wirklich Ihre Antriebsfeder?

SCHETT: (lacht) Das ist in dem Interview damals ein bisschen blöd rübergekommen. Natürlich waren die Leidenschaft und die Begeisterung für den Tennissport immer da. Das hat mich einfach so fasziniert, dass ich schon mit vier oder fünf Jahren Bälle an die Wand geklopft habe. Dass man von diesem Sport, im Gegensatz zu vielen anderen, auch noch leben kann, kam dann dazu. Ich hätte mir wahrscheinlich schwergetan, später sechs oder sieben Stunden am Tag zu trainieren, im Wissen, dass da nichts dabei herausschaut.

Was macht Tennis zum besten Sport?

SCHETT: Erstens, weil Tennis ganz viele Menschen auf der Welt spielen. Weil du dich immer neu auf deinen Gegner, den Platz und die Umgebung einstellen musst. Und weil du alleine dafür verantwortlich bist, ob du gewinnst oder verlierst.

Als Moderatorin sind Sie mitten im Tennis-Geschehen. Ist es härter geworden?

SCHETT: Härter ist es in Sachen Medien, insbesondere durch die sozialen Netzwerke, geworden. Ich bin sehr froh, dass ich damit nicht spielen musste, weil das bestimmt eine ziemlich heftige Ablenkung ist. Aber man kann Epochen wohl nie vergleichen - wir hatten noch ein anderes Material und damit ein anderes Tempo. Aber wir haben genauso hart trainiert und waren genauso ständig auf Achse. Das Preisgeld hat sich natürlich geändert - das ist jetzt dreimal so hoch wie damals, als wir als Frauen überhaupt noch nicht das verdient hätten, was die Männer verdient haben.

Sie thematisieren in Ihrem Buch auch den Chauvinismus, dem man als Frau im Leistungssport oft ausgesetzt ist. Denken Sie, dass es hier Verbesserungen gibt?

SCHETT: Nein, es ist leider immer noch so, dass Männer "Weibertennis" sagen oder Ähnliches. Wenn ich das höre, drehe ich sowieso durch. Und auch in Sachen Gleichberechtigung ist noch viel zu tun - aber das gilt ja ganz allgemein. Du musst als Frau einfach besser sein als Männer, um erfolgreich zu sein. Da rede ich noch nicht einmal von der Gehaltsschere, wo ja Österreich auch sehr hinterherhinkt. Das ist hier in Australien anders - hier ist der Stellenwert der Frauen ein anderer.

Sie leben mit Ihrer Familie seit Jahren in Australien. Können Sie sich vorstellen, nach Österreich zurückzukehren?

SCHETT: Wenn Noah mit der Schule fertig ist, könnten wir uns schon vorstellen, wieder mehr Zeit in Österreich zu verbringen. Aber ich liebe auch Australien. Es wird wohl ein Hin- und Herpendeln sein. Es ist halt so, dass man, je länger man weg ist, das eigene Land immer mehr schätzt - und ich bin von ganzem Herzen Europäerin, auch wenn wir es hier sehr schön haben.

Sie sind ja ohnehin sehr viel aufgrund Ihres TV-Jobs unterwegs. Wie managen Sie das mit Ihrer Rolle als Mutter?

SCHETT: Mein Mann ist der beste Papa und Ehemann, den es gibt. Er hat seine Karriere komplett zurückgestellt, um für Noah da zu sein und mir meinen Beruf zu ermöglichen. Das würden viele Männer nicht machen, da bin ich mir sicher.

Abschließend: Ihr Buch heißt "Ich bin, was ich bin". Was sind Sie denn nun?

SCHETT: Ich glaube, ich bin immer die Gleiche - und das ist mir total wichtig. Dass ich immer echt, authentisch bin und mich nicht verstelle. Deshalb: Ich bin, was ich bin.

DAS BUCH von Barbara Schett "Ich bin was ich bin" ist im egoth Verlag (um 24,90 Euro) erhältlich.

 

  

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