Kira Grünberg

"Mama, ich möchte DANKE sagen"

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Exklusiv.  Kira und Karin Grünberg im Interview über ihr schwerstes Jahr, Therapie-Erfolge, neuen Familienalltag und Lebensmut. 

Dieses Jahr ist besonders. Denn alle sind wieder vereint und wohnen zusammen im Tiroler Kematen. Das ist das Gute. Den Muttertag also werden Kira Grünberg (22), Schwester Brit (24) und die Eltern Karin (50) und Frithjof beim gemeinsamen Frühstück feiern. Und zu Feiern gibt es viel: Seit sechs Wochen nun ist Kira – hinter ihr liegen sieben Monate Rehabilitation – wieder zu Hause. Die Wohnung wird derzeit behindertengerecht umgebaut, und Kiras Mama Karin pflegt die Tochter rund um die Uhr. Im Juli 2015 nämlich  ist das Schlimmste passiert: Kira, professionelle Stabhochspringerin, stürzt beim Training, bricht sich den fünften Halswirbel. Sie ist querschnittgelähmt. Die Eltern, Papa Frithjof trainiert die Tochter, sind dabei, als ihr Kind lebensgefährlich verunglückt. 
 
Emotionen. Erstmals sprechen Mutter und Tochter über die schwerste Zeit ihres Lebens und darüber, wie der Unfall alles verändert hat. Aber sie erzählen auch von Kiras Fortschritten und davon, wie die Familie das Schicksal positiv aufgenommen hat. Kira und Karin Grünberg (sie ist Religionslehrerin) haben MADONNA zu sich nach Hause, ins schöne Tiroler Kematen eingeladen, um zu zeigen, wie das Leben jetzt ist. Gut ist es. Voller Zuversicht und großer Pläne nämlich. Der Talk. 
 
Seit sechs Wochen bist du daheim. Wie fühlt sich das an?
Kira Grünberg: Sehr gut, hier ist es viel feiner. Meine Schwester Brit ist auch wieder nach Hause gezogen. Dass wir alle zusammen sind, ist viel wert.
Karin Grünberg: Ich bin so froh, mein Kind bei mir zu haben. Wir machen so viel wie möglich gemeinsam. Kochen zusammen. Kira hilft beim Gemüseschneiden.

Klingt banal, ist aber in deinem Fall ein Riesenerfolg. Du kannst die Arme teilweise wieder bewegen …
Kira: Ja, ich kann mich schon selbst schminken und habe mir heute für den Fototermin allein die Nägel lackiert. Ich spüre noch nicht alles, und in den Händen nur die Daumen, aber ich mache Fortschritte. Zwei Mal die Woche kommt der Physiotherapeut und ich gehe zum Krafttraining. Der Plan ist, dass ich es in Zukunft allein schaffe, mich vom Bett in den Rollstuhl zu transferieren und mehr.
Karin Grünberg: Momentan bin ich für Kira das Mädchen für alles. Ich arbeite derzeit nicht und habe Kiras Pflege übernommen. Im Sommer, wenn in der Wohnung alles umgebaut ist, arbeite ich wieder und es zieht eine Pflegerin bei uns ein. 
 
Wie fühlt sich das an, das eigene Kind zu pflegen?
Karin Grünberg: Am Anfang war alles neu und ungewohnt. Ich musste erst hineinwachsen und die richtigen Griffe lernen. Aber jetzt sind wir eingespielt, oder?
Kira: Ja, erst war es sehr chaotisch. Unlängst hat meine Schwester Brit mich geduscht, und war nachher nasser als ich (lacht).

Sie beide strahlen so viel Optimismus aus …
Kira: Ja, aber ich habe auch Zeiten, in denen ich mal nicht mehr weiter weiß. Dann ist es gut, dass die Mama da ist. Dann weine ich auch mal und kann mich an ihre Schulter lehnen.
Karin Grünberg: Weinen ist auch wichtig. Und dass wir über alles reden können. 
 
Kira Grünberg
© Daniel Liebl

Zu Hause bei den Grünbergs: Karin und Kira erstmals im emotionalen Doppel-Talk mit Alexandra Stroh. 

