Über Podcasts, Pussy-Power & Privatsphäre

Bloggerin DariaDaria im Talk

30.03.2018

„Outfit-Posts“ haben ausgedient: Bei Bloggerin Madeleine Alizadeh aka „DariaDaria“ gibt es mittlerweile weniger zu lesen, als viel mehr zu hören.

Zur Vollversion des Artikels
© Maximilian Salzer
Zur Vollversion des Artikels

Was mit klassischen Street­style- und Outfit-Postings begann, bildet heute eine relevante und originelle Anlaufstelle für Fans von Green Living und nachhaltigem Lifestyle  – Kopf hinter „DariaDaria“ ist Madeleine Alizadeh, 28, Wienerin mit efeugrünem Herzen, das sie auf der Zunge trägt. Die tierliebe Bloggerin verzichtet seit Kurzem auf omnipräsente Outfit-Posts und plaudert lieber auf ihrem Podcast „A Mindful Mess“ aus dem veganen und achtsamen Leben. Die eigene und selbstverständlich fair produzierte Modelinie „dariadéh“ komplettiert das vielseitige Berufsspektrum der umtriebigen Hundemutter, die auch viel für gemeinnützige Organisationen tätig ist.   

Nachgefragt. Beim MADONNA Blogger Award 2018 wurde sie mit dem Sonderpreis in der Kategorie „Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet, ihr Engagement in puncto grünem und fairem Leben ist zumindest national gesehen singulär.  Warum „Maddie“ glaubt, dass das Medium Blog eigentlich „tot“ ist, auch sie täglich gegen ihre ­eigene Intoleranz kämpfen muss und wie sie den Alltag zwischen on- und offline handelt, lesen Sie im Talk.


Seit 2010 bloggen Sie unter dem Namen „DariaDaria“. Über diese acht Jahre ist eine deutliche persönliche Veränderung auf Ihrer Seite zu verfolgen. Im vergangenen Jahr haben Sie auch die Outfit-Posts hinter sich gelassen. Warum?  
Madeleine Alizadeh:
Das ist eine Mischung aus vielen Gründen. Der erste und banalste ist, dass ich eine berufliche Veränderung gebraucht habe, weil ich doch sieben Jahre lang dasselbe gemacht hab. Schon mit inhaltlichen Veränderungen, aber es war dasselbe Medium, dasselbe Prozedere. Das nächste war, dass ich Content so zur Verfügung stellen wollte, dass er nicht nur über Bildschirme funktioniert. So wurde das Thema Podcast geboren. Damit habe ich auch die Möglichkeit, im Pyjama ungeschminkt, zu Hause, wann immer ich will meine Beiträge aufzunehmen. Es hat mich schon total genervt, ständig mein Gesicht in eine Kamera halten zu müssen. Ich finde, das Medium Blog, oder zumindest die Art, in der ich es geführt habe, ist tot.  


Aber es gibt doch so viele Blogs, die genau von diesen Outfit-Posts leben.
Alizadeh:
Klar wird es die Über-Blogger weiterhin geben. Man folgt ihnen aber auch nicht unbedingt, weil man sich großartig für die Inhalte interessiert, es ist mehr so, wie wenn man sich ein Boulevard-Magazin kauft. Also grad jüngere Menschen holen sich ihre Scoops bei den Internet-Bekanntheiten. Blogs, die bestehen wollen, müssen einen Mehrwert bieten. Auch mein Nutzungsverhalten ist dahingehend, dass ich zum Beispiel auf bestimmten Seiten nach einer Information oder einem Rezept suche.  Ich glaube, dass es Blogger, die lediglich Lifestyle machen, nicht mehr lange geben wird.


Man nehme zum Beispiel Über-Bloggerin Caro Daur. An sich ist sie die ultimative Fashionista, aber andererseits trägt sie Kleidung von jedem Label, das gerade eine neue Kollektion rausbringt. Ein origineller Stil ist nicht unbedingt zu erkennen. Wofür steht sie, dass sie Millionen begeistert?
Alizadeh:
Ich glaube nicht, dass man unbedingt für etwas stehen muss. Entweder man hat was und das interessiert Menschen, oder man hat es nicht. Aber sei es, dass ich jemandem folge, um meine Probleme zu vergessen und in ein schöneres Leben zu blicken. Oder ich folge einer Person, weil sie mir Style-Input gibt. Ich glaube, den persönlichen Mehrwert, den eine Person haben kann, definiert man immer selbst. Und viele Menschen stehen für nichts Konkretes. Das müssen sie ja auch nicht, das ist ja niemandes Pflicht.


Sehr diplomatisch formuliert. Sie waren kürzlich längere Zeit auf Bali, haben eine Yoga-Ausbildung gemacht. Schaut man sich Ihren Insta-Feed aus dieser Zeit an, wird hier viel Weiblichkeit zelebriert. Konnten Sie diesbezüglich etwas für sich mitnehmen?   
Alizadeh:
Ich glaube, dass Frauen eine sehr starke weibliche Energie haben, diese aber nicht vollends nutzen. Das, was in Frauen wirklich schlummert, wurde vom Patriarchat sehr lange unterdrückt, sodass wir uns dessen gar nicht mehr wirklich bewusst sind. Jedenfalls hatte ich auf Bali tatsächlich die Möglichkeit, mit meiner eigenen Weiblichkeit wieder in Berührung zu kommen. Was es bedeutet, als Frau zu leben und wie.


Sie machen sich für verschiedene Themen stark, Integration, Tier- und Naturschutz werden bei Ihnen groß geschrieben. Gibt es Themen, bei denen auch Sie sich in Toleranz üben müssen?
Alizadeh:
Ich muss mich immer wieder daran erinnern, tolerant zu sein. Ich glaube, ich werde oft intolerant, aber das ist eher ein Impuls. Wenn ich zum Beispiel Fell oder Pelz auf der Straße sehe, dann ist mein erster Gedanke „I hate you“. Oder wenn jemand in einer Pelzjacke in ein veganes Restaurant geht, muss ich mich auch sehr zurückhalten. Dass ich jemanden öffentlich an den Pranger stelle, passiert eher selten, aber ab und zu mache ich das schon. Doch inzwischen versuche ich mich weniger aufzuregen, als positiv vorzuleben. Das ist mein ultimatives yogisches Ziel. Aber natürlich muss man sich immer wieder selbst dran erinnern und es gelingt auch nicht immer.  


Inwiefern trennen Sie online und offline? Immerhin verdienen Sie mit Ihrer Präsenz schließlich Geld.   
Alizadeh:
Ach, das ist ein konstanter Kampf. Ich gehöre definitiv zu den Internetsüchtigen. Meistens versuche ich einen Digital-Detox-Tag einzulegen, oft ist dies der Sonntag. Und auch in der Früh probiere ich nach dem Aufwachen nicht gleich als Erstes aufs Handy zu schauen. Gelingt mir auch nicht immer. Wenn es neben mir liegt, habe ich es sehr schnell wieder in der Hand. Aber was privat und nicht privat angeht, bin ich strenger geworden. Zum Beispiel in puncto Liebesleben. Nach der Trennung von meinem Ex-Freund habe ich gemerkt, dass da ein riesiges Interesse besteht. Die Leute waren wirklich dreist und wollten alles wissen. Also es gibt inzwischen viele Dinge, die ich nicht teile.    
 

Zur Vollversion des Artikels