Das türkis-blaue Bildungspaket:

Das wird neu für Kids

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Was eine türkis-blaue Regierung für unsere Kinder bedeutet. 

Die Bildung ist eines der ersten Projekte, das die voraussichtlich nächste Regierung unter Dach und Fach hatte und der Öffentlichkeit vergangene Woche präsentierte. Dass die Koalition hier aufs Tempo drückt, ist auch bitter nötig, denn bei PISA & Co. sind wir weit von der Weltspitze entfernt. Auch vor den vor wenigen Tagen veröffentlichten PIRLS (Progress in International Reading Lite­racy Study) mussten die heimischen Schulen zittern. Die Ergebnisse des letzten Tests waren jedenfalls katastrophal: Demnach können 20 Prozent unserer Kids nur unzureichend sinnerfassend lesen. 

Reformen. Ein Auftrag an die nächste Bildungsministerin bzw. den nächsten Bildungsminister also. MADONNA hat jetzt schon das Schulpaket der türkis-blauen Regierung unter die Lupe genommen und sich angesehen, was bald neu wird für ­unsere Schüler, Lehrlinge, Kindergarten-Kids sowie für Lehrer und Eltern: 
n Kindergärten: Zunächst einmal soll es einen einheitlichen Rahmenplan für alle Kindergärten geben. Vor dem Schuleintritt sind zwei verpflichtende Kindergartenjahre zu absolvieren, allerdings nur dann, wenn sich bei einer Testung herausstellt, dass das für das jeweilige Kind angebracht ist – wenn also Probleme mit der deutschen Sprache oder Entwicklungsschwierigkeiten festgestellt werden. Ändern soll sich auch etwas für die Pädagogen: In einem ersten Schritt sollen Leiter von Kindergärten eine akademische Ausbildung machen müssen. Für Kindergartenpädagogen sollen höhere Standards für die Aus- und Weiterbildung gelten. Welche genau, steht nicht im Programm. 
 
