Interview

Natascha Kampusch im Talk zu ihrem neuen Buch

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Acht Jahre verbrachte Natascha Kampusch in Gefangenschaft, bevor sie sich aus eigener Kraft befreite. In ihrem neuen Buch verrät sie, wie sie das und die Zeit danach überlebt hat. 

Wie hat sie das überstanden? Diese Frage wurde Natascha Kampusch in den Jahren seit ihrer Selbstbefreiung oft gestellt. In ihrem neuen Buch „Stärke zeigen“ gibt die 34-Jährige eine Antwort darauf. Sie erzählt, woher sie die Kraft nahm, die Jahre der Gefangenschaft zu überleben und wie sie danach Anfeindungen entgegentrat. Anhand ihrer eigenen Erfahrungen schildert sie ihre Bewältigungsstrategien, schreibt von ihren Ankern und von Fantasiereisen, mit denen sie an jeden beliebigen Ort fliehen konnte. Im MADONNA-Interview spricht Kampusch über ihr Buch und ihre eigene Stärke.

An wen richtet sich Ihr neues Buch ­„Stärke zeigen“?
Natascha Kampusch: Mein Buch richtet sich an all die Menschen, die sich immer schon gefragt haben: Wie habe ich das Ganze überstanden? Wie habe ich das Ganze geschafft? Aber auch an Menschen, die sich einfach selbst helfen wollen. Es soll aber kein Ratgeber oder Coachingbuch oder keine spezielle Methode sein, die ich vorstelle. Ich erzähle einfach aus meiner Sichtweise oder Perspektive.
Sie erzählen, was Sie stark macht. War es schwer, Ihre Gedanken nach den Anfeindungen zu teilen?
Kampusch:
Am Anfang dachte ich, es würde schwer sein. Aber es war gar nicht so schwer, weil vieles schon in den ersten Büchern stand und ich anhand meiner Biografie zeigen wollte, wie man sich aus schwierigen Situationen, die schambehaftet sein können, herausmanövriert und gestärkt hervorgeht.
Sie schildern Ihre Bewältigungsstrategien. Was hat Ihnen am besten geholfen?
Kampusch:
Zum einen das Bewusstsein, dass es immer auch wieder bessere Zeiten geben wird, und zum anderen die schönen Momente, an die ich mich erinnern konnte, beziehungsweise, die ich neu kreieren konnte.
Sie haben viele schlimme Erlebnisse wieder aufgerufen. War das schmerzhaft?
Kampusch:
In dem Prozess, als ich mich entschieden habe, das Buch zu veröffentlichen, war es schmerzhaft. Aber als es dann so weit war, war es eine bewusste Entscheidung. Wie eine Geburt, die auch schmerzhaft ist und dann ist es so weit und man freut sich. Die Endorphine schießen ins Blut und man ist glücklich.
Es hat Zeit gebraucht, Ihre Stärke zu erkennen. Warum ist das schwer?
Kampusch:
Es hat damit zu tun, dass man sich immer an andere Menschen anpassen möchte. Wenn die nicht so eine hohe Schwingung haben, wenn man das ein bisschen spirituell ausdrücken möchte, versucht man sich immer selbst auch auf dieses Niveau zu begeben. Das kennt man auch bei Männerrunden, wo dann alle zum Schluss einen Schwips haben, weil sie sich solidarisieren. Genauso ist es mit der Stärke. Frauen wird ja auch von Klein auf eingeredet, dass sie schwach und klein sind. Dem wollen sie dann entsprechen.
Wie gehen Sie mit Ihren Schwächen um?
Kampusch:
Das ist etwas, das zu mir gehört und man muss das liebevoll empfangen können. Nur wenn man es schafft, sich in der Selbstakzeptanz 100 Prozent selbst anzunehmen, in dem Moment der Schwäche oder in dem Moment, in dem man glaubt, es kann nicht positiv ausgehen, dann kommt man zu seiner inneren Stärke, weil dann spürt man sich erst.
Sie haben mehrere erfolgreiche Bücher geschrieben. Welche Ziele haben Sie im Moment?
Kampusch:
Ich möchte mit dem neuen Buch sehr vielen Menschen helfen, ohne sie zu bevormunden, sie unterstützen. Es wäre eine große Freude, wenn es zu positivem Feedback käme.
Sie sagen: Ohne zu bevormunden. Ist Ihnen das nach Ihrer Selbstbefreiung oft passiert?
Kampusch:
Ja. Ich weiß noch, als ich ganz dünn war, haben mir die Leute ständig etwas zu essen gegeben. Das war natürlich ein Riesenübergriff. Dann gab es von älteren Frauen immer Tipps, die überhaupt nicht gepasst haben, weil diese Menschen einfach nicht entführt wurden und komplett anders gelebt haben. Die wollten mich zu einer Art ihresgleichen formen. Das war natürlich auch sehr bevormundend.  

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