Digital-Detox

Schalten Sie mal ab!

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Anwesend und doch ganz weit weg. Smartphones, Tablets oder Wearables sollen uns das Leben erleichtern, doch mittlerweile können wir uns ohne sie fast nicht mehr selbst helfen. Warum es deshalb sehr wichtig ist, auch mal wieder offline zu gehen, erfahren Sie hier.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten Ihr Handy zu Hause vergessen. Würden Sie umkehren? Diese Frage wurde bei  einer Erhebung von 2000 amerikanischen Haushalten gestellt, und von jedem Dritten mit einem Ja beantwortet. Und wenn man ganz ehrlich ist, schockiert das doch niemanden. Liegt nicht genau in diesem Moment Ihr Handy in Reichweite?  


My Phone is my Friend.
Diese Fixierung ist natürlich nicht nur in der telefonischen Funktion des Handys begründet. Handys sind heute smart. Sie sollen uns zu funktionieren helfen, ja fast schon das Denken ersetzen. Dementsprechend bildet das Smartphone eine Krücke für all die menschlichen Unzulänglichkeiten wie Vergesslichkeit (Fotosammlung), Denkfaulheit (Google), Schüchternheit und Geltungsbedarf (Social Media wie Facebook oder Instagram). Es bildet ein Mittel gegen Langeweile und führt Privat- und Berufsleben zusammen. Wen wundert’s, dass es immer schwieriger wird, das Gerät aus der Hand zu legen.  #


Die Fassade bröckelt. Doch hin und wieder, in kleinen Momenten des Bewusstseins, wenn man es doch schafft, den Blick vom Display aufzurichten, werden auch Schattenseiten dieser schönen, neuen, smarten Welt erkennbar. Beginnend mit dem medizinisch reellen „Smartphone-Nacken“,   über eine wissenschaftlich bestätigte Minderung der Konzentrationsfähigkeit von Vielnutzern, bis hin zur Tatsache, dass die häufige Verwendung auch einen Liebeskiller darstellt. Wenn man, statistisch gesehen, sein Handy drei Stunden pro Tag nutzt und es im Schnitt alle 15 Minuten in die Hand nimmt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das auch beim Partner Gefühle von Einsamkeit und Zurückweisung auslöst (sofern er oder sie nicht gleichermaßen auf sein Gerät fixiert ist). Auch die soziale Kompetenz nimmt ab, Kommunikation des „echten Lebens“ verschwimmt zwischen WhatsApp-Nutzung und Emoticon-Sprache.


Mehr Achtsamkeit. Wie die Krankenkassen konstatieren, gibt über ein Drittel der Stressgeplagten als Hauptursache ständige Erreichbarkeit und Informationsüberfluss an. Die Zerstreuung macht den Menschen unglücklich, aggressiv und dumm, wohingegen der Zustand des „Flows“ (tiefe und kreative Konzentration auf eine Sache, die happy und zufrieden macht). Mit dieser Thematik hat sich Melissa Unger auseinandergesetzt, die einen Zufluchtsort ohne Technologie und Ablenkungen geschaffen hat. Arianna Huffington, selbst Medienmogulin, plädiert auch für mehr Achtsamkeit und behauptet, dass ihr Schlafzimmer Smartphone-frei ist.

Die Lösung? Digital Detox, der digitale Entzug. Denn letztlich sollte Technologie dem Menschen nutzen und nicht sein Wesen bedingen. Schalten Sie einfach mal ab oder verabreden Sie sich mit Freunden. Verlassen Sie das Haus dann einfach ohne Handy. Hat früher ja auch
gut funktioniert.

Interview mit Melissa Unger

Analoges Konzept. Das von Melissa Unger begründete Projekt „Seymour +“ ist ein fast schon magischer Ort. Man zahlt sieben Euro Eintritt in die Pariser Einrichtung, um „sich dort wieder mit sich selbst zu connecten“. Handys, Laptops oder Tablets sind verboten.
Infos: www.seymourprojects.com


Was war Ihre Idee hinter „Seymour +“ ?
Melissa Unger: Ich versuche, Menschen durch dieses Projekt klar zu machen, dass der Geist und das Bewusstsein genauso wichtig sind, wie der Körper und die physische Gesundheit. „Seymour+“ ist ein Ort für geistige Gesundheit, innere Balance und Kreativität. Man sollte sich die Zeit nehmen, seine innere Landschaft zu erkunden und auch auszudrücken. Ein Prozess der es erlaubt, wieder zu seiner
eigenen Fantasie und Intuition zurückzufinden.


Wie ist das Feedback der Besucher von „Seymour+“?

Melissa Unger: Das Konzept ist so neu und anders, dass ich gemischte Gefühle erwartetet hätte, aber das Feedback ist durchwegs positiv. Die meisten Leute danken uns dafür, dass sie die Möglichkeit haben, zu sich selbst zu finden.


Warum ist es Ihrer Meinung nach denn so wichtig, auch mal offline zu gehen?
Melissa Unger: Ich habe für mich festgestellt, dass die Tatsache, dauernd von Technologie umgeben zu sein, meinen Stress- Level erhöht, meine Fantasie und Kreativität schmälert und mich generell sehr müde macht. Natürlich hat der ständige Zugang zu Information klare Vorteile, doch aus diesem Grund befinden wir uns auch in einem permanenten „Aktiv“-Zustand, der sehr erdrückend sein kann. Ich bin nicht gänzlich gegen Technologie, doch ich denke, dass wir sie eher als Werkzeug nützen sollten, statt dadurch unser Leben definieren zu lassen.


Tipps für Heavy User 1/3
Das Schlafzimmer ist Tabuzone.
Kaufen Sie sich einen Wecker! Denn wenn Ihre erste morgendliche Handlung der Griff zum Gerät und daraus folgend das Checken der Inbox oder des Facebook-Feeds ist, tauschen Sie Ihre eigenen Traumerinnerungen bzw. Bewusstseinsströme gegen einen Schwall irrelevanter Daten. Und auch zwei Stunden vor dem Einschlafen sollten Sie den letzten Blick auf das Display werfen, denn dessen Blaulicht stört nachweislich den Schlaf.
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