Anchor-Woman

Nadja Bernhard im MADONNA-Talk

13.10.2017

Anchor-Woman Nadja Bernhard ist eine Karrierefrau, wie sie im Buche steht. Was die Steirerin vom Leben erwartet, wie man mit „Bad News“ im Alltag umgeht und warum sie mit 42 Jahren das Thema Eitelkeit hinter sich gelassen hat, lesen Sie im großen MADONNA-Talk. 

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© Kernmayer
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S o kosmopolitisch, wie sich Nadja Bernhards Lebensverlauf anmutet, ist die von der 42-Jährigen hingelegte Karriere nur folgerichtig. Geboren und aufgewachsen in Kanada, verschlug es die umtriebige ZiB-Lady nach ihrer Adoleszenz in der Steiermark schon bald in die weite Welt. Neben Wien war sie u. a. in Rom, Washington,  Tripolis, Kairo oder Bagdad tätig. Seit Ende 2012 ist sie als Anchor-Woman das Gesicht der ZiB 1 und präsentiert vor einem Millionenpublikum das Wichtigste aus dem Weltgeschehen. Work-Life-Balance bedeutet für die blonde Journalistin hauptsächlich Work, denn, wie sie erklärt: „Abschalten wird überbewertet, vor allem wenn man seinen Job liebt.“ Wir trafen Nadja Bernhard zu einem stylishen Intermezzo im Le Méridien Wien, bei dem sie uns nicht nur ihre modische Seite präsentierte, sondern auch ganz private Einblicke in ihr Leben gewährte.    

Sie sind in Kanada geboren, in der Steiermark groß geworden und als Korrespondentin viel auf der Welt unterwegs gewesen. Wo fühlen Sie sich zu Hause? 
Nadja Bernhard: Ich bin wahnsinnig gern in Wien oder Österreich. Ich bin auch oft in der Südsteiermark, wo meine Eltern zu Hause sind, wo meine Wurzeln gründen. Es mag schon eine Alterserscheinung sein, dass man träger wird. Früher hat mich ein Umzug von Rom nach Washington nicht gestresst. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, ins Ausland zu gehen, fühlt sich das nach einer Zäsur an. Und ab einem gewissen Alter ist man weniger bereit, ­eine solche Zäsur zu vollziehen.
 
Also bleibt es erst mal bei Wien?
Bernhard: Ja, aber es ist bestimmt nicht das letzte Kapitel. Ich spüre schon, dass ich weiterziehen werde. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

Was ist Ihr Lieblingsort in Wien? 
Bernhard: Zum Schwarzen Kameel. Dieses Lokal ist so richtig Wien. Großes Theater. Trotz der elitären, leicht versnobten Kulisse fühlt man sich liebevoll aufgenommen.
 
Sie sind Anchorwoman der meistgesehenen Nachrichtensendung Österreichs. Was kann man sich Höheres erhoffen? 
Bernhard: Höher ist relativ. Aber das Ausland hat definitiv seine Anreize. Wobei man auch sagen muss, dass sich in Wien viel getan hat, seit ich in den frühen 2000er-Jahren nach Rom oder Washington gezogen bin. Nicht umsonst wird die Stadt immer unter die Top 3 der lebenswertesten Städte gewählt. 

Und das obwohl man im Wahlkampf immer wieder vernehmen musste, dass es um Wien gar nicht so gut steht. 
Bernhard: Da wären wir wieder beim Wienerischen. Dieses Schlechtmachen ist schon eine österreichische Qualität. 
 
Erklären Sie doch mal: Was muss man ­mitbringen, um Ihren Job ausführen zu ­können?  
Bernhard: Ich war immer sehr interessiert und fleißig. Und auch wenn ich kein abgeschlossenes Studium habe – ich war überall dort, wo etwas passiert ist. Ich wollte die Welt erleben. Andere machen dann vielleicht ein Jahr Auszeit. Ich wiederum hatte das große Glück und Privileg, in meinem Job wahnsinnig viele Realitäten leben und in diese eintauchen zu können. Ob zu dem Zeitpunkt der ägyptischen Revolution am Tahrir-Platz oder während des Erdbebens in Haiti – ich war vor Ort. Und man lernt jeden Tag etwas dazu.  