Hat sich das Mutter-Tochter-Verhältnis durch den Unfall und die Querschnittslähmung verändert?
Karin Grünberg: Ich glaube nicht. Als die Kira früher Leistungssport gemacht hat, war ich auch für sie da. Ich habe ihr alles gekocht, was sie gebraucht hat und habe ihr die Wäsche gemacht. Ich habe ihr alles erleichtert, damit sie ja keinen Stress hat. Wir haben uns auf die Kira fixiert, ihr alle Wünsche von den Augen abgelesen. Und jetzt ist es auch nicht anders. 
 
Können Sie Ihre Gefühle nach dem Unfall beschreiben?
Karin Grünberg: Wir waren ja „live“ dabei, und es war ein Riesenschock. Und dann funktioniert man eigentlich wie ein Roboter. Das ist jetzt wochenlang so gegangen. Ich habe einfach funktioniert. Ganz wichtig war von Anfang an, dass wir es so akzeptiert haben, wie es ist. Wir haben uns auf keine Wunder oder Hoffnungen festgelegt. Der Zustand ist einfach so. Alles, was zurückkommt und für die Kira besser wird, das ist etwas Positives. Ich denke, dass wir dadurch viel besser mit der Situation umgehen konnten, da wir uns nie Hoffnungen gemacht haben. Aber ich habe aufgehört zu beten. Mein Glaube ist verloren gegangen, weil ich dachte: „Dass Gott so etwas zulässt.“

Du hast von Anfang an gekämpft. Woher deine Stärke?
Kira: Es gibt Hochs und Tiefs. Ich habe nie daran gedacht, wie es vor dem Unfall war. Sondern, was nun auf mich alles zukommt. Da habe ich gewusst, dass das auch ganz schöne Momente sein können,  und ich habe in den acht Monaten jetzt schon sehr viele schöne Momente erleben dürfen. 
Karin Grünberg: Für Kiras Vater, meinen Mann Frithjof, war es sehr schwer. Er hat sich als Trainer Vorwürfe gemacht.  Aber jetzt geht es ihm besser.
 
Bald ist Muttertag. Wofür möchtest du deiner Mutter „Danke“ sagen?
Kira: (kämpft mit den Tränen) Dass sie jetzt alles übernimmt für mich. Die Pflege. Das ist so viel Aufwand. Dass wir als Familie so zusammenhalten. Dass ich hier so sein darf. Die Mama macht das alles für mich. Und das ist nicht selbstverständlich.
Karin Grünberg: (weint).  Für mich ist das selbstverständlich. Aber es stimmt, viele Familien zerbrechen an so einem Schicksal. Sonst heulen wir eigentlich nicht so viel, oder Kira? (Sie umarmen sich). 
 
Kommen wir zu deinen Plänen. Was steht an?
Kira: Am 8. Mai, trete ich zum „Wings for Life Worldrun“ an. Und man kann sich noch bis 4. Mai für mein Team anmelden (Infos: www.wingsforlifeworldrun.com). Das ist toll, weil sich die „Wings for Life“-Stiftung für Rückenmarksforschung einsetzt. Ziel ist: Querschnittslähmung in Zukunft heilbar zu machen. Deswegen bin ich aus voller Überzeugung „Wings for Life“-Botschafterin. 
 
Was planst du darüber hinaus?
Kira: Ich schreibe gerade ein Buch über mein Leben. Und demnächst starte ich mit meinen Motivationsvorträgen. 
 
Du motivierst andere Betroffene. Selbst wirst du neben deiner Familie auch von deinem Freund Christoph motiviert.
Kira: Ja, der studiert in Graz und wir sehen uns nur alle vier Wochen. Aber das war vor meinem Unfall auch schon so. Der macht das alles sehr gut.
Karin Grünberg: Ja, denn er hat Kira ja als Sportlerin und nicht im Rollstuhl kennengelernt. Mal sehen, was die Zukunft bringt. 
 
Kira: Ich hoffe, dass ich mal Kinder bekomme. Das geht in meinem Fall. Man müsste halt einen Kaiserschnitt machen. Aber eine Familie zu gründen, das wäre mein Traum. 
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