Grüner Star kann blind machen

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Der Banknachbar im Bus verschwindet aus dem Blickfeld, der weggelegte Stift rutscht links ins Unsichtbare: Solche Sehstörungen können Anzeichen für ein Glaukom sein. Nervenzellen der Netzhaut und des Sehnervs sind dann geschädigt. Doch wenn ein Patient diese Symptome bemerkt, ist es oft schon zu spät. Die im Volksmund Grüner Star genannte Krankheit gehört zu den häufigsten Ursachen für Blindheit.

Ursache und Wirkung

Lange Zeit galt ein erhöhter Augeninnendruck als Ursache eines Glaukoms. "Heute wissen wir, dass dies nur ein Risikofaktor ist, wenn auch ein sehr wichtiger", erläutert Ronald Gerste, Facharzt für Augenheilkunde. Eine zweite häufige Ursache für die Zerstörung der Zellen ist mangelhafte oder schwankende Durchblutung. "Sehr oft kommen erhöhter Augeninnendruck und niedriger oder schwankender Blutdruck zusammen."

Im Innern des Augapfels wird ständig Kammerwasser produziert, das die Hornhaut mit Nährstoffen versorgt und in Form hält. In einem gesunden Auge halten sich Produktion und Abfluss des Kammerwassers im Gleichgewicht. Der Abfluss kann jedoch behindert sein: durch eine Verwachsung, durch Ablagerungen oder als Folge einer Entzündung. Auch eine Verletzung, eine angeborene Entwicklungsstörung oder Diabetes können schuld sein. Die Folge ist ein erhöhter Druck auf den Sehnerv, die empfindlichen Zellen werden mechanisch zerquetscht.

Tückisch

Das Tückische ist: Das Auge kann diese Schädigungen sehr lange kompensieren, ohne dass seine Funktion beeinträchtigt ist. "Wenn der Patient selber bemerkt, dass sich an seinem Sehen etwas verändert hat, sind bereits 30 bis 40 Prozent der Nervenzellen zerstört", sagt Helga Kipp vom deutschen Bundesverband Glaukom-Selbsthilfe in Dortmund. "Dann ist bereits das zentrale Sehen betroffen, unheilbare Schäden sind eingetreten und es kann therapeutisch nur noch versucht werden, das zu erhalten, was noch intakt ist."

Therapie

Die Glaukomtherapie besteht in erster Linie aus dem Einträufeln von Tropfen. "Früher haben die Patienten vor allem unter dem Brennen der Augentropfen gelitten", sagt Georg Eckert vom Berufsverband der Augenärzte Deutschlands in Düsseldorf. "Außerdem haben die Augentropfen die Pupillen verengt. Die Patienten haben dies subjektiv als Verschlechterung des Sehvermögens empfunden." Heutige Präparate seien deutlich weniger unangenehm und außerdem wirksamer.

Eine Beeinträchtigung im Alltag ist die Therapie dennoch. "Man muss die Tropfen überallhin mitnehmen. Manche Patienten leiden unter Nebenwirkungen wie Schmerzen am Auge oder Husten und Schleimbildung", sagt Kipp. Vor allem ältere Menschen oder Patienten mit Arthritis in den Fingern tun sich schwer mit dem Träufeln. Aus solchen Gründen vernachlässigt manch ein Patient die Therapie - vor allem in einem frühen Krankheitsstadium, wenn die Sehbeeinträchtigung gering oder noch gar nicht wahrnehmbar ist. "Das ist ein fataler Fehler", warnt Eckert. Das Fortschreiten der Krankheit lasse sich nur verhindern, wenn sie kontinuierlich behandelt und regelmäßig kontrolliert wird.

Operation 

Die zweite Therapiemöglichkeit - eine Operation - wird höchstens in zehn bis zwanzig Prozent aller Fälle eingesetzt. Ihr Vorteil: "Durch den einmaligen Eingriff kann der Druck im Augen weit stärker abgesenkt werden als mit Tropfen", erklärt Gerste. Und die Lebensqualität im Alltag wird nicht beeinträchtigt. Letztlich muss der Patient zusammen mit dem Arzt Risiken und Nutzen abwägen. "Dabei ist es unverzichtbar, eine Zweitmeinung zum Beispiel in einer Augenklinik einzuholen", empfiehlt Kipp.

Früherkennung

Da jede Therapie höchstens das Sehvermögen zum Zeitpunkt des Therapiebeginns erhalten kann, raten Experten zu Früherkennungsuntersuchungen spätestens ab dem 40. Lebensjahr. Dabei wird der Augeninnendruck gemessen, der Sehnerv eingehend zum Beispiel auf Veränderungen am Rand kontrolliert, das Gesichtsfeld gemessen und eventuell der Sehnervenkopf bildlich dargestellt. Ergänzend müssen persönliche Risikofaktoren wie niedriger oder schwankender Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, geringe Hornhautdicke, Diabetes sowie familiäre Vorbelastung ermittelt werden. Allerdings zahlen die gesetzlichen Krankenkassen diese Früherkennung nur, wenn ein Krankheitsverdacht vorliegt.

Glaukom bei Kindern oder Jugendlichen

Auch wenn die Früherkennung ab 40 Jahren empfohlen wird: Für Kinder oder junge Erwachsene, die an Grünem Star erkrankt sind, kommen sie zu spät. "Erziehungsberechtigte sollten aufmerksam beobachten: Hat ein Kind besonders schöne große Augen, neigt es zu häufigem Tränenlaufen oder ist es blendempfindlich?", rät Helga Kipp vom Bundesverband Glaukom-Selbsthilfe. Bei solchen Anzeichen sollte ein Augenarzt oder eine spezialisierte Klinik aufgesucht werden.

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