Natascha-Kampusch-Film

Das Drama geht ­weiter

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3096 Tage, die Verfilmung von Natascha Kampuschs Buch, läuft ab sofort in den Kinos. Ein Ende der wilden Spekulationen und Angriffe ist dennoch nicht in Sicht.

Es ist der Jahrestag des Grauens, den Natascha Kampusch (25) am heutigen Samstag begehen muss. Vor genau 15 Jahren, am 2. März 1998, begann für das damals zehnjährige Mädchen jenes Martyrium, das bis heute die Welt bewegt. Lange hatte man von dem Entführungsopfer nichts gehört – nach Interviews, Moderationsversuchen, Gerichtsverhandlungen und Buchveröffentlichung hatte es sich monatelang zurückgezogen. Nun kehrte Natascha zurück ins Rampenlicht – mit einem Kinofilm über das Drama, das sie exakt 3.096 Tage – so auch der Filmtitel – in Wolfgang Priklopils Gefangenschaft durchleben musste. Am letzten Montag fand die Weltpremiere im Beisein einiger Prominenter, zahlreicher Journalisten, der Filmcrew und Natascha Kampusch statt. Während sich die 25-Jährige an ihrem Geburtstag am 17. Februar in der ARD noch einem großen Interview mit Günther Jauch stellte, der sie schonungslos mit untergriffigen Anfeindungen aus diversen Internetforen konfrontierte, hüllte sie sich bei der Kinopremiere in eisernes Schweigen.

Flucht
Eine Minute gab sie den Fotografen und Kamerateams, sie vor dem Filmplakat abzulichten – nicht wesentlich länger hielt es Kampusch vor der Leinwand, der förmlichen Projektion ihres Leidenswegs, aus. Nach nur 20 Minuten entfloh sie der Dunkelheit des Kinosaals – in trauriger Gewissheit, der Dunkelheit ihrer Vergangenheit niemals entfliehen zu können.
Eben diese Vergangenheit, dieses unfassbare Martyrium ansatzweise begreiflich zu machen, dürfte das Ziel des legendären Filmproduzenten Bernd Eichinger gewesen sein. Sein Tod im Jänner 2011 setzte seiner Arbeit an 3096 Tage ein jähes Ende. Über die Vollendung des Drehbuchs durch Autorin Ruth Toma lässt sich streiten. Das Vorhaben, zumindest Teile dessen, was geschah, ohne jegliche Psychologisierung und Emotionalisierung zu zeigen, ist zweifelsohne gelungen.

Vater erhebt Vorwürfe

Ob sich jedoch Natascha Kampuschs Wunsch erfüllt, mit dem Film endlich den wilden Spekulationen und Verschwörungstheorien ein Ende gesetzt zu haben, ist fraglich. Denn wie ÖSTERREICH vor einer Woche berichtete, befindet sich bereits der nächste vermeintliche Kampusch-„Coup“ in der Pipeline. Nachdem Natascha Kampuschs Mutter bereits 2007 das Buch Verzweifelte Jahre herausbrachte, veröffentlichte nun der Autor Allan Hall mit Nataschas Vater Ludwig Koch in England das Buch Missing, das demnächst auch in Österreich erscheinen soll. Keine große Überraschung – die herben Vorwürfe, die Koch darin gegen seine eigene Tochter erhebt, sorgen jedoch durchaus für Aufsehen. „Was sich zwischen Natascha und Priklopil entwickelte, was sie für ihn empfunden hat, das erscheint verschleiert“, so Ludwig Koch in Allan Halls Buch. „Polizeibeweise lassen vermuten, dass sie nicht ehrlich war, wenn sie über ihr Leben mit Priklopil sprach.“ Umso verständlicher, dass Natascha bei der Premiere des Kinofilms ihren Vater regelrecht mied. Auch den Kontakt zu ihrer Mutter Brigitta Sirny dürfte Kampusch abgebrochen haben. „Ich sage gar nichts mehr“, so Sirny auf MADONNA-Anfrage. „Mir werden immer die Worte im Mund umgedreht. Ich will mit alldem nichts mehr zu tun haben.“

Wenn der Film also auch noch so tatsachengetreu sein soll – die angedeutete Wiedervereinigung der Familie ist reine Fiktion. Ein echtes Happy End wird es wohl für keinen der Beteiligten je geben.

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