Also neugierig bleiben und die Augen offen halten … 
Bernhard: Und unerschrocken sein. Wenn ich daran denke, dass ich in Haiti mit mehreren hundert Dollar in der Tasche bei irgendeinem Fremden aufs Moped gestiegen bin, um rechtzeitig zum Live-Einstieg zu kommen. Dafür braucht man schon jugendliche Naivität. Heute wäre ich wahrscheinlich besonnener. 

Ist der Journalismus Ihrer Meinung nach noch immer männerdominiert?
Bernhard: Ich war kürzlich bei einer Korrespondententagung, da schien es sehr ausgeglichen. Sobald man jedoch ins Management geht, gibt es natürlich Defizite. 

Sind Sie pro Quote?
Bernhard: Ich dachte immer, dass ich die erste Generation wäre, die von der Frauenbewegung profitiert. Als ich jung war, dachte ich, nie etwas besonders beweisen zu müssen oder vor verschlossenen Türen zu stehen. Rückblickend war das vielleicht etwas naiv. Jetzt merke ich schon, dass es nach wie vor einiges zu tun gibt. 
 
Wie geht es einem damit, wenn man Abend für Abend nur „Bad News“ berichten kann?
Bernhard: Seit ich moderiere, hat sich viel getan. Als ich begann, gab es Tage, an ­denen man überlegt hat, womit man eine Sendung füllt. Heutzutage ist es nur noch ein Selektieren zwischen dieser schlechten Nachricht und einer anderen schlechten Nachricht.  
 
Was macht dieser Umstand mit einem?
Bernhard: Es relativiert einiges. Eigentlich ist es total pervers, dass man das Schlimme positiv besetzt. Aber ich bin genügsamer und zufriedener aus Haiti zurückgekommen. Obwohl ich eine Zeit lang echt Probleme hatte, mit dieser Ungerechtigkeit des Lebens zurechtzukommen. Es ist Schicksal. Ob man in Port-au-Prince geboren wird, oder in Wien – wer bestimmt das? Das hat mich lange beschäftigt. Nach dieser Zeit war ich in Supervision und habe gelernt, das Erlebte ins Positive zu drehen. Da lernt man Dankbarkeit ganz neu. 
 
Ihnen wird oft das Attribut der Schönheit zugeschrieben. Haben Sie das Gefühl, dass Frauen kategorisiert werden müssen? 
Bernhard: Zum einen: Danke. Das freut mit 42 (lacht). Und ja, ich denke schon. Auch bei der ZiB fließt wahnsinnig viel Aufmerksamkeit der Zuseher auf meine Frisur oder meine Kleidung. Und ich empfinde das per se nicht als wahnsinnig diskriminierend oder schlimm. Und ein Mann ist schließlich auch begrenzt in seinen Möglichkeiten. Man braucht wie in ­allen Lebenslagen eben eine Prise Ironie. Es kommen ja auch böse Mails. 
 
Sind Sie eitel?
Bernhard: Natürlich sind wir alle Narzissten und bis zu einem gewissen Grad eitel. Aber es hält sich in Grenzen. Aktuell habe ich etwas zugenommen und merke, dass das keine Belastung für mich darstellt. Wäre ich wahnsinnig eitel, würde ich jeden Tag laufen gehen. Ich habe das Gefühl, in einer Lebensphase zu sein, in der es mir wahnsinnig gut geht. Dann isst man eben ein bisserl mehr. 

Was macht Sie glücklich?
Bernhard: Es macht mich glücklich, wenn ich das Gefühl habe, dass es meinem Umfeld gut geht. Und ich feiere gerne, das habe ich wohl noch aus meiner Zeit in Italien. Gutes Essen, gute Gespräche. Eher nicht der Sport, sondern Hedonismus und Kulinarik (lächelt). 
 
Legen Sie großen Wert auf Mode?
Bernhard: Ja, wahrscheinlich auch Italien-geprägt. Wo die Bella Figura schon den Alltag definiert und dominiert. 

In einem Interview meinten Sie, dass Kinder sehr wohl ein Thema für Sie sind. Wie stehen Sie heute mit 42 dazu?
bernhard: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Kinder etwas Wunderbares sind. Ich denke, sie gehören zum Leben dazu. Auch wenn es mir vielleicht verwehrt bleibt. 
 
Aber es gibt ja Möglichkeiten. 
Bernhard: Sich gegen Kinder zu entscheiden, hätte ich nie gekonnt. Das entspricht nicht meinem Naturell. Aber wenn es aus privaten und beruflichen Gründen nicht klappen sollte, dann ist das einfach das ­Leben.
 
 
  
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