"Schicksale gehen mir nah"

Mikl-Leitner im Asylpolitik-Talk

24.10.2014

800 Flüchtlinge kommen wöchentlich nach Österreich. Die meisten aus Kriegsgebieten. Ministerin Mikl-Leitner kämpft um Quartiere im ganzen Land. Sie fordert Humanität.

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Vor allem Familien mit Kindern aus dem Kriegsgebiet Syrien suchen derzeit in Österreich Asyl. Doch während Niederösterreich und Wien ihre Quote mehr als erfüllen, sind die anderen Bundesländer noch säumig. Sprich: Sie nehmen derzeit zu wenig Asylsuchende auf. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (50) ist mit dem Problem betraut. Sie hofft, dass die Quote Anfang 2015 erfüllt wird. Im MADONNA-Interview spricht die Mutter zweier Töchter über Humanität und berührende Schicksale.

Wie geht es Ihnen in dieser ­turbulenten Zeit?
Johanna Mikl-Leitner:
Es ist zweifelsohne schwer, aber wichtig und notwendig, denn es handelt sich ja um Kriegsflüchtlinge, die vor Terror, Vergewaltigung und Verfolgung flüchten. Da ist es unsere Verantwortung und Verpflichtung, diese Menschen aufzunehmen und zu betreuen.
Wann werden die Landeshauptleute ihre Quote erfüllen?
Mikl-Leitner:
Wien hat die Quote übererfüllt und mein Dank gilt Bürgermeister Häupl, der ein Signal der Menschlichkeit gesetzt hat und Vorbild für die anderen Bundesländer ist. Ich verspüre, dass die anderen Bundesländer den besten Willen haben, die Quote zu 100 Prozent zu erfüllen. Bis Anfang 2015 wird das hoffentlich so sein.
Sie sind Mutter zweier Kinder. Wie sehr berührt Sie das Schicksal der Flüchtlinge?
Mikl-Leitner:
Sehr berührt mich das! Hinter jedem Flüchtling steckt ein schweres Schicksal. Und jedes berührt mich. Ich habe eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien getroffen mit zwei kleinen Kindern. Eins anderthalb, das andere drei Jahre alt. Die haben mir erzählt, dass sie Österreich so dankbar sind, weil sie hier Schutz gefunden haben, denn die Kinder haben im Kriegsgebiet schon genau auseinanderhalten können, was eine Rakete ist und was eine Bombe. Einfach anhand der Geräusche. Das geht mir schon sehr nahe.
Es kommen gerade aus Syrien viele Flüchtlinge. Platz gibt es wenig. Sie haben davon gesprochen, Zelte aufzubauen. Geht das im Winter?
Mikl-Leitner:
Zelte sind Realität, wenn man nach Deutschland blickt. Ich werde alles dazu tun, um Zelte zu vermeiden. Gott sei Dank wird die Reihe der Bürgermeister immer länger, die bereit sind, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Es kommen pro Woche rund 800 Flüchtlinge. Das ist eine ganz große Herausforderung. Zumal auch keiner weiß, wie die Entwicklung in den nächsten Wochen in den Krisenregionen sein wird. Leider ist ja keinerlei Entspannung zu erwarten. Das heißt, der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen. Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, als das es in den Krisenherden Frieden gibt.
Wie viele Flüchtlinge kann Österreich noch aufnehmen?
Mikl-Leitner:
Ich glaube, gerade wenn Menschen auf der Flucht sind vor Terror, vor Vergewaltigung, dann kann es hier keine Grenze geben, sondern dann braucht es die gelebte Solidarität. Und die fordere ich auch von den anderen Mitgliedsstaaten ein. Zehn Mitgliedsstaaten betreuen 90 Prozent aller Flüchtlinge in der EU. Und es gibt viele, die ihrer humanitären Verantwortung nicht nachkommen. Deswegen fordere ich auch auf europäischer Ebene eine Quote, damit jeder seiner menschlichen Verantwortung nachkommt.
Wie reden Sie mit Ihren Töchtern über dieses Thema?
Mikl-Leitner:
Die verfolgen das natürlich und fragen mich regelmäßig: „Mama, hast du schon genug Quartiere für deine Flüchtlinge?“

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