Regierungsprogramm

Das wird neu für uns Frauen

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Großer Wurf oder Pleite? Die Regierung hat sich nach tagelangen Verhandlungen ein neues Programm verpasst. MADONNA nimmt unter die Lupe, was es für Frauen bereithält.

Die gläserne Decke hat einen Sprung bekommen“, verkündet Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) über das neue Koalitionsabkommen der Regierung. „Stimmt, viel mehr aber auch nicht“, monieren Kritiker des Regierungs-Updates. Denn nach 120 Stunden nervenaufreibender Verhandlungen stehen 46 Punkte fest, die SPÖ und ÖVP nun bis Ende 2018 umsetzen wollen – lediglich ein einziger davon bezieht sich explizit auf Frauen.


36 Seiten. Alles andere als zufrieden zeigt sich etwa Grünen-Chefin Eva Glawischnig: „Das Regierungsprogramm ist eine riesen Enttäuschung. Die einzigen Frauen, die vorkommen, sind Burka- und Kopftuchträgerinnen.“ ­MADONNA hat das 36-seitige Papier unter die Lupe genommen und sich genau angesehen, was es für uns Frauen bereithält:

  •  Frauenquote: In diesem Punkt geht es tatsächlich um uns Frauen und tatsächlich handelt es sich hier auch um einen großen Wurf. Denn die Regierung hat sich darauf geeinigt, eine verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten von Großunternehmen umzusetzen. Mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte müssen ab 1. Jänner 2018 weiblich sein – und zwar in börsennotierten Unternehmen und jenen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. „Definitiv ein Erfolg“, meint Oberhauser (siehe Interview).
  • Mindestlohn: Kern und sein Team einigen sich auf einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.500 Euro für Vollzeitjobs. Ein Punkt für die Frauen, sind doch meist Kellnerinnen, Verkäuferinnen & Co. von einem deutlich niedrigeren Einkommen betroffen, konkret 200.000.
  • Kinderbetreuung: Der aktuelle Sozialbericht zeigt: Teilzeitarbeit ist nach wie vor weiblich. Hier will die Regierung mit verbesserten Kinderbetreuungsangeboten gegensteuern und einigt sich auf das zweite verpflichtende Gratis-Kindergartenjahr.
  • Verbote: Ansonsten hält der Koalitionsplan für Frauen nur  noch Bekleidungsvorschriften parat. So soll es Polizistinnen, Richterinnen und Staatsanwältinnen künftig verboten sein, bei der Ausübung des Dienstes ein Kopftuch zu tragen. Überall verboten wird schon bald das Tragen einer Vollverschleierung, sprich von Burka oder Nikab, sein.
     
Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) im Talk:
Für Sabine Oberhauser (SPÖ) ist das neue Regierungsprogramm aus Frauensicht ein Erfolg. „Am Ende unserer Bemühungen sind wir aber noch nicht“, so die Frauenministerin im Talk.

Einreißen wird das Koalitions-Update die gläserne Decke wohl nicht: Sind Sie aus Frauenministerinnen-Sicht ­dennoch zufrieden?
Oberhauser:
Die gläserne Decke bekommt mit der verpflichtenden Quote in der Privatwirtschaft einen weiteren großen Sprung, das ist definitiv ein Erfolg. Am Ende unserer Bemühungen sind wir damit aber noch nicht. Ein nächster notwendiger Schritt wäre, über den Frauenanteil in der Politik zu sprechen. Die anstehenden Diskussionen zum Wahlrecht sind ein guter Anlass zu thematisieren, ob wir Klubförderung an Frauenanteil knüpfen oder etwa Listen mit zu wenigen Frauen gar nicht erst zulassen.
Was erwarten Sie sich von der geplanten Frauenquote?
Oberhauser:
Wir sehen im staatsnahen Bereich und auch in Deutschland, dass die Quote wirkt. Wo Frauen sind, kommen weitere Frauen hin. Davon profitieren nicht nur Frauen, sondern auch die Wirtschaft insgesamt. Unternehmen mit gemischten Führungsteams liefern bessere Wirtschaftsergebnisse, das zeigen diverse Studien.
Teilzeitarbeit ist laut aktuellem Sozialbericht nach wie vor weiblich. Wie gegensteuern?
Oberhauser:
Viele Frauen, die Teilzeit arbeiten, geben an, dass sie dies aus Vereinbarkeitsgründen tun und eigentlich gerne mehr arbeiten würden. Dagegen hätten viele Männer, die Vollzeit arbeiten, gerne mehr Zeit für ihre Familie. Wir müssen also Kinderbetreuungsplätze weiter aus- und Überstunden abbauen und damit neue Vollzeitarbeitsplätze schaffen. Mit der gesetzlichen Informationspflicht haben wir bereits eine wichtige Maßnahme gesetzt: Wenn eine Vollzeitstelle in einem Unternehmen frei wird, müssen die Teilzeitkräfte darüber informiert werden. So werden Arbeitnehmerinnen, die gerne mehr arbeiten möchten, unterstützt.
Noch gibt es keine Richterinnen und Polizistinnen mit Kopftuch. Fürchten Sie aber, dass das Kopftuchverbot künftig Frauen daran hindern könnte, diesen Beruf zu ergreifen?
Oberhauser:
Das Regierungsprogramm sieht vor, dass sich der Staat in Religionsfragen neutral verhalten soll. Das heißt, dass keine Religion begünstigt oder diskriminiert werden darf. Wie das konkret umgesetzt wird, müssen wir noch diskutieren – auch in Konsultation mit den Religionsgemeinschaften.
Handelt es sich dabei nicht de facto um ein Berufsverbot ausschließlich für Frauen religiöser Minderheiten?
Oberhauser: In den genannten Berufsgruppen hat es ­immer schon genau geregelte Kleidervorschriften gegeben, an die man sich halten musste.
 
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