Strudelwürmer Schlüssel für Stammzellen

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Man kann sie zerstückeln, und sie regenerieren sich; bei Verzicht auf Sex besitzen sie das ewige Leben: Die erstaunlichen Fähigkeiten vieler Strudelwürmer sind mögliche Schlüssel zum Verständnis von Stammzellen.

In einem vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Forschungsprojekt fand Peter Ladurner vom Institut für Zoologie der Uni Innsbruck heraus, dass die Würmer an bestimmten Stellen ihres Körpers lebenslang eine große Anzahl totipotenter Stammzellen besitzen, die bezüglich der Grundfunktionen den menschlichen Pendants gar nicht so unähnlich sind.

Totipotente Stammzellen können sich in alle Zelltypen eines Organismus entwickeln, selbst zu Keimzellen. Während sich Strudelwürmer lebenslang auf dieses Ersatzteilreservoir verlassen können, besitzen bei höheren Lebewesen inklusive des Menschen nur embryonale Stammzellen diese Fähigkeit. Erwachsene Organismen verfügen dann über Stammzellen, die sich nur noch zu bestimmten Zelltypen entwickeln können.

Die Innsbrucker Forscher gehen davon aus, dass die große Zahl an totipotenter Stammzellen für die Regenerationsfähigkeiten der Tiere verantwortlich sind. "Aus manchen Arten kann man winzige Gewebestücke herausstempeln, diese entwickeln sich zu lebensfähigen Tieren", berichtete Ladurner gegenüber der APA. Teilweise reichen hierfür 1.500 Zellen und 50 Stammzellen. Die beiden Modell-Arten in den Innsbrucker Labors - Macrostomum lignano und Isodiametra pulchra - sind zwar nicht ganz so regenerationsfähig, aber einen abgetrennten Hinterkörper bilden sie problemlos wieder nach.

"Die totipotenten Stammzellen sind bei diesen Arten entlang zweier seitlich verlaufender Nervenstränge lokalisiert", so der Wissenschafter weiter. Lediglich im Kopfbereich vor dem einfachen Gehirn sind keine solchen Stammzellen zu finden. Um ihren genauen Funktionen auf den Grund zu gehen, wollen nun die Forscher unter anderem eine Art Stammzellen-Therapie mit den Strudelwürmern anstellen. Mittels Strahlung sollen die vorhandenen Stammzellen vernichtet und anschließend fremde, gereinigte Zellen injiziert werden. In früheren Versuchen ist dies mit anderen Arten schon geglückt, die Tiere leben munter weiter.

Eine weitere interessante Spezialität von Strudelwürmern ist die Fähigkeit zu ewigem Leben. Verzichten die Tiere nämlich auf Sex und vermehren sie sich ausschließlich durch Teilung, gibt es - abgesehen von Unglücksfällen - keine Leichen. Erst wenn Sex ins Spiel kommt, die Tiere Hoden bzw. Ovarien ausbilden, beginnen sie auch zu altern und zu sterben. Viele Arten können nach Bedarf zwischen sexueller und asexueller Fortpflanzung umschalten.

Nach bisherigen genetischen Analysen steht fest, dass Stammzellen in Strudelwürmern und Menschen auf molekularer Ebene ganz ähnlich funktionieren. Die Experimente mit den Strudelwürmern können daher auch helfen, die Funktion von Stammzellen generell aufklären. Die vollständige genetische Sequenzierung von Macrostomum durch ein internationales Konsortium ist bereits angelaufen.

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