  •  Deutsch vor Schuleintritt: Schüler, die Deutsch nicht ausreichend beherrschen, sollen in eigenen Deutschklassen untergebracht werden. Auch im Sommer sowie an Nachmittagen soll es für diese Gruppe verpflichtenden Unterricht geben.
  • Talente-Checks: Am Ende der dritten Klasse Volksschule soll ein standardisierter verbindlicher Talente-Check stehen. Talente besser zu fördern und zu begleiten hat sich die Koalition im Übrigen auch vorgenommen. So sollen bestehende Programme ausgebaut und in jedem Bundesland Schulen für besonders begabte Schüler eingerichtet werden. Zu Beginn der siebenten Schulstufe ist wiederum ein „Chancen-Pass“ vorgesehen. Dieser meint die Prüfung der Bildungsstandards, ergänzt um weitere Tests, um die richtige Wahl des weiteren Bildungsweges zu unterstützen.
  • Bildungspflicht: ÖVP und FPÖ wollen ein Grundwissen und Grundfertigkeiten festlegen, über die Schüler am Ende ihrer Schullaufbahn in Lesen, Schreiben und Rechnen verfügen müssen. Auch soziale und kreative Kompetenzen sollen Teil dieser Bildungspflicht sein. Schüler müssen die Schule besuchen, bis sie die Mindeststandards erfüllen oder volljährig sind.
  • Noten: „Wieder herstellen“ wollen die potenziellen Koalitionspartner die „Notenwahrheit“. Ab der ersten Klasse Volksschule hat demnach künftig wieder die klassische Skala von 1 (Sehr gut) bis 5 (Nicht genügend) zu gelten. Verbale Benotungen sind nur noch zusätzlich möglich.
  • Gymnasien: Großer Unterpunkt im Bildungspaket ist der Erhalt und Ausbau des „bewährten differenzierten Schulsystems“ – sprich Gymnasien. Zwar gibt es eine Absage von Türkis-Blau an die Gesamtschule, die Modellregionen im Westen dürfen aber fortgeführt werden. Außerdem soll es Schulen ab der fünften Schulstufe ermöglicht werden, sich ihre Schüler verstärkt aussuchen zu können. Vorgesehen ist eine „temporäre Möglichkeit von Eingangsverfahren (im Zuge der Anmeldungen für die jeweiligen ersten Klassen) für höhere Schulen“. Aufnahmeprüfungen sollen das aber nicht sein, wie es heißt.
  • Ethik statt Religion: Für alle Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, soll der Ethikunterricht verpflichtend werden.
  • Eltern: Nicht nur Schüler, auch die Eltern kommen im Plan der Verhandler vor. Sie sollen „stärker eingebunden“ werden. Soll heißen: Wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen – diese also ihre gesetzlichen Pflichten wie Bildungsstandards nicht erfüllen –, sollen den Eltern die Sozial- und Transferleistungen gekürzt werden.
  • Lehrlinge: Unter dem Motto „Land der Meister“ steht das Ziel, die Lehre zu attraktivieren und zu modernisieren.
  • Lehrer: Last, but not least ändert sich auch für die Pädagogen einiges. So sollen sie einerseits zu Fortbildungen verpflichtet werden – und das „grundsätzlich“ in den unterrichtsfreien Zeiten. Andererseits wird es auch ein neues, „leistungs- und outputorientiertes“ Besoldungsrecht geben. Das wird laut neuem Pädagogengesetz wohl auf flächendeckenden Feedbacks für Lehrer durch Schüler basieren. 
Kritik. Kein gutes Haar an den, ihr zufolge, „inhaltsleeren“ türkis-blauen Bildungsplänen hat Noch-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) gelassen. Die Deutschklassen vor Schuleintritt lehnt sie als „gefährlichen Populismus“ ab und der Vorschlag zum verpflichtenden 2. Kindergartenjahr sei „ein Rückschritt“, weil er nur einen Teil der Kinder umfasst. 
Auch die Neos haben den türkis-blauen Plänen ein „Nicht genügend“ verpasst. Wiewohl sie auch „Schritte nach vorne“ orten, etwa durch die Aufwertung der Lehrer. Indes ärgern sich die Lehrervertreter über „rein populistische Ansagen“: „Wenn man mir erklären kann, wie man Lehrerleistung objektiv bewertet, bin ich gerne bereit, darüber zu sprechen“, so Lehrergewerkschafter Paul Kimberger. Die Elternvertreter orten „ein bisschen“ einen Rückfall ins „pädagogische Mittelalter“.
 
Die Pläne für Frauen & Familien
Programm von VP & FP
 
Noch nicht verkündet hatten die potenziellen Regierungspartner zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe ihre Pläne für Frauen sowie für Familien und Jugendliche. MADONNA hat deshalb die Wahlprogramme von ÖVP und FPÖ durchforstet und sich bei den Verhandlern dieser beiden Fachgruppen umgehört, was kommen könnte.
 
Familien. Hier ist vor allem ein Punkt bekannt: Der Familienbonus von 1.500 Euro pro Kind, als Teil der geplanten Steuerreform. Allerdings: Um den Bonus auszuschöpfen, müssen Eltern über ein entsprechend hohes Einkommen verfügen. So könnten vor allem Alleinerzieherinnen draufzahlen. VP-Chef Kurz beruhigt allerdings: Er will Väter verpflichten, den Bonus weiterzugeben.
 
Aus Verhandlerkreisen ist zudem zu hören, dass sich Türkis und Blau auf professionelle Kinderbetreuung in den Ferien sowie eine Schulferienreform – sprich fixe Herbstferien im Oktober – geeinigt haben. 
 
Frauen. Weniger klar ist, was ÖVP und FPÖ für uns Frauen planen. Hier war vor allem aus dem türkisen Wahlprogramm wenig zu erfahren: Nur ein Absatz oder 106 Wörter werden ihnen gewidmet. Frauenförderung soll bei der Aus- und Weiterbildung von Forscherinnen passieren sowie eine bessere Berücksichtigung von Gendermedizin. Die VP fordert „echte Wahlfreiheit“ beim Thema Kinderbetreuung – das will auch die FP. Gemeint ist, „dass eine Mutter ohne finanziellen Druck die Entscheidung treffen kann, ob sie bei ihren Kindern zu Hause bleiben will“.
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