Schweinegrippe - Beatmungsstrategien gefragt

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Kommt es im Herbst bzw. im Winter zu einem größeren Schweinegrippe-Ausbruch, könnten bald die Intensivbetten mit den modernsten Möglichkeiten zur Beatmung ausgelastet sein. Vor allem Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und Asthma-Kranke sind dann in Gefahr, in ein Atemversagen abzugleiten.

Im Vorfeld des Europäischen Lungenkongresses (12. bis 16. September) in Wien mit rund 20.000 Teilnehmern diskutieren bereits internationale Experten die besten Strategien, um eine lebensbedrohliche Krise für viele Betroffene zu verhindern.

"Das ist ein ganz heißes Top-Thema für uns. Wir diskutieren das auch mit unseren amerikanischen Kollegen. Es geht vor allem um Patienten mit Vorerkrankungen. Das sind Personen mit COPD, Asthma-Patienten und Personen mit einem schwer geschädigten Immunsystem. Sie könnten an der Schweinegrippe schwer erkranken. Was wir dann brauchen, sind häufig Beatmungsplätze. Doch die Ressourcen sind bei diesen Intensivbetten begrenzt", sagte die Generalsekretärin der Gesellschaft der europäischen Lungenspezialisten (ERS), die Wiener Pneumologin Sylvia Hartl, am Donnerstag gegenüber der APA.

Das Problem: Erfahrungen in Kanada haben beispielsweise gezeigt, dass schwerstkranke Influenza-Patienten durchschnittlich dreieinhalb Wochen lang beatmet werden mussten. In Winnipeg in der kanadischen Provinz Manitoba mit einer "normalen" Ausstattung mit Intensivbetten (75), gab es Ende April bei einem Schweinegrippe-Ausbruch bald um die 50 Patienten mit schwerem Atemversagen. Das Versorgungssystem der Spitäler kam unter Stress, man überlegte sogar, Patienten auszufliegen.

Sylvia Hartl: "Dazu kommt, dass man Patienten, die einmal am Respirator sind, davon nur langsam 'entwöhnen' kann. Was wir brauchen, wären einfachere Geräte zur Maskenbeatmung, die wir den Patienten eventuell auch nach Hause mitgeben könnten, die 'über dem Berg' sind, aber weiterhin eine Unterstützung benötigen. Das bedeutet aber auch die Ausbildung von Personal und die Schulung von Angehörigen. Auf diese Weise könnte man die Ressourcen schneller wieder freimachen."

Dabei ist das neue A(H1N1)-Virus im Vergleich zur saisonalen Influenza nicht grundlegend unterschiedlich. Die Expertin: "Solche Vorkehrungen wären im Sinne eine vorausschauenden Gesundheitspolitik auch für Zeiten der saisonalen Influenza wichtig." Jedes Jahr würden in den österreichischen Spitälern zur Influenza-Zeit die Beatmungskapazitäten knapp werden. Sylvia Hartl: "Dabei ist diese Struktur in Wien noch relativ gut." In die Bundesländer hinaus sei die Zahl derartiger Intensivbetten dann "drastisch abfallend".

Doch auch Asthma-Kranke, COPD-Patienten und Personen mit geschwächtem Immunsystem könnten Vorsorge treffen. Die Expertin: "Sie sollten bei Auftreten verdächtiger Influenza-Symptome sofort ihren Arzt aufsuchen bzw. alarmieren. Außerdem sollten sie die allgemeinen Maßnahmen zur Prävention wie Handhygiene etc. beachten. Wir sollten weniger Bussi-Bussi-Begrüßungsrituale als ein 'japanisches' Verhalten zeigen." Niedergelassene Ärzte sollten diese besonders gefährdeten Patienten im Influenza-Verdachtsfall auch "rechtzeitig" mit Tamiflu oder Relenza behandeln.

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