Vorsorge-Special

Kein Angst im Alter

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Vorsorge mit 50 Euro. Altersabsicherung miteinem Kleinstbetrag – was die Expertinnen dazu sagen. Und: Warum oft auch Top-Verdienerinnen tief in die Tasche greifen müssen…

Wie viel Geld bleibt mir in der Pension? Eine berechtigte Frage. Seit Juni dieses Jahres bekommen die Österreicher nun Einblick in ihr persönliches Pensionskonto, die sogenannte Pensionslücke betrifft im Besonderen Frauen, die wegen der Kinder nur mehr in Teilzeit berufstätig waren. Kein Wunder, dass bereits ein Drittel der Frauen zu Recht befürchtet, in der Pension den bisherigen ­Lebensstandard nicht mehr halten zu können.

Wir haben mit den Top-Vermögens- und Vorsorge-Expertinnen des Landes gesprochen und nachgefragt, was Frauen tun können, um auch noch im Alter gut über die Runden zu kommen…

Laut Statistik hat jede dritte Frau keine private Altersvorsorge. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe hierfür?
Martina Taxer:
Ich glaube, das beginnt schon bei der Erziehung. Frauen sind damit gar nicht konfrontiert. In der Schule nicht und zu Hause bekommt man auch mit, dass der Vater dafür verantwortlich ist, dass das Finanzielle stimmt. Ein weiterer Grund ist, dass viele Frauen einfach zu wenig ­verdienen, um vorsorgen zu können.

Judit Havasi: Österreich ist das Land der Teilzeitbeschäftigten. 800.000 Menschen leben aus Teilzeitbeschäftigung, das sind mehrheitlich Frauen. Die haben dann wirklich zu wenig zur Verfügung. Da ­müssen wir Aufklärungsarbeit leisten, dass Frauen ganz ­konkret darüber nachdenken. Beim neuen Pensionssystem zählen alle Monate. Da muss man wirklich darüber nachdenken: „Wie lange will ich Teilzeit mit meinen Kindern verbringen?“

Susanne Rath: Wir haben eine Vorsorgestudie in Auftrag gegeben und da sind fünf Vor­sorgetypen herausgekommen. Frauen waren am stärksten im Typ der „unbefangenen Main-streamerin“ vertreten. Das sind junge Frauen, teilzeitbeschäftigt, weil mit Kind, die sich auf den Mann verlassen. Die zweite Gruppe (jede dritte Frau) sind die Vogel-Strauß-Typen, eher älter, die 50- bis 60-Jährigen. Die sagen: „Pensions­lücke, was ist das?“ Die verdrängen das auch, die sagen: „Ich kann eh nichts mehr machen, es wird sich schon alles irgendwie ausgehen!“

Wie kann man Frauen, auch ­Alleinerzieherinnen, dazu bringen, sich aktiv um ihre Zukunft zu kümmern?
Waltraud Perndorfer:
Durch Information. Wir müssen Frauen bewusst immer wieder darauf aufmerksam machen. Ich glaube, Frauen machen sich oft Gedanken über finanzielle Vorsorgen der Kinder und der gesamten Familie, für sich selbst aber am wenigsten. Da kann man nur gebetsmühlenartig darauf aufmerksam machen: Der Mann alleine ist nicht deine Altersvorsorge, du musst selbst 
etwas tun, auch mit kleinen ­Beträgen!

Was sind denn aus Ihrer Sicht kleine Beträge, ab wann geht das denn los?
Perndorfer:
Wir bieten Vermögensaufbaupläne ab 30 Euro im Monat an. Es gibt auch Varianten, dass, wenn es einmal knapp wird, Einzahlungen auch ausgesetzt werden können. Damit jede Frau etwas für sich machen kann.

Ich habe 50 Euro im Monat zur Verfügung – kann ich mit diesem Betrag überhaupt irgendwas anfangen?
Taxer:
Ich sehe das als sehr schwierig, mit 50 Euro Altersvorsorge zu betreiben. Da ist immer die Gefahr: Was mache ich, wenn die Waschmaschine kaputt wird oder das Auto und ich brauche das Geld… Also wenn ich nur 50 Euro für Altersvorsorge hätte, würde ich nie die ganzen 50 Euro in die Altersvorsorge stecken, sondern mindestens 20 Euro oder 30 Euro auf ein Sparbuch legen, wo ich jeden Tag zugreifen kann.

Baumärkte bieten beispielsweise Handwerkskurse für Frauen an, warum gibt es solche Kurse nicht auch im Finanzsystem?
Perndorfer:
Bei Raiffeisen OÖ gibt es die „Learn and Invest“-Seminare, die richten sich an Männer und Frauen. Zuletzt hatten wir eine Quote von 30 % bei Frauen mit steigender Tendenz. Da sieht man einfach, dass dieses Thema schon von Frauen auch aufgegriffen wird.

Welche Fragen treten da von weiblicher Seite auf?
Perndorfer:
Nicht so sehr die allgemeinen Wirtschaftsthemen, eher Informationen zu einzelnen Produkten, wie Aktien…

Rath: Dabei sollte die produktspezifische Frage ganz am Ende stehen. Ich glaube, es ist erst einmal wichtig, aktiv zu werden, den Kopf aus dem Sand zu ziehen und sich zu ­fragen: „Wo befinde ich mich überhaupt, was ist meine Pensionslücke?“ Und dann ist es wichtig, einen Finanzcheck zu machen mit meinem Ver­sicherungs- oder Bankberater. Und erst dann kommt die ­Produktfrage. Viele fangen beim Produkt an und das ist falsch.

Havasi: Wichtig ist: Nicht stressen lassen, weil dann beginnt wieder Vogel Strauß. ­Also eher in kleinen Schritten, sicheren Schritten, nachhaltigen Schritten.

Nehmen wir beispielsweise die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, der im Monat 50 Euro bleiben. Was würden Sie ihr raten? Als Vorsorge für sich und überhaupt die gesamte ­Familie?
Havasi:
Ich bin ein Fan von unserem Zukunftsvorsorgeprodukt, da ist jedes Kind schon ab 10 Euro dabei.

Taxer: Wenn die 50 Euro wirklich frei bleiben und alle kurz- und mittelfristigen Ausgaben abgedeckt sind, kann frau damit schon ordentliche Pensionsvorsorge betreiben. Was am Ende dabei an privater Rente herauskommt, hängt davon ab, mit welchem Alter sie mit der Vorsorge beginnt und letztendlich auch, welche Veran­lagungsform gewählt wird.

Rath: Ich bin ein Fan einer breiten Streuung. Nur: Mit 50 Euro gibt es halt nicht viel zu streuen.

Taxer: Wir haben ja nicht nur das Thema der alleinerziehenden Frauen, wir haben auch sehr viele Frauen, die sehr gutes Geld verdienen und auch sehr gut ausgebildet sind. Ich habe jetzt aktuell eine Kundin, die hat ein Studium gemacht, ist selbstständig und hat eine eigene Firma, verdient in etwa um die 5.000 Euro und hat am Pensionskonto 600 Euro stehen. Weil sie studiert hat bis 30. Der fehlt die Zeit total und die muss jetzt wirklich tief in die Tasche greifen, weil sie für die Erhaltung ihres Lebensstandards ja die 5.000 Euro benötigt. Und diese 5.000 Euro wird sie auch in der Pension brauchen, weil mir kann niemand erzählen, dass wenn er heute einen Mercedes fährt, in Zukunft einen Mini fahren will. Das tut niemand.

Weihnachten steht vor der Tür. Und damit die Geschenke­frage. Lässt sich „Vorsorge“ eigentlich auch verschenken?
Taxer:
Man kann einen Vorsorgeplan schenken, man kann alles schenken, warum nicht.

Rath: Für die Hardcore-Romantiker… da bin ich mir jetzt nicht so sicher… (lacht). Aber was wir gesehen haben aus der Studie: dass Vorsorgeentscheidungen partnerschaftliche Entscheidungen sind. Und: Frauen greifen viel mehr zu traditionellen Produkten – Sparbuch, Bausparer. Es ist gut, dass sie überhaupt was tun, aber der Mix ist noch nicht 100%ig stimmig!


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