Streitfrage

Darf man Pelz tragen?

20.11.2013

Auf den internationalen Laufstegen ist Pelz hipper denn je – und die Diskussion über den umstrittenen Modetrend brisanter denn je. MADONNA bat fünf prominente Frauen zum offenen Gespräch über Sinn und Unsinn Pelz zu tragen.

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Kate Moss, Kim Kardashian und viele andere Starszeigen sich in diesem Winter wieder in spektakulären Pelzkreationen. Ex-Model Brigitte Nielsen  hingegen zog sich kürzlich für die neueste PETA-Kampagne aus, um – wie viele prominente Vorgängerinnen – ein klares Statement gegen Pelz zu setzen. Fakt ist: internationale Modelabels haben keinerlei Bedenken, echtes Fell für ihre Designs zu nutzen. Anlass, einmal mehr das Streitthema auf‘s Tabet zu bringen. MADONNA lud Designerin Nikola Fechter, Moderatorin Mel Merio, Tanzschulbesitzerin Yvonne Rueff, Schauspielerin Susanne Hirschler und Millionärsgattin Joanna Mann zur offenen Debatte. Hier die interessantesten Passagen:

Viele Designer zeigen in ihren Kampagnen heuer wieder Pelz – was empfinden Sie dabei?
Yvonne Rueff
: Ich bin Vegetarierin seit ich denken kann und besitze absolute keine Pelze! Ich finde es unnötig, Echtpelz zu tragen, weil es wirklich schöne Imitate gibt. Ich bin aber auch der Ansicht, dass man Pelze, die schon da sind, etwa von der Oma, nicht unbedingt wegwerfen muss. Dass man sich aber neue kauft, sehe ich nicht ein!
Mel Merio: Auch ich bin schon sehr lange Vegetarierin, lebe hauptsächlich vegan. Ich versuche auch kein Leder zu tragen und generell für all diese Dinge Alternativen zu finden. Denn man muss heutzutage keine Tiere töten, um sich zu wärmen! Ich suche mir diese Alternativen bewusst,  doch ich möchte nicht missionieren und sagen, was gut und was schlecht ist. Wenn ich aber Rolemodels sehe, die Pelz tragen, finde ich das sehr schade. Diese Frauen könnten ihre Popularität ja dazu nützen, eine ganz andere Message in die Welt hinauszutragen.
Susanne Hirschler: Ein schwieriges Thema. Ich persönlich finde Pelz sehr schön, denke aber auch, dass das ein Luxusaccessoire ist, das heutzutage nicht mehr notwendig ist. Solange aber die Nachfrage aber besteht, werden Pelze weiter produziert werden. Ich habe auch welche Zuhause, teilweise Erbstücke, die ich auch zu speziellen Anlässen sehr gerne trage.
Joanna Mann: Ich bin auf keinen Fall ein Gegner von Pelz. Ich besitze zwar keinen Mantel, aber Pelz gefällt mir als Accessoire sehr gut – auf Jacken oder Schuhen. Ich finde, jeder muss selbst entscheiden, wie er dazu steht. Schon in der frühesten Steinzeit hat man Tierfell getragen. Damals war es überlebensnotwendig, das ist es heute natürlich nicht mehr. Was aber den meisten Leuten fehlt, ist die Information darüber, wie die Tiere gezüchtet werden. Da sollte man mehr aufklären. Ich finde aber auch: wenn man sich dagegen entscheidet, Pelz zu tragen, sollte man auch konsequent sein. Dann darf man auch keine tierischen Produkte essen.
Merio: Mit diesem Argument  tue ich mir ehrlich gesagt schwer. Konsequenz ist schon wichtig, die entwickelt sich aber ohnehin, wenn man genau hinsieht und Respekt vor dem Leben an sich hat. Aber man kann ja nicht gleich alles richtig machen. Sich zumindest in einem Teilspektrum – zum Beispiel, indem man keine Pelz trägt – zurück zu nehmen, bringt der Welt schon sehr viel. Es wäre toll, wenn das alle täten. Also auch jemand, der so „unkorrekt“ ist und Fleisch isst, darf auf einer anderen Seite Leben schützen!
Nikola Fechter: Fakt ist: dass wir uns endlich über solche Dinge bewusst werden müssen. Ich hatte schon mit 14 eine Phase, in der ich die Scheiben von Pelzgeschäften angespuckt und meine Eltern gezwungen habe, Müll zu trennen. Und auch heute kann ich einfach nicht verstehen, warum ein dreijähriges Kind ein Pelzkragerl auf seiner Daunenjacke braucht! Ich habe –  zugegeben, für eine Designerin sehr ungewöhnlich –  seit vier Jahren dieselbe Daunenjacke, weil  ich mir keine neue kaufen will und mir denke: wie viele arme Gansln sollen noch dafür gerupft werden?! Also leiste ich mir dieses Jahr einen Kaschmir-Mantel. Man muss so konsumieren, wie es für einen selbst in Ordnung ist. Die Leute sollen ihren Luxus ruhig leben, doch es soll niemand anderer darunter leiden. Weder ein Mensch, noch ein Tier!
 

Frau Fechter, Sie sind Designerin – warum wird Pelz immer noch in der Modebranche verwendet?
Fechter:
Solange es die Kundschaft dafür gibt, wird es auch Designer geben, die mit Pelzen arbeiten.
Hirschler: Ich glaube aber schon, dass unser Konsumverhalten davon abhängt, was uns vorgegeben wird. Wenn die Modebranche uns vorgaukelt, dass es in Ordnung ist Pelz zu tragen, wird er auch weiter gekauft werden.
 

Frau Mann, Sie kaufen Accessoires mit Pelz, Ihnen ist aber die Herkunft der Pelze wichtig. Wie informieren Sie sich konkret darüber?
Mann: Das ist tatsächlich gar nicht so einfach. Bei vielen Dingen ist nämlich nicht einmal angegeben, was das für ein Pelz ist! Das halte ich für falsch.  Ich habe einmal gelesen, dass manche Tiere gen-modifiziert werden, damit sie eine bestimmte Art von Pelz haben. Wenn ich so etwas sehe, vergeht es mir. So gesehen finde ich es gut, dass Kunstpelz endlich salonfähig geworden ist. Womit ich aber trotzdem ein Problem habe ist, wenn andere Leute auf Pelzträger regelrecht losgehen. Man hört, dass man am Samstag nicht einmal mehr mit einem Pelz über den Graben gehen darf, weil man sonst mit Farbe angeschüttet wird.
Rueff: Derlei Maßnahmen halte ich auch nicht für richtig. Es kann niemals funktionieren, jemanden zwanghaft missionieren zu wollen. Viel wichtiger ist es, die Leute einfach aufzuklären, sie zum Nachdenken zu bringen und auch Alternativen aufzuzeigen.
Merio: Leute mit Farbe zu besprühen, funktioniert auf keinen Fall. Damit begibt man sich nur selbst in die Täterrolle.
 

Und die grausamen Bilder, die von Tierschützern auf der Straße gezeigt werden?
Mann: Ich finde, das muss auch nicht sein. Man kommt gerade vom Abendessen und ist überall mit diesen unappetitlichen Bildern konfrontiert. Ich weiß schon, dass das alles Wirklichkeit ist, aber die Aufklärung darüber kann doch auch auf andere Art und Weise passieren.
merio: Das sehe ich anders. Ich halte es für wichtig, auf diese friedliche Art seine Position zu vertreten. So macht man Menschen auf das Problem aufmerksam.
Wie sieht es mit alten Pelzen aus? Darf man diese tragen?
Fechter: Es gibt mittlerweile aber viele Designer, die mit alten Pelzen arbeiten. Die werden dann wunderschön restauriert und neu verarbeitet. Das finde ich okay, Vintage ist doch ohnehin in! Mir ist nicht ganz klar, warum das nicht mehr Leute so machen.
Merio: Generell bin ich sehr für Recycling, aber hier kommt es darauf an. Wenn jemand nicht viel Geld hat, einen alten Pelz Zuhause hat und sich damit wärmt, ist das selbstverständlich in Ordnung. Wenn man aber z.B. als Designer die Wahl hat, ob man mit altem Pelz oder mit anderen Materialien arbeitet, ist das was ganz anderes. Da geht es um die Vorbildwirkung. Denn auch, wenn alte Pelze verwendet wurden, veranlasst das dann vielleicht jemanden zu denken, dass es in Ordnung ist, Pelz zu kaufen.
Hirschler: Also alte Pelze zu tragen, halte ich sehr wohl für in Ordnung! Außerdem: wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Wenn man über Pelz diskutiert, muss man sich auch die Frage  stellen, was man isst und wie die Tiere für die Nahrungsindustrie leiden müssen. Das ist auch schrecklich. Andererseits ist es unheimlich aufwendig und mühsam, die Produkte zu finden, die tatsächlich Bio und von guter Haltung kommen.
Fechter: Natürlich ist das mühsam. Aber ganz ehrlich: das muss uns doch die Welt, in der unsere Kinder leben sollen, wert sein. Man kann sich doch nicht immer nur ausreden, dass alles mühsam ist. Und gerade, wenn man das Geld hat, sollte man nicht das Zeug aus der Massentierhaltung kaufen – und auch bei Kleidung darauf achten, nicht billige Ware, die von Kindern in Asien produziert werden, zu kaufen. Bei mir zum Beispiel weiß jeder Kunde, wo die Stoffe herkommen und wo sie verarbeitet wurden. Deshalb bin ich auch selbst mein größter Fan. (lacht) Ich bin aber auch ein Fan von allen anderen Designern, die das so machen. So wie Lena Hoschek, die ausschließlich in Österreich produziert. Warum kaufen wir nicht alle bei solchen Leuten?  
Mann: Weil bei vielen Marken ein Hauch von Luxus mitschwingt. Ich bin ganz ehrlich: ich bin im Kommunismus aufgewachsen, wo es nicht einmal Jeans gab und jeder gleich angezogen war....
Hirschler: ... ich kenne das auch: nichts zu haben. Da will man nicht mehr zurück und deshalb genießt man dann es auch umso mehr Luxusartikel wie Pelz zu tragen. Das mag falsch sein, aber es ist wahrscheinlich auch menschlich.
Sie bewegen sich in Kreisen, in denen viel Pelz getragen wird. Wie reagieren Sie darauf?
Merio: Wenn meine Meinung von Interesse ist, dann äußere ich mich natürlich dazu. Ansonsten nicht, denn wenn eine Person nicht an meiner Meinung interessiert ist, kann ich ohnehin nichts bewegen.
Rueff: Ich versuche den Leuten zu erklären, dass es wirklich gute Alternativen gibt.
Fechter: Mir zum Beispiel gefällt auch ein edel gemachter Fake Fur wesentlich besser als echter Pelz, der nie so flauschig sein kann. Ich habe sogar eine Allergie gegen echte Pelze – vielleicht liegt das an meiner Abneigung, die ich auch gerne offen kund tue. Neulich bei einem Event habe ich eine Freundin getroffen, die so ein Jäckchen an hatte, das aus verschiedenen Lederteilen bestand. Ich weiß, dass sie Pferde hat. Also bin ich zu ihr hin und habe gesagt: „Na, hast du alle deine Viecherl abgeschlachtet?!“ Sie hat zwar gelacht, aber vielleicht hat sie ja nachher wenigstens darüber nachgedacht.